Nein, das ist nicht Apocalyptica! Die vier Metall-Finnen kommen sicher unweigerlich ins Gedächtnis, wenn man die Besetzung mit Violine, Cello und Schlagzeug im Booklet erblickt und dazu die Musik hört. Doch das manchmal Stakkatohafte der Skandinavier ist zumindest auf dieser neuen Platte der aus Oakland, Kalifornien stammenden Truppe nicht so präsent.
Vor zehn Jahren hatten die Patzner-Brüder als Straßenmusiker gearbeitet und auch eine selbstproduzierte EP in kleinen Stückzahlen veröffentlicht, bis sie bald darauf einen Schlagzeuger hinzunahmen. Zwei Jahre später war es soweit, dass die erste richtige CD auf den Markt kam. Anfänglich war der Sound noch stärker von verzerrten und verstärkten Instrumenten bestimmt. Dieses wurde nun zurückgefahren und wich einem eher reineren Klang, der die Eigenarten von Cello und Violine besser herausstellt.
Wir starten mit einer Geisterjagd, mit "Ghost Hunt". Da höre ich Vivaldi, da höre ich die Leichtigkeit des Barock, gepaart mit dem treibenden Drum-Sound einer Rockband, allerdings ist das mit eineinhalb Minuten nur eine Einleitung zu dem, was noch kommen soll - und das klingt erst einmal anders. "Demon Fire" klingt sehr perkussiv, als hätte man alte Rhythmen eines Urvolkes als Untermalung für das antreibende Cello und die solierende und gestaltende Geige gewählt. Dazwischen kurze Unterbrechungen, die den dichten Sound etwas auflockern, das klingt sehr ungewöhnlich und hier schon hat das mit den finnischen Kollegen so gar nichts mehr gemein.
"Annexed" - nun rockt es aber doch, aber dies drückt sich eigentlich nur durch das Schlagzeug aus. Die Streicher schweben eher darüber und bilden einen Gegenpart, der sich aber doch vereint. Schon hier bemerke ich etwas, das mir auffällt: Durch das Cello, das zusammen mit dem Schlagzeug für den fundierten Rhythmus sorgt, obliegt der Geige als einziges richtiges Soloinstrument die Gestaltung der Oberfläche. Das gelingt aus meiner Sicht nicht immer. Einerseits fehlen klare Themen mit Wiedererkennungswert, andererseits kann der Violinist nicht ständig Soli spielen, muss also weitgehend bei der Gestaltung des Gesamtbildes aktiv sein. Die Unterschiede der Musik erklären sich eher im Ausdruck der einzelnen Titel, die mal rockiger, mal verspielter ausgelegt sind. Man hätte auch den Schlagzeuger mehr einbeziehen müssen, denn entweder ist er der Rocker oder er versucht eine Art folkloristische Perkussion zu erzeugen, die aber im Gegensatz zu den weichen und geschmeidigen Streichinstrumenten sehr hart und bisweilen statisch klingt.
"The Jump" - da wird gegen den Strich gestrichen, das klingt dann auch ein wenig angenehm schräg, untermalt von klackernden Drums, bis sich der Song entwickelt und Spuren keltischer Folklore zu erkennen lassen scheint - ein guter Ansatz. Die Kernstücke dieser Platte sehe ich jedoch mit dem siebten und achten Titel. Der "Redneck Rumble" bringt gewisse Hooklines und auch das Cello kommt etwas aus seiner Hintergrundrolle hervor. Ja, da schwingt gar ein Quäntchen Bluegrass mit. "The Treachery Of Kyodai Ken" ist mein erklärter Lieblingstitel. Ein ganz langsamer, schleppender Song löst sich mit energisch treibender Atmosphäre ab. Hier wurde wirklich hervorragend arrangiert und ausgeführt, hier findet die von mir gewünschte Abwechslung innerhalb eines Songs statt.
Ganz klassisch kommt uns die Band mit "Prelude To D Minor" und rundet so den Reigen verschiedener Einflüsse ab. Einflüsse, die von der E-Musik über Jazz, Folk zu Rock reichen. Man spricht von String Metal, doch viel 'Metall' kann ich nicht vernehmen, weil eben nur der Drummer richtig Druck macht. Für mich in erster Linie ein sehr interessanter Ansatz, doch letztlich mit Licht und Schatten - ich bin gespannt, wie es weitergehen soll. Den Streichern hört man ihre Professionalität an, der Drummer kann sich hier nicht entsprechend einreihen, er ist einfach nur Begleiter und bringt nicht viel Eigenständigkeit ein. Vielleicht sollte man ihm mehr 'Leine lassen', denn wenn ich mir das romantisch klingende "Waves" anhöre, bremst er durch simple Schläge diese Atmosphäre, die sich ansonsten vielleicht flügelleicht entwickeln und abheben könnte. So klebt sie am Boden fest.
Line-up:
Anton Patzner (violin)
Lewis Patzner (cello)
Jon Bush (drums)
Tracklist |
01:Ghost Hunt
02:Demon Fire
03:Annexed
04:California Legislature
05:Common Denominator
06:The Jump
07:Redneck Rumble
08:The Treachery Of Kyodai Ken
09:Xenophobic
10:Prelude To D Minor
11:Darmok
12:Waves
13:Forest Battle
14:Altair
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