Diana Krall / Glad Rag Doll
Glad Rag Doll Spielzeit: 58:05
Medium: CD
Label: Verve Music Group, 2012
Stil: Jazz/Easy Listening/Pop

Review vom 12.10.2012


Wolfgang Giese
Nach "Stepping Out" und "Only Trust Your Heart" kam im Jahre 1996 mit dem Album "All For You" der Durchbruch für Diana Krall mit ihrem Tributalbum an Nat King Cole. Klavier, Gitarre, Bass und Schlagzeug erzeugten seinerzeit eine prickelnde Stimmung, die erkennen ließ, dass ein neuer Stern aufgegangen zu sein schien. Trotz einiger ein wenig schwächelnder Album wurde das Niveau seitdem hochgehalten.
Nun die neue Platte, die meines Erachtens nicht an die Qualitäten einiger Vorgängeralben heran reicht. Auf der Skala von Null bis Zehn ist aber aus meiner Sicht Sieben locker erreicht worden. Professionalität zeichnet es auf jeden Fall aus, und etwas, das sie sich mit Ella Fitzgerald - allerdings auf eine andere Weise - teilt, ist der Titel einer 'Sophisticated Lady'. Ja, diese Kultiviertheit und Raffinesse hat Diana Krall mittlerweile verinnerlicht, und sie scheint mit ihrer Musik schon fast über den Dingen zu stehen. Ich hoffe, diese Bodenhaftung wird auf Dauer nicht verloren gehen. Hier sicher noch nicht, ist die Basis doch erneut die 78er-Schallplatten-Sammlung des Vaters, die entsprechende Klassiker sozusagen als Erdung bringen.
Thema dieser Sammlung ist die 'gute alte Zeit', die zwanziger und dreißiger Jahre. So klimpert das Klavier dann auch altmodisch wie damals, dazu die leicht verruchte Atmosphäre jener freizügigen, teils frivolen Zeit - das versetzt uns gleich mit dem ersten Track mitten ins Geschehen. Eine Transformation in das Jetzt schafft bereits der zweite Song, wenn Ribot mit der kratzigen Gitarre und Bellerose mit stampfendem Schlagzeug eine ganz coole Richtung elektrisieren. Da passt der gezupfte Bass als Gegenpol recht gut. Und Diana intoniert darüber ganz lasziv und verrucht. Wenn Ribot dann auf dem dritten Track die Ukulele gegen die E-Gitarre austauscht, kommt dieser Song einer Zeitreise gleich und lässt uns mit den Gedanken dahintreiben. Stark ist es, wenn inmitten eines Stücks der Rhythmus wechselt oder bestimmte Einschübe für Abwechslung sorgen. Ein schönes Beispiel dafür ist "You Know I Know Ev'rything's Made For Love".
Sehr reduziert auf lediglich Gitarre und Gesang ist dagegen der Titelsong, der auf seine Weise allerdings zeitlos ist und keinen Rückgriff auf die Vergangenheit darstellt. Nun, ein modernerer Song ist ja auch mit "Lonely Avenue" von Doc Pomus dabei, der hier rumpelnder Weise, mit einem schon fast mystischen Anstrich dahinschleicht. Das könnte eine Version von Coco Robicheaux in bester New Orleans-Voodoo-Manier sein. Mir gefällt dieser Titel sehr gut, obwohl er sich aus dem Gesamtbild abhebt.
Was mir persönlich, in Hinblick auf die Rückschau, auffällt, ist, dass solche damals populäre Künstlerinnen, wie zum Beispiel Bessie Smith, bei der Titelauswahl außen vor blieben. Vielleicht nimmt sich der Produzent T-Bone Burnett mit genau dieser Band einmal dieses Themas an - das stelle ich mir sehr interessant vor. Sicher eine gute Hommage an die gute alte Zeit, die allerdings von der musikalischen Umsetzung ihre Fühler stark in die Gegenwart ausgestreckt hat. Für eine gelungenere Umsetzung des Themas halte ich die Platte von Catherine Russell, "Sentimental Streak".
Die laszive Positionierung der Künstlerin auf dem Cover stammt übrigens vom Fotografen Mark Seliger, der ein Ambiente im Stil der damaligen Umgebung der Ziegfeld Follies schaffen wollte.
Line-up:
Diana Krall (vocal, piano)
Keefus Ciancia (keyboards, mellotron)
Marc Ribot (electric & acoustic guitars, 6-string bass, banjo, ukulele)
T-Bone Burnett (guitars)
Bryan Sutton (guitars)
Colin Linden (guitars, dobro)
Howard Coward (mandola, tenor guitar, harmony vocals)
Dennis Crouch (bass)
Jay Bellerose (drums)
Tracklist
01:We Just Couldn't Say Goodbye [Woods] (3:47)
02:There Ain't No Sweet Man That's Worth The Salt Of My Tears [Fisher] (4:30)
03:Just Like A Butterfly That's Caught In The Rain [Dixon/Woods] (3:43)
04:You Know I Know Ev'rything's Made For Love [Sherman/Tobias/Johnson] (3:48)
05:Glad Rag Doll [Ager/Dougherty/Yellen] (4:35)
06:I'm A Little Mixed Up [James/Johnson] (4:37)
07:Prairie Lullaby [Hill] (4:22)
08:Here Lies Love [Rainger/Robin] (5:09)
09:I Used to Love You But It's All Over Now [von Tilzer/Brown] (2:53)
10:Let It Rain [Kendis/Dyson] (5:44)
11:Lonely Avenue [Pomus] (6:58)
12:Wide River To Cross [Miller/Miller] (3:51)
13:When The Curtain Comes Down [Hoefle/Lewis/Sherman] (4:55)
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