Kaleidoscope String Quartet / Magenta
Magenta Spielzeit: 50:01
Medium: CD
Label: Unit Records, 2011
Stil: Crossover

Review vom 12.11.2011


Wolfgang Giese
Musik zwischen allen Stühlen oder zwischen den Stilen. Wie auch immer, so ganz klar einordnen kann man das Kaleidoscope String Quartet nicht. Bemühe ich mich, Gleichartiges zu finden, wird es schon schwierig. Ganz spontan könnte man angesichts der instrumentalen Besetzung natürlich auf Apocalyptica schließen, aber derart 'elektrisch' geht es hier nun gar nicht zu. Wenn ich mich stimmungsmäßig entscheiden müsste, käme mir das Penguin Cafe Orchestra in den Sinn, aber so komplex aufgebaut wie die Musik dieser Band ist "Magenta" nun auch wieder nicht. Klassik oder E-Musik trifft es ebenfalls nicht, was nicht heißen soll, dass sie nicht 'ernst' wäre, denn das ist sie gewiss. Im Promo-Material heißt es dazu: »Eine Musik, die weder in den Konzertsaal, noch in den Jazzclub passt - aber in beide hingehört.«
Das mag uns nun suggerieren wollen, dass die Musik auch unter dem Aspekt des Jazz zu betrachten wäre. Das allerdings fällt mir als Jazzfan auch wieder schwer, obgleich ich mich mit Sicherheit nicht zu den Puristen zähle. Also suchen wir die Nische, in die wir diese Musik einordnen können, weiter. So mag jede/jeder seine eigene Auffassung zur Einordnung der Musik des Kaleidoscope String Quartet haben und das macht den gewissen Reiz aus, jene Besonderheit, die Musik einzigartig machen kann; und einzigartig ist das schon, was ich hier mit Genuss höre.
Auf der Basis der vier Streicher klingt es mitunter experimentell, manchmal gar etwas schräg, dann gibt es wieder eine schöne Melodie, die die Musik in die Nähe von Popmusik rücken könnte, wären eben nicht diese Instrumente am Werk. Aber zumindest harmonisch betrachtet, gibt es gelegentlich einige Passagen, die einen gewissen Wiedererkennungswert ausstrahlen. Und dann swingt es auch, so dass es doch in die Richtung Jazz marschiert. Man führe sich einmal entsprechende Teile des Titels "Groovy" zu Gemüte. Der Sologeiger könnte doch tatsächlich einer jener Platten entsprungen sein, die im Jazz Rock-Umfeld der Siebziger zu Hause waren, Jerry Goodman lässt grüßen!
Die vier Schweizer Künstler vollbringen es, mit den beiden Violinen, der Bratsche und dem Cello eine ganz eigene, manchmal folkloristisch inspirierte, manchmal melancholisch-romantische Stimmung zu schaffen. Immer wieder unterbrochen durch die Tatsache, dass es sich um klassisch geschulte Musiker handelt, die davon auf "Magenta" auch Zeugnis ablegen. Dabei gelingt es ihnen durchaus, rhythmische Elemente zu schaffen, auf denen sich die Soli ausbreiten können. Dann folgen wieder gemeinsam gespielte, repetitive Themen, die mitunter hypnotisch wirken. Wenn ich in Verbindung mit Geigern an Jazz denke, fallen mir Michal Urbaniak, Zbigniew Seifert, Jean-Luc Ponty oder Stéphane Grappelli ein, die ich in einigen Passagen durchaus abgebildet höre.
Aber auch Don 'Sugarcane' Harris und sein spezielles Spiel vermag ich ansatzweise zu erkennen, zum Beispiel bei "Squeeze".
So nimmt die lebhafte Musik ihren ungewöhnlichen Lauf und überrascht auf diesem Weg immer wieder aufs Neue. Das ist wahrhaft innovative Musik, aber nicht für jeden zugänglich, denn offen für Ungewöhnliches muss man da schon sein. Aus Sicht eines Freundes der E-Musik sollte man beispielsweise Neigungen zu Komponisten wie Arvo Pärt haben, als Jazzer nicht auf die übliche Rhythm Section bestehen, und allen anderen empfehle ich, einmal beide Ohren zu riskieren für diese abenteuerliche Klangwelt!
Line-up:
Simon Heggendorn (violin)
Tobias Preisig (violin)
David Schnee (viola)
Bruno Fischer (violincello)
Tracklist
01:Silly Dance (5:34)
02:Groovy (4:13)
03:Naneman (6:53)
04:Squeeze (7:41)
05:A Long Time Ago (5:47)
06:Herbst (4:10)
07:Visions (4:39)
08:Bad Dream (4:03)
09:One Life? (6:36)
(All music by Simon Heggendorn)
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