Judas Priest / Rocka Rolla
Rocka Rolla Spielzeit: 42:08
Medium: CD
Label: Repertoire Records, 2011 (1974, Gull Records)
Stil: Rock


Review vom 12.03.2012


Jochen v. Arnim
Wenn die Urväter des britischen Heavy Metal (neben Black Sabbath natürlich) dieser Tage auf Tour sind - und die seit letztem Jahr andauernde Epitaph World Tour soll ja die endgültige Abschiedstournee sein - dann holen ungezählte Fans mal wieder die alten Scheiben hervor und stellen sich ihre persönlichen Wunschlisten für die Konzerte zusammen. Für Viele wird es aber nicht so weit in die Geschichte zurückgehen, dass da die ganz frühen Sachen zum Vorschein kommen. Bei der Scheibe "British Steel" von 1980 wird wohl für die Meisten Ende sein, denn besonders auch die ganz frühen Sachen haben nicht so viel mit der NWOBHM zu tun, für die Judas Priest später berühmt wurden. Passgenau dazu hat sich das Label Repertoire überlegt, ein paar der ersten Longplayer zu remixen und neu auf den Markt zu schmeißen. Und womit fängt man da schlauerweise an? Richtig, mit dem Debütalbum "Rocka Rolla", das der Band 1974 den Plattenmarkt eröffnete. Nicht, dass wir es nicht früher schon mal mit solchen Wiederveröffentlichungen zu tun gehabt hätten, aber aktuell passt es halt ganz gut - ein Schelm, wer Böses denkt…
Ursprünglich mit lediglich zehn Songs ausgestattet, finden wir auf dem Re-Release nun elf neu abgemischte, darunter mehrere Tracks, die noch unter Mitwirkung des Halford'schen Vorgängers Alan Atkins entstanden waren. Atkins hatte die Band bereits 1969 gegründet, sich aber nach vier Jahren auf andere Pfade begeben. Mit Rob Halford fuhr die Truppe später größte Meriten nach Hause und er wird auf ewig als DER Frontmann von Judas Priest gehandelt, egal wie gut später auch ein Tim 'Ripper' Owens in seiner Priest'schen Phase gewesen sein mag.
Der Sound ist im Vergleich zur Originalversion etwas besser und klarer geworden, die Rhythmusfraktion kommt hier deutlicher zur Geltung. Trotzdem bleibt das Gefühl, eine zeitgenössische Produktion von vor fast 40 Jahren im Player zu haben. Die Scheibe wurde ursprünglich live im Studio eingespielt und hat im Vergleich zu modernen Veröffentlichungen natürlich Ecken und Kanten, aber eben auch einen gewissen Charme, der zur damaligen Zeit passte. Dazu passte auch die musikalische Ausrichtung der Jungs aus Birmingham, der unmittelbaren Nachbarschaft zum Black Country Ozzy Osbournes oder John Bonhams. Und genau die Einflüsse dieser beiden Bands, die damals schon den Rock-Olymp erklommen und sich einen festen Thron erarbeitet hatten, hört und spürt man an allen Ecken des Priest'schen Debüts. Das hat noch lange nichts mit dem Metal der späteren Jahre zu tun, ist eher eine Rockscheibe mit starkem Blueseinschlag. Wobei, an einigen Stellen wird es schon deutlich, dass der Band eine 'harte' Zukunft zuteil werden soll.
Das Album als solches ist kein Meilenstein unter den Releases der Band, zu wenig hatte es damals noch von ihrer späteren Linie vermissen lassen. Die Ansätze sind da, erste Schritte in die richtige Richtung getan, aber insgesamt stand das Quintett noch zu sehr unter dem Einfluss von Außen (sprich Produzent Rodger Bain), um einen eigenen Stiefel zu fahren. Wenn der Erfolg des Albums auch eher hinter den Erwartungen zurückblieb und dem damaligen Ruf der Band als Live-Truppe nicht gerecht wurde, so bietet es aber für sich genommen eine trotzdem gute Sammlung feiner Rocksongs, die mal mehr in eine bluesige Richtung abdriften, mal sogar - für die Zeit noch durchaus normal - psychedelisch wirken. Ganz stark finde ich den Opener "One For The Road" oder den Titeltrack "Rocka Rolla". Und dass "Never Satisfied" zu einer der wirklich guten Nummern in der Priester-Diskografie gehört, ist wohl unbestritten. Kleine Ausfälle in der Tracklist haben wir z. B. bei "Winter" oder "Deep Freeze", die nicht zu meinen Favoriten gehören, ebenso wenig "Winter Retreat", bei dem besonders die ersten beiden Minuten verzerrter Gitarrentöne nervig sind. Der Bonustrack "Diamonds And Rust", eine Coverversion des Baez’schen Originals, war eigentlich für das nächste Album gedacht und gehörte somit ursprünglich nicht auf das Album, wurde aber früher schon für ein Re-Release durch das Label Gull auf "Rocka Rolla" hinzugefügt.
Zur Komplettierung einer jeden JP-Sammlung sollte man hierbei natürlich zuschlagen. Beinharte werden die Scheibe zwar sicherlich ohnehin auf Vinyl und/oder in diversen Silberling-Varianten mit verschiedenen Covern haben, aber für Genreliebhaber, die den durchaus richtungsweisenden Weg vom bluesigen (Hard)-Rock zum Metal nachvollziehen wollen, ist dies ein Album (im Original-Cover) der Sparte Zeitzeugnis, das keine Schmerzen bereitet, wenn es im Regal steht.
Line-up:
Rob Halford (vocals)
Kenneth Keith 'K.K.' Downing (guitars)
Glenn Tipton (guitars, synthesizer, backing vocals)
Ian Hill (bass)
John Hinch (drums)
Tracklist
01:One For The Road
02:Rocka Rolla
03:Winter
04:Deep Freeze
05:Winter Retreat
06:Cheater
07:Never Satisfied
08:Run Of The Mill
09:Dying To Meet
10:Caviar And Meths

Bonus:
11:Diamonds And Rust
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