Judas Priest / Rising In The East
Rising In The East
Neben ihren Landsleuten von Black Sabbath sind Judas Priest mit Sicherheit die wichtigste Band in der Entwicklung des Heavy Metal. Schon Jahre vor den mittlerweile erfolgreicheren Iron Maiden prägten sie mit Alben wie "Sad Wings Of Destiny" oder "Killing Machine" in den siebziger Jahren maßgeblich den Sound und das Image dieser Musik wie keine andere Formation. Ihre größten Erfolge feierten sie allerdings in den Achtzigern, in denen sich gerade die Platten "British Steel" und "Screaming For Vengeance" millionenfach verkauften.
Bedauerlicherweise kam es 1992, einige Zeit nach der Veröffentlichung von "Painkiller" zum großen, durch angebliche Unstimmigkeiten ausgelösten Bruch zwischen der Band und ihrem Sänger und Aushängeschild Rob Halford. In den darauffolgenden Jahren machten die beiden Parteien dann mehr durch ihre in den Medien ausgetragenen Schlammschlachten auf sich aufmerksam als durch musikalische Leistungen. Halfords erste Soloprojekte "Fight" und "Two" floppten ebenso wie Priest´s Alben "Jugulator" und "Demolition", die die Band mit dem jungen amerikanischen Sänger Tim Owens aufnahm. Owens wurde von einem Großteil der alten Fans nie richtig akzeptiert, obwohl er über eine wirklich großartige Stimme verfügte und die Klassiker live problemlos interpretieren konnte. Leider fehlte ihm das nötige Charisma seines übermächtigen Vorgängers. Obwohl die Band immer wieder bekundete, dass sie eine Rückkehr Halfords ausschlossen, wurde diese von den Fans immer häufiger gefordert. Nachdem Rob Halford sich mit seinen letzten beiden Soloalben "Resurrection" und "Crucible" musikalisch teilweise wieder sehr an dem klassischen Priest Sound orientierte, war eine Reunion nur noch eine Frage der Zeit. So überraschte die Meldung von Halfords Wiedereinstieg im Herbst 2003 nur Wenige.
Im Sommer 2004 setzte das britische Metal Flagschiff dann Segel und ging auf eine ausgedehnte Reunion Tour. Anfang 2005 erschien dann endlich das lang erwartete Comeback Album "Angel Of Retribution", das für meinen Geschmack bis auf zwei, drei Songs doch recht unspektakulär ausfiel, was einige große Magazine trotzdem nicht davon abhielt, die Band mit völlig realitätsfremden Lobeshymnen zu überschütten. Auf der darauf folgenden Tournee wurde nun die vorliegende DVD "Rising In The East" aufgezeichnet. Als Location wurde die legendäre 'Budokan' Halle in Tokio ausgewählt, in der schon so manches Livealbum mitgeschnitten wurde, u.a. auch Priest´s "Unleashed In The East" von 1979. Eine gute Wahl, denn das japanische Publikum ist ja von jeher als sehr euphorisch bekannt, und die Halle bietet dazu noch eine sehr schöne Kulisse.
Man kann Judas Priest nun unterstellen dass sie nur wieder zusammenfanden um ihre Rente aufzubessern, und das "Angel Of Retribution" nur ein lauer Aufguss alter Heldentaten ist, live sind die fünf älteren Herren aber noch immer sehenswert. Allen voran Oberpriester Rob Halford, der wie in alten Zeiten wieder absoluter Mittelpunkt des Geschehens ist. Mit großen Gesten stolziert er über die aufwändig dekorierte Bühne, sucht ständig den Kontakt zum Publikum und dirigiert souverän die Massen. Dieser Mann hat immer noch die Ausstrahlung, die sein Nachfolger Tim Owens völlig vermissen ließ.
Zwar wirken einige seiner Nieten besetzten oder verspiegelten Bühnenoutfits teilweise etwas übertrieben, so dass er sich mitunter sehr dicht an der Grenze zur Selbstparodie bewegt, aber ein Rob Halford darf so etwas, schließlich war er es, der das Leder und Nieten Image in den Heavy Metal eingeführt hat.
Leider muss man dem Frontmann auch einige stimmliche Defizite zugestehen, die sicherlich auf sein fortgeschrittenes Alter und die Drogenexzesse der Vergangenheit zurückzuführen sind. So erreicht er oftmals die hohen Töne nicht mehr, die ja eigentlich zu seinem Markenzeichen geworden waren. Gesangliche Hürden in Songs wie "Beyond The Realms Of Death", "Victim Of Changes" oder das seit über zwanzig Jahren endlich wieder live gespielte "Exciter" werden vom Meister gekonnt umschifft und klingen trotzdem noch überzeugend.
Nur mit "Painkiller" hat Halford dann doch merklich zu kämpfen, so werden die Strophen mehr gekrächzt als gesungen. Eine echte Sternstunde hat er hingegen bei der Unplugged Version der alten Joan Baez Nummer "Diamonds & Rust". Auch beim Rest des Programms, das natürlich größtenteils aus Metal Klassikern wie "Electric Eye", "The Ripper", dem unvermeidlichen "Breaking The Law" sowie dem abschließenden "You´ve Got Another Thing Coming" besteht, muss man Rob und der Band eine mehr als amtliche Leistung bescheinigen. Erfreulicherweise sind Judas Priest bei der Songauswahl nicht wie auf der Reunion Tour nur auf Nummer sicher gegangen, sondern haben mit "Hot Rockin´", "I´m A Rocker" und dem bereits erwähnten "Exciter" auch ein paar echte Überraschungen ins Set eingebaut. Vom neuen Album haben sogar fünf Stücke den Weg in die Setlist gefunden, die vom Publikum fast genauso begeistert aufgenommen werden wie die alten Hits, na ja über Geschmack lässt sich ja bekanntlich streiten.
Abgesehen von den obengenanten kleinen Mankos ist "Rising In The East" eine wirklich starke und sehr kurzweilige DVD geworden, die keinen Priest Fan enttäuschen sollte, wenngleich ich mir noch etwas Bonusmaterial gewünscht hätte(zumindest ist auf der Promo nichts enthalten). Da waren die Herrschaften etwas geizig. Ansonsten haben die Metal Gods hier allen Unkenrufen zum Trotz gezeigt, dass noch immer mit ihnen zu rechnen ist. THE PRIEST IS BACK!
Technik:
Ton: DTS+DD 5.1+L-PCM Stereo
Bildformat: 4:3 (NTSC) DVD 9
Ländercode: 2/3/4/5 (NTSC)


Spielzeit: ca. 110 Min. Medium: DVD, Warner Music, 2006
Tracks: Tracks: 1. The Hellion 2. Electric Eye 3. Metal Gods 4. Riding On The Wind 5. The Ripper 6.A Touch Of Evil 7. Judas Rising 8. Revolution 9. Hot Rockin´ 10. Breaking The Law 11. I´m A Rocker 12. Diamonds & Rust 13. Worth Fighting For 14. Deal With The Devil 15. Beyond The Realms Of Death 16. Turbo Lover 17. Hellrider 18. Victim Of Changes 19. Exciter 20. Painkiller 21. Hellbent For Leather 22. Living After Midnight 23. You´ve Got Another Thing Coming
Stefan Gebauer, 08.01.2006