Kompost ist Dünger und Bodenverbesserer und sicher jedes Gärtners Freude. Dieser musikalische 'Kompost' kommt nun aus Österreich - ob er wohl den musikalischen Boden, der beackert wird, verbessern wird? Die Band existiert seit 2009; das Debütalbum erschien ein Jahr später. Nun folgt mit "Epigenesis" die dritte Veröffentlichung der Formation. Im Pressetext wird einem der Mund wie folgt wässrig gemacht: »Aus der Tradition von Emerson, Lake & Palmer und Medeski, Martin & Wood kommend, spielen Kompost 3 im weiten Feld ElektroJazzRockImproGroove.« Das muss ich erst einmal sacken lassen...
Nun, die Zweitgenannten vermag ich beim ersten Stück durchaus als Vergleich heranzuziehen, geht der Groove hier doch mit einem feinen Funk ab. Der Synthie quiekt und quäkt wie einst in den Siebzigern und der Bass ist knackig. Dazu treibt das Schlagzeug. Auch nicht so sehr gebräuchliche Instrumente, wie zum Beispiel die Melodika bei "Wall/Fence", bringen frische Klangfarbe in das in einigen Bereichen ausgelutschte Feld der Fusion. Hackendes Klavier, dazu Geräusche von Trompete und schnappenden Basslauten, so öffnet sich eine neue Tür, die mit Elementen aus verschiedenen musikalischen Bereichen spielt, sei es aus dem Free Jazz, der Avantgarde, aus Rock und Jazz Rock. Nach abgehackten Sounds rockt es dann mit dem vierten Titel richtig ab, bis sich dann satter Funk mit Bläserunterstützung einmischt. Das schleicht sich schwer triefend in die Gehörgänge und die Blutbahn. Ein kreischendes, stark verzerrtes Solo, von welchem Instrument auch immer, sorgt zwischendurch für Unruhe. Dann weist die Orgel mit dem shuffelnden Schlagzeug gar noch in Richtung früher Klänge der Band Colosseum!
Schon schnell bemerke ich, dass sich hier neue Ideen entwickelt zu haben scheinen. Ein ungeheures Potenzial schlummert in dieser Band, und - ja, der von vielen Musikern der Vergangenheit beackerte Boden hat hier noch einmal zusätzlichen Nährstoff bekommen. Aber auch ruhige Töne werden angeschlagen, zum Beispiel auf "Goldilocks Zone", bevor unruhig zerstückelter Funk wieder die Oberhand gewinnt. Diese Musik ist unberechenbar, hier wird noch so richtig mit 'Spaß an der Freude' musiziert, werden Grenzen ausgelotet, scheint spontan getestet zu werden, Ideen werden aber auch sogleich wieder verworfen.
"There's Blood On The Joint" - nun scheint man beim Jazz gelandet zu sein. Nicht ganz 'frei', aber gestaltend und offen, ohne Rhythmus, bis dieser dann nach gut einer Minute dann doch vorgibt, wo es langzugehen hat. Diese Musik ist bisweilen sehr skurril, mal scheppert es scheinbar unversöhnlich, dann triefen schöne Melodien, dann wiederum groovt es wie einst bei Horace Silver. Herrlich, diese Musik ist ein Faustschlag in das entsetzte Gesicht von Puristen! Es blubbert, es rumpelt, es schleicht, ein Kinderpiano spielt verrückt, Perkussion klingt wie auf defekten Instrumenten gespielt und doch: Diese Musik geht durch Mark und Bein. Sie bewegt, sie groovt, sie ist dem Hörer nah, sie ist direkt, nicht unnahbar intellektuell, und sie wirkt frech, so richtig frech und teilweise unverschämt!
Es ist, wie es ist - unter diesen Bedingungen muss ich, um noch mehrere Musikliebhaber für solche guten Ideen zu begeistern, aus meiner eigenen Begeisterung, aus meinem Staunen heraus einen dicken Tipp vergeben! Ach ja, Emerson, Lake & Palmer habe ich nicht wirklich entdecken können...
Line-up:
Martin Eberle (trumpet, slide trumpet, flugelhorn)
Benny Omerzell (piano, organ, Rhodes, clavinet, synthesizers, toy piano, melodica)
Manu Mayr (electric and double bass, bass synth)
Lukas König (drums, percussion)
Tracklist |
01:Piggy Strut
02:Wall/Fence
03:Iphigenia
04:Overdose Of Tree While Driving
05:Goldilocks Zone
06:The Timely Twitch
07:There's Blood On The Joint
08:Lil' Rody Rides Again
09:How To Bathe A Mogwai
10:Extemporale
11:The Stoner's Philosophy
(all music by Kompost 3)
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