Kings X / Ogre Tones
Ogre Tones
Einigen Musikfans wird sich eine fürchterliche Assoziation aufdrängen, wenn sie den Namen Kings X hören. Sie werden sich daran erinnern, wie das amerikanische Trio irgendwann zu Beginn der 90er Jahre während der Tour im Vorprogramm von Gleichstrom/Wechselstrom von den dumpfen AC/DC Fan-Horden-Asos erbarmungslos ausgepfiffen wurden. Natürlich hatten Gaskill, Pinnick und Tabor danach von Good Ol' Gemany erst einmal die Schnauzen gestrichen voll und glänzten mit so einer Art Teutonenboykott. Zu Recht, wie ich finde.
Lange ist es her und seit dem ist eine Menge Bier durch die Kehlen geflossen. Die drei Könige konnte diese ungerechtfertigte Respektlosigkeit natürlich nicht wirklich aus der Bahn werfen. Sie blieben ihrem Stil treu und veröffentlichten weiter Platten. Auch der Boykott wurde vor einigen Jahren wieder aufgehoben.
Nun erscheint über InsideOut das neues Studiowerk "Ogre Tones".
Kings X klingen wie Kings X, spielen die gleichen Stärken aus wie Kings X und surren typische Kings X Lieder in den digitalen Speicherstoff.
Alles beim Alten? Schon, aber wer kennt ihn nicht, den alten weisen Spruch: "Never change a winning Team."
Adaptiert auf Musik mag das soviel heißen wie: Wenn etwas unzweifelhaft gut ist, sollte man es eben nicht unbedingt ändern. Es sei denn, die eigene Kreativität zwingt dazu.
Kings X spielen Rock Musik der härteren Gangart. Dabei wird gegroovt, gesungen und natürlich gerockt. Die Jungs sind hervorragende Musiker, ohne sich vor lauter Fingerfertigkeit in narzisstische Selbstdarstellung flüchten zu müssen.
Typisch, charakteristisch und wie immer genial sind die Gesangsharmonien bei Kings X. Gaskill, Pinnick und Tabor sind trivocal und sie nutzen das gnadenlos aus. Wer die Band zu seiner eigenen Schande nicht kennt, sollte sich alleine schon aus diesem Grund mal mit ihr beschäftigen. Die Background Vocals machen Kings X aus - sie sind ein Hauptbestandteil des Kings X- Stils.
Den gibt es ohne Zweifel. Der Wiedererkennungswert von Kings X Musik ist wohl ähnlich hoch wie der Geldwert eines Barren hochkarätigen Goldes. Neben den phänomenalen Vocals sind die Gitarrensounds stilgenerierend. Die Akkorde schnurren in tiefer Tonlage mit weicher Verzerrung in den Arrangements herum. Wenn sie offen gespielt werden, verbreiten sie eine melancholische Stimmung.
Der dritte Pfeiler des Kings X Stils ist das Songwriting. Es werden Lieder komponiert, keine Kollagen, Sphären oder sonstiger Schwachsinn, sondern einfach gute Lieder. Wobei die Gitarren und die Vocals irgendwie auch gute Lieder erzwingen. Es wäre reine Verschwendung wäre es anders. Die drei Eigenarten der Kings X Musik ergänzen sich nicht nur. Sie leiten sich voneinander ab und sind ihre eigenen Prämissen.
Was Ursache, was Wirkung, was Kausalität und was dabei Korrelation ist, wird sich wohl nie ganz aufdecken lassen.
Das Alles gilt für "Ogre Tones" ohne Abstriche. 13 mal geht es diesmal X- königlich zur Sache. In diese Dinger solltet ihr mal reinhören.
Mit einem gewaltigen Ausbruch beginnt "Alone" und somit die CD. Daraus entwickelt sich eine obligatorische Kings X-Nummer. Die Gesangslinie überzeugt und der Refrain ist das Sahnestück. Die Mokkabohne auf dem Sahnestück wird von der Bassdrum verkörpert. Jerry Gaskill bolzt ohne Zurückhaltung auf jedem Viertel herum.
"Honesty" ist der "ins Bett-Krieger" auf "Ogre Tones". Dieses emotionale Stück wird die Damen direkt an den Herzen packen. Die Lead Vocals kommen in der Strophe romantisch und im Refrain zerschmelzend. Die Akustikgitarre wirkt anregender als ein halber Liter Sekt. Wie es sich gehört, wird kurz vor dem Ausklang auch mal getrommelt.
Ein herrlich schiefer Riff öffnet dem Musikfan die Augen bei "Open My Eyes". So eine Tonfolge lässt immer wieder Bedauern für die endlose Zahl der Coverbands aller Stilrichtungen aufkommen, die sich von der Jagd nach dem besten Riff verabschiedet haben. Kings X wissen wohl, was sie da angerichtet haben, denn sie reiten stets und ausdauernd auf dem Riff-Thema herum.
Mit bleierner Schwere stampft sich "Sooner Or Later" 7 Minuten lang durch die Membranen. Wieder sollte sich jeder Musikfan für die Gesangsdarbietung des Trios interessieren. Sagenhaft! Langsame, melancholische Songs müssen nicht immer die selben ausgetretenen Blues-Elemente abschrabbeln. Es geht auch anders.
Der technische Fortschritt macht auch vor dem Königreich "X" keinen Halt. Deswegen gibt es nicht nur "wat auf die Öhrens". "Ogre Tones" beihaltet die Videoclips zu "Alone" und "If". Mann, sagt da einer wirklich noch mal was gegen die Compact Disk?
Zu den 7 RockTimes-Uhren für die Musik, dem Album und einfach Allem, gesellt sich noch eine weitere für die Harmonie-Vocals. Tolle Leistungen müssen eben entsprechend belohnt werden. Also, 8 RockTimes-Uhren für das neue Kings X Album


Spielzeit: 47:48, Medium: CD, InsideOut/SPV, 2005
1:Alone 2:Stay 3:Hurricane 4:Fly 5:If 6:Bebop 7:Honesty 8:Open My Eyes 9:Freedom 10:Get Away 11:Sooner Or Later 12:Mudd 13:Bam
Olli "Wahn" Wirtz, 26.09.2005
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