Linker Niederrhein verschläft tolles Konzert!
Ich weiß nicht, wie oft Lance Keltner seit seinem steilen Aufstieg in der Blues-Rockszene, vor der Situation gestanden hat, jeden Besucher seines Konzertes einzeln per Handschlag begrüßen zu können, für mich war es jedenfalls ein ganz neues Erlebnis bei einem Künstler seiner Größenordnung. Immerhin buhlte noch vor kurzem kein geringerer als Rod Stewart um seine Gunst als 'Special Guest Guitar Player' für seine Welttournee 2001.
Das am gleichen Tag gelaufene Open-Air Konzert von AC/DC im Müngersdorfer Stadion in Köln als Begründung für nur knapp 30 Zuschauer zu suchen, wäre allerdings etwas weit hergeholt. Eher sind die Gründe wohl in der recht spärlichen Werbung zu finden. So habe ich absolut nichts in der Lokalpresse als Vorankündigung gelesen und auch der Sonntag Abend ist an sich nicht so ein günstiger Termin.
Um eines vorwegzunehmen, Lance Keltner nahm es gelassen und professionell hin und bescherte mir und den restlichen Leuten ein tolles Erlebnis in Wohnzimmeratmosphäre. Kommen wir jedoch zur Chronologie des Abends.
Meine Frau und ich kamen so gegen 20.15 Uhr am Ort des Geschehens an. Nach einem Anruf tags zuvor bei Tourbegleiter Raimund Tillmann, standen unsere Namen ganz oben auf einer naturgemäß recht kurzen Gästeliste, und schon waren wir in Schymy's Pub, der Kneipe des Bassisten der niederrheinischen Rockgruppe Everon, die auch schon vier CDs produziert hat (nachzusehen auf ihrer graphisch recht anspruchsvoll gestalteten Homepage).
Schon nach wenigen Blicken erkannte man, dass sich dieser Ort ganz bodenständiger Rockmusik verschrieben hat. Überall Konzertplakate und Bilder an den Wänden, von Musikergrößen dieser oder vergangener Tage sowie einige ausgemusterte Musikinstrumente. Wir setzten uns an einen, zum Tisch umfunktionierten, Querschnitt eines wohl recht alt gewordenen Baumes und schlürften erst mal gemütlich unser Bierchen.
Der kleine Saal, ich denke mal so ungefähr höchstens 120 Personen Platz bietend, war schon, mit recht kleiner Bühne und dem Mischpult, soweit startbereit hergerichtet. Es dauerte ungefähr eine Stunde, bis sich die wenigen Leute so nach und nach eingefunden hatten und es dann mit "The Ledge", dem Opener seines neuen Albums "The Last Of The Cowboy Vampires" losging. Mit Freude nahm ich zur Kenntnis, dass da eine echte Southern-Formation (drei Lead Gitarren) auf der Bühne stand und den Zuschauern sofort ein Gefühl vom texanischer Hitze vermittelte.
Nach House Of Blue Light mit seinem stampfenden Gitarrenrhythmus folgte mit Grace das erste Stück des anderen Werkes "Emty". Danach lieferten Keltner & Co. schwerpunktmäßig einen bunten Querschnitt dieser beiden CDs.
Mit "I Ain't Got The Time" folgte eines meiner absoluten Lieblingstücke, mich sehr an Sachen von den Black Crowes erinnernd. Einflüsse dieser Band, von mir im kurzen Gespräch nach dem Konzert befragt, negierte Lance erstaunlicherweise vehement. "Ready For You" blieb bei mir wegen eines Wahnsinns-Slide-Solos hängen.
Leichte technische Probleme gab's vor "Hand Of Mercy", die allerdings auch ruckzuck wieder behoben waren. Hätte man glauben können, dass der letzte Cowboy-Vampir seinen Rockdurst bereits beim Open-Air in Loshausen am Vorabend gestillt hatte und sich angesichts der schwachen Zuschauerresonanz ein Ruhepäuschen gönnen würde, wurde man schnell eines Besseren belehrt. Lance wirbelte auf der Bühne, schwang die Hüften, ließ sich zu Ausflügen ins Publikum hinreißen und riskierte dabei, aufgrund der Enge und der am Boden liegenden Kabel sowie anderer Dinge, fast zwei Stürze.
Überhaupt entwickelte sich die erste Hälfte zur One-Man-Show. Erst bei "Dissin' The Man" gab es die ersten satten Soli aller beteiligten Gitarristen.
Weiter ging es mit "Love Like Abilene", dass mich stark an die ZZ Top "Eliminator"- Phase erinnerte, über "Bye Bye Donkey" zu "Show Me", wo sich alle Beteiligten nochmal beeindruckend duellierten.
Die erste Zugabe erledigte Lance ganz alleine auf der Bühne, danach betätigten Mark Younger-Smith (Ex- Billy Idol, Guitar), plötzlich mit Cowboyhut auf dem Kopf, Ralf Oemichen (Guitar), Mike Moyer (Bass) und Scott Thomas (Drums) noch einmal in echter Southernmanier bei "Trouble At The Fast Tours" recht ordentlich das Gaspedal und beendeten ein, aus meiner Sicht und der aller anderen Zuschauer, sehenswertes Konzert.
Anschließend gab es dann in einem Raum neben der Bühne bei einem gemeinsamen Bierchen das, zuvor erwähnte, kurze Gespräch, wobei Lance immer wieder um Unterschriften auf Plakaten, Fotos und CDs gebeten wurde und dies auch bereitwillig erledigte.
Angesichts des drohenden Schellens meines Weckers um 4.30 Uhr am folgenden Morgen machten wir uns dann um 23.30 Uhr zufrieden auf den Heimweg.
Vielen Dank für einen tollen Abend an Lance Keltner & Co., Raimund Tillmann, Provogue und meinen Kollegen Manni für ihre Unterstützung.
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