Mark Knopfler / Kill To Get Crimson
Kill To Get Crimson Spielzeit: 58:00
Medium: CD
Label: Mercury Records (Universal), 2007
Stil: Folk

Review vom 09.01.2008


Grit-Marina Müller
Da ist er wieder! Beinah schon verlässlich genau alle zwei Jahre präsentiert uns Mark Knopfler, der es mit 'Argen Nöten' einmal zu Weltruhm brachte, ein neues Solowerk. "Kill To Get Crimson" ist mittlerweile das fünfte dieser Alben, abgesehen von All The Roadrunning, das er mit der ewigen elfengleichen Silverlady Emmylou Harris aufnahm. Übrigens war selbiges entgegen seinen Erwartungen ein beträchtlicher Erfolg. Überhaupt - vom Ende der Dire Straits, mit letzte Vertreter der vom Aussterben betroffenen Spezies der Rockdinosaurier - schien er nie in irgendeiner Weise Schaden genommen zu haben. Seinen inzwischen ruhigen, edlen, fast eleganten Stil setzt der Ausnahmegitarrist beharrlich fort. Auf den leisen Vorwurf des Wiederholungstäters reagiert Knopfler entspannt und gelassen, weiß seinen eigenen Anspruch als für ihn wesentlichen, wenn nicht einzigen Aspekt seiner Arbeit darzustellen. In tiefer Seele sei er Folkmusiker und genieße es derzeit, diese Bestimmung auch nach Belieben auszuleben. Ähnlich wie sein Kollege und Freund Bob Dylan erspielt er sich damit verblüffender Weise eine ganz neue Fangemeinde quer durch alle Altersschichten unabhängig von Kultur- und Bildungsstand. Es ist 'in', Bob Dylan-Fan zu sein. Und es ist 'in', Mark Knopfler zu hören.
Auffallend fleißig nimmt der 'Sultan of Swing' dennoch gegenwärtig viele umtriebige PR-Aktivitäten, besonders in good old Germany, wahr: Hier ein kleines 'Club-Konzert' im Potsdamer Meistersaal, da eine Ticket-Rabatt-Aktion im neuen CD-Inlet und dort sogar ein Auftritt + Interview in der NDR-Talkshow! Alles etwas über Gebühr für meine Begriffe, aber den Fan wird's freuen. Offensichtlich hat er viel Spaß an seinem Tun. Warum auch nicht.
Zweifellos gelungen ist ihm "Kill To Get Crimson"! Wie geschliffene Diamanten wirft er seine Songs wieder einmal uns trostlosen Gestalten auf der kargen, staubigen Landstraße des Lebens direkt vor die Füße. Als Storyteller allererster Güte und feinster Beobachter, durchstreift und reflektiert der Routinier die unzähligen kleinen, oft unauffälligen Lebensgeschichten vergangener und vergehender Zeiten. Schlüpft in die Rollen seiner verlorenen Seelen. Ist verklärter Romantiker in "True Love Will Never Fade", verträumter Melancholiker in "We Can Get Wild", ist das desillusionierte Herz in "Let It All Go", der Maler, der töten würde für seinen Traum von Purpur, und er tröstet mit sanftem Humor in "Heart Full Of Holes".
Knopfler-typisches Understatement, zum Teil bestechende Einfachheit. Die stets kühle und doch so warme Atmosphäre machen all diese Werke aus. Mit schlafwandlerischer Sicherheit schüttelt der Klangpoet jene Perlen scheinbar aus dem Handgelenk. Dieses Handgelenk wird jedoch in nicht unerheblichem Maße von seiner souveränen, einfühlsamen Band gestützt. Wie aber erreicht man diesen herrlich unaufgeregten, zeitlosen, schönen Sound? Diese Kunst der Einfachheit?
Die wichtigsten und langjährigen Weggefährten Guy Fletcher (keyb. seit DS) und Chuck Ainlay (alltime producer) kommen auf der beigelegten sehr informativen DVD zu Wort: »Man strebe grundsätzlich nicht die durch Computertechnologie heute so weit verbreitete Perfektion an sondern wolle viel mehr eine Art hybrider Form von Musik erschaffen, die losgelöst ist, offen für Einflüsse und einen eigenen Charakter entwickelt«, erklärt Fletcher.
Ainlay beschreibt das 'back to basics'-Prinzip, das Knopfler beim neuen Album in den Vordergrund stellt: einfache Grundformation der Band, nur live gespielte Aufnahmen, keine technischen Sequenzen würden verwendet. Der 58-Jährige selbst begründet den gewissen inhaltlichen Anachronismus sympathisch offen mit seiner Vorliebe für die 50er und 60er Jahre, das Nachkriegsbritannien in dem er aufwuchs, als die Schwester das erste Dylan-Album mit nach Hause brachte.
Ihn interessieren zudem zeitgeschichtlich-kulturell-künstlerische Zusammenhänge, die dann auch mit in seine Szenarien einfließen. Musik- und soundtechnischerseits verhält es sich ähnlich: Er bevorzuge beispielsweise alte deutsche Mikrofone aus den 30er, 40er Jahren, auf deren Qualität er schwört, bekennt Knopfler. So sei es auch bei bestimmten älteren Instrumenten, die er lieber spielt. Gleichzeitig schätze er aber auch die Möglichkeiten eines modernen Aufnahmestudios.
Gesamtheitlich betrachtet, mache die Kombination von Altem und Neuen den Reiz seiner Arbeitsweise aus.
Das ist offenbar die simple und doch diffizile Erfolgsformel des sympathischen Glasgowers. Mit "Kill To Get Crimson" hat Mark Knopfler ein modernes Folkalbum geschaffen, dessen hochwertige Qualität auf traditionell handwerklichen Fähigkeiten und unglaublicher Intuition beruht.
Tracklist
01:True Love Will Never Fade
02:The Scaffolder's Wife
03:The Fizzy And The Still
04:Heart Full Of Holes
05:We Can Get Wild
06:Secondary Waltz
07:Punish The Monkey
08:Let It All Go
09:Behind With The Rent
10:The Fish And The Bird
11:Madame Geneva's
12:In The Sky
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