Ab 22 Uhr mitteleuropäischer Wüstenzeit brach er für etwa 90 Minuten über uns herein, der Desertstorm aus Palm Desert/California, unter belgischer Beteiligung. Die bis zum Anschlag tief gestimmten, tiefergelegten und tiefgeschruppten Töne aus Bass- und Leadgitarre erschütterten die bis zum Anschlag mit Stonerrockjüngern und -älteren abgefüllte Live Music Hall in Köln-Ehrenfeld in der Lichtstraße.
Dreiviertel der ursprünglichen Besetzung von Kyuss stehen bzw.sitzen vor uns auf der Bühne, John Garcia knarzt die skurillen Texte ins Mikro, Nick Olivieri bearbeitet die Bassgitarre und Brant Bjork das Schlagzeug. Der frühere Vierte im Bunde, Gitarrist Josh Homme ( Queens Of The Stone Age, Them Crooked Vultures) ist nicht mehr dabei, seinen Saitensound re- und produziert nun der Belgier Bruno Fevery. Deshalb wohl jetzt auch Kyuss Lives! statt wie damals Kyuss, diese Band löste sich 1995 auf und jeder der Jungs entwickelte sich in jeweils anderen musikalischen Projekten bis sie sich Mitte 2010 wieder zusammenfanden und auf das zukünftige gemeinsame Abspielen ihres Liedguts einigten.
Und noch was zur Bandgeschichte: Es ist nachzulesen, dass die Jungs Ende der 80er Jahre mit sich, ihren Freunden und ihrem musikalischen und stromerzeugenden Equipment in die Wüste vor Palm Desert zogen, dort bei so genannten Generator-Partys aufspielten und sich und alle bedröhnten. So oder so, sie nannten sich ab dieser Zeit Kyuss, der Name entstammt einer Figur in einem Fantasy-Rollenspiel.
Ich lernte die Band lasertechnisch 1993 kennen und zwar so: Zum Ankurbeln der Umsätze in der Musikindustrie begab ich mich nach Düsseldorf und in einem Plattenladen fand die erste Begegnung statt. Ich klackte mich durch die CDs eines Bluesregals (!!) und guckte mir eine CD mit dem Titel "Blues For The Red Sun" nicht so ganz genau an (Kaufrausch?) und nahm sie mit zu mir nach Hause, legte sie in den CD-Player und nach 50 Sekunden, nach dem gezügelten und schön zu einem Endzeitfilm passenden Intro brach ein Gewitter ohne Regen und Blitze aus meiner Stereoanlage - meine Lautsprecherboxen fingen an zu wandern. Was für ein Sound, er faszinierte mich damals und fasziniert mich bis zum heutigen Tag und zum heutigen Abend.
Und heute Abend kriegen wir von der ersten Sekunde die geballte Ladung Stoner Rock (wobei mit Stoner nicht Steine gemeint sind) vor und in die Körper gewummert und dieses von den Erfindern dieses Musikgenres… und sie spielen ausschließlich olle Kamellen.
Das ist nicht respektlos von mir, die Jungs sehen wohl erst nach dieser 2011er Tournee durch die Welt ein Studio von innen und nehmen neue Songs auf. Und wenn du ihn kennst, den ersten hier und heute Abend in Köln gespielten Song - "Gardenia" - dann hörste Bescheid. Der Wahnsinn des ersten Songs hatte Methode und noch 14 Nachfolger.
Die nun stattfindende Soundorgie hätte das Quecksilber eines Dröhnometers zu fester Form gefügt, die von der Bühne verteilten Melodien fräsen sich von Anfang an unaufhaltsam durch Mark und Bein zum Hirn und sorgen für unzählige Rückgratrieselattacken sowie Hautbildungen ähnlich einer Kiwioberfläche. Die Zuhörer werden berauscht, auch durch die Farbe der Beleuchtung über der Bühne, die überwiegend in rote-, gelbe- und/oder orange Töne getaucht sind... Desertfarben.
Die letzte Zugabe, "Green Machine", sorgt nochmal dafür, dass keiner von uns hier bei dieser wüsten Generatorparty auf Betonboden (der ja Sand enthält) in nächster Zeit extra Muskulaturdehnungsübungen ausüben muss…
Das Stonerkollektiv beschränkt sich auf die Fabrizierung der Glückseligmachung der ca. 1500 Anwesenden. Es ist zum Nicht-Umfallen können schön mit einer Band, die Soundvorbild für viele Nachfolger war und hoffentlich jetzt wieder wird. Der Vierer agierte ziemlich perfekt, Nick und Brant sorgen für ununterbrochenen, bebenden Groove in der Luft und unter den Füßen. Bruno ist überhaupt kein Ersatz und sorgt mit für die hochenergetische Aufladung der Hallenluft. Die Performanz von John beschränkt sich bis auf zwei Ausnahmen in die reine Überbringung der Texte. Ausnahme eins ist die Vorstellung der Bandkollegen nach ca. einer Stunde, Ausnahme zwei dann zum Abschluss ein »Thank you very much« an das ziemlich im besten Sinne des Wortes weggetretene Publikum.
Setlist:
Gardenia
Hurricane
Thumb
One Inch Man
Conan Troutman
Freedom Run
Asteroid
Supa Scoopa And Mighty Scoop
Fatso Forgotso
Odyssey
El Rodeo
100°
Whitewater
Zugaben:
Molten Universe
Spaceship Landing
Green Machine
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