Ally Kerr / Off The Radar
Off The Radar Spielzeit: 36:25
Medium: CD
Label: Much Obliged Records, 2008
Stil: Singer/Songwriter

Review vom 20.05.2009


Alexander Mathias
Es gibt diese ganz eigene Art von CDs, die man gerne in einer geselligen Plauderrunde mit Freunden im Hintergrund laufen lässt. Das sanfte Dahinplätschern der Musik beeinträchtigt die laufende Kommunikation in keiner Weise und dennoch ist für eine dezente klangliche Untermalung des Abends gesorgt.
Manchmal jedoch passiert es, dass sich in eine solche Unterhaltung mehr und mehr andächtige Pausen einschleichen, bis das erste fast ehrfürchtige »Wer iss'n des?« die Aufmerksamkeit der Runde wieder von der Musik hinweg lenkt.
Ally Kerr, der Sänger und Songwriter aus Glasgow, Schottland, gehört zu eben jener Gattung von Musikern, die sich aus den Tiefen der HiFi-Boxen klammheimlich in das Gehör einschmeicheln, bis man nach einer Weile merkt, dass man sich gar nicht mehr auf die Gegenwart konzentriert, sondern immer mehr in die dargebotene Musik abtaucht.
Mit sanfter, eingängiger Stimme, die, wie zum Beispiel bei "There's A World", vom Klangbild her nicht immer eindeutig geschlechtsspezifisch zuzuordnen ist, führt uns Ally Kerr durch sein 2008 erschienenes Album "Off The Radar", seinem zweiten Longplayer nach "Calling Out To You" aus dem Jahre 2005.
Verträumte Akustik-Nummern wechseln sich mit locker beschwingten Songs ab, die sofort zum Mitwippen verführen. Kerr erzählt dabei von einem Leben voller Suche, von vergangenen Zeiten und deren Erinnerungen daran. Er reflektiert über das Eingesperrt sein in Sachzwänge und dem Ausbrechen daraus. Doch trotz solcher Inhalte rutscht Ally Kerr nicht in düstere Gefilde ab, sondern lässt immer wieder Zuversicht und eine Schuss Fröhlichkeit in seine Musik einfließen. Seine schottische Herkunft und die Verwurzelung in der Folkmusik kommen ihm dabei zugute und bilden über das gesamte Album das Fundament, auf dem er seine einzelnen Kompositionen errichtet.
Auch Kerrs Mitstreiter auf "Off The Radar" verstehen ihr Handwerk. Unaufdringlich, aber trotzdem akzentuiert, reichern sie die Tracks an, streuen so manchen musikalischen Kniff ein und lassen die Abwechslung hoch leben, während es dabei kräftig groovt.
Kehren wir nochmal zu der Eingangs erwähnten geselligen Runde zurück. Spätestens bei "Amorino", dem zehnten Track der CD, kehrt hier absolute Stille ein. Zweieinhalb Minuten zieht Ally die HörerInnen endgültig in seinen Bann. Wieder nur diese getragene, karge Akustik-Gitarre, von einem dezenten Bass im Hintergrund begleitet und dazu Kerrs fast meditativer schmeichelnder Gesang. Mit geringstem Aufwand ist ihm hier eine kleine Hymne gelungen, die eine Ruheoase im Trubel dieser bewegten Zeiten bildet. Mit diesem Minimalismus und den daraus entstandenen Harmonien demonstriert Kerr eindeutig seine Qualitäten als Sänger und Songschreiber.
Interessanterweise erfreut sich Ally Kerr schon seit 2005 in Japan einer hohen Beliebtheit. "The Sore Feet Song", veröffentlicht auf seinem Debütalbum, ist gleichzeitig die Titelmelodie der japanischen Anime-Serie "Mushishi".
Jetzt wäre es an der Zeit, dass Ally Kerr auch in Europa die verdiente Würdigung erhält. Schließlich schafft es nicht jeder, sich mit leisen Tönen durch den wogenden Partylärm hindurch die uneingeschränkte Aufmerksamkeit zu ersingen.
Line-up:
Ally Kerr (vocals, acoustic guitar)
Chris Leonard (acoustic guitar, electric guitar, backing vocals, banjo)
Al Mitchell (bass guitar, acoustic guitar)
David Scott (piano, keyboard, acoustic guitar, electric guitar, bass guitar, mandolin)
Stuart Kidd (drums, percussion)
James Lindsay (drums - #1,11)
Derek Starr (percussion)
Tracklist
01:Could Have Been A Contender
02:Be The One
03:I Think I'm Bleeding
04:There's A World
05:The Toothbrush Song
06:Off The Radar
07:Old Friend
08:Is It Too Late To Work For NASA?
09:Mystery Star
10:Amorino
11:The Truth That I Have Earned
12:Footprints
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