Meine Güte, was ist nur mit Judas Priest los?
Hatte es das ehemalige Metal-Flagschiff gerade erst geschafft einen Teil ihrer verärgerten Fans nach den grausamen "Jugulator" und "Demolition" CDs mit dem meiner Meinung nach völlig kalkulierten und blutleeren "Angel Of Retribution" einigermaßen zu besänftigen, steuert es mit Volldampf auf den endgültigen Untergang zu. Der Begriff 'Volldampf' ist in Anbetracht des hier Gehörten mit Sicherheit der falsche Ausdruck. Ich möchte nur wissen, welcher Teufel die fünf Musiker geritten hat, nun ausrechnet ein Konzeptalbum aufzunehmen. Und dann noch über den Wahrsager Nostradamus, gähn.
Meines Wissens haben sich früher schon einige andere Metal-Acts dieses Themas angenommen, also ist die Idee nicht gerade neu. Als Priest vor Jahren dieses Konzeptalbum ankündigten, hatte ich schon die schlimmsten Befürchtungen, aber dass es so übel ausfallen würde, konnte selbst der französische Apotheker, von dem die Geschichte handelt, nicht voraussehen. Was hier musikalisch geboten wird, spottet wirklich jeder Beschreibung und wird dem übermächtigen Namen der Band zu keiner Sekunde auch nur ansatzweise gerecht.
Statt druckvoller Metal-Songs erwarten den Hörer billiger Kitsch, maßlos überzogenes Pathos und vor allem Langeweile. In den gut einhundert Minuten Spielzeit des Doppelalbums baut sich so gut wie keine Spannung auf. Fast jeder Song plätschert nur so vor sich hin. Es ist wirklich unmöglich, sich mehr als drei Nummern hintereinander anzuhören, weil die Kompositionen einfach nur einschläfernd wirken. Die typischen Markenzeichen der Band, wie einprägsame Killerriffs, packende Gesangslinien und mitreißende Refrains, sucht man hier vergeblich. Dem Material, das sich fast überwiegend im Midtempo-Bereich bewegt, fehlt es durch die übertrieben orchestralen Arrangements von vorne bis hinten an Biss. Richtig schnelle Stücke vermisse ich außer auf "Persecution" und dem Titelsong völlig. Die Gitarren werden durch den massiven Einsatz von Keyboards, die im Übrigen von keinem geringeren als Don Airey ( Deep Purple) bedient werden, einfach platt gebügelt. Insgesamt lässt die Produktion auch stark zu wünschen übrig und klingt saft- und kraftlos.
Rob Halfords Gesang bewegt sich bis auf einige kaum hörbare Ausnahmen selten aus den mittleren Tonlagen heraus. Ich denke seine Stimme zollt inzwischen seinem fortgeschrittenen Alter und früherem Lebenswandel gehörig Tribut. Aber auch in Topform hätte er die vertonte Schlaftablette nicht retten können. Ich verstehe einfach nicht, warum Judas Priest sich immer wieder in Bereiche vorwagen, von denen sie nichts verstehen. Bisher ist jedes stilistische Abenteuer gewaltig fehlgeschlagen. Sei es nun das unsägliche "Turbo"-Album von 1986, mit dem sie den Mainstream-Markt knacken wollten, oder die bereits erwähnten "Jugulator" und "Demolition", mit denen sie unbedingt modernen Bands nacheiferten. All diese Experimente klangen total unglaubwürdig und aufgesetzt, und als Quittung dafür forderten die treuen Fans jedes Mal völlig zur Recht die Köpfe der Akteure.
In Interviews ließen die Herren Musiker großspurig verlauten, wie stolz sie doch auf ihr neues Werk wären und bezeichneten "Nostradamus" als »bestes Album ihrer Karriere«. Weiterhin kündigten sie an, es auf der folgenden Tour komplett zu spielen und träumten sogar von einer Aufführung in der Royal Albert Hall. Zu allem Überfluss prophezeite Rob Halford noch einen 'Grammy' für diesen Blödsinn.
Ist es nun Größenwahn oder schon Alterschwachsinn, worunter die ehemaligen Metalgötter leiden? Für mich stellt "Nostradamus" jedenfalls den absoluten Tiefpunkt in der Diskographie von Judas Priest dar. Ich kann die Scheibe wirklich nur Metallern empfehlen, die unter Einschlafstörungen leiden. Alle anderen sollten die Finger davon lassen. Gute Nacht!
Line-up:
Rob Halford (vocals)
Glenn Tipton (guitars)
K.K. Downing (guitars)
Ian Hill (bass)
Scott Travis (drums)
Tracklist |
CD 1:
01:Dawn Of Creatinon
02:Prophecy
03:Awakening
04:Revelations
05:The Four Horsemen
06:War
07:Sands Of Time
08:Pestilence And Plague
09:Death
10:Peace
11:Conquest
12:Lost Love
13:Persecution |
CD 2:
01:Solitude
02:Exiled
03:Alone
04:Shadows In The Flame
05:Visions
06:Hope
07:New Beginnings
08:Calm Before The Storm
09:Nostradamus
10:Future Of Mankind
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Externe Links:
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