Der Drummer Martin Krümmling wurde 1984 in Gotha geboren und "The Vision Behind" ist seine erste Platte als Bandleader.
Gleich zu Beginn begleiten mich mehrere Eindrücke und wecken Empfindungen: Musik im Geiste Horace Silvers, gepaart mit Themen des Hard Bop, transportiert ins Jetzt. Der Chef ist hier der Schlagzeuger und so ist er es auch, der seine Crew mit energischem Drive antreibt, dabei stets neue Ideen in der Gestaltung einbringend. Wenn man allein dem Schlagwerk lauscht, bemerkt man die Flexibilität, eine gewisse Ästhetik im Spiel und subtilen Swing. Nicht von der enormen Kraft eines Elvin Jones, sondern eher den ECM-Drummern nahe, wie Jon Christensen als Paradebeispiel.
Die Solistenrolle am Saxofon teilen sich eine Dame und ein Herr. Anna Webber richtet sich im ersten Titel sehr nach den Vorgaben von Krümmling und die beiden bilden eine gut funktionierende Einheit. Mark Turner hebt dann doch etwas mehr, aber noch im Rahmen steckend, ab. Als Anhänger der Avantgarde und des Free Jazz kommen hier dann immer wieder solche Parts, bei denen ich mir die berühmte Explosion wünschte, die einen Solisten einfach in die Galaxie fliegen lässt. Aber hier geht es gesitteter zu - im Vordergrund steht die Schönheit eines Solos. Und das bewerkstelligen beide 'Saxer' wirklich sehr gut. Es wird viel Harmonie verbreitet und das Feeling steht im Vordergrund. Das trifft natürlich auch auf den virtuosen Pianisten zu.
Nach etwa sieben Minuten startet Krümmling im Titelsong dann ein ganz kleines Intermezzo, zu dem sich nach kurzer Zeit das Saxofon gesellt und nahtlos geht man gemeinsam in "Maybe Next Time" über, das somit frei schwebend startet und eine neue Sichtweise eröffnet.
Freies Spiel auf ruhigem Terrain, das sich nach etwa drei Minuten zu einer Ballade wandelt, indem der Bass ein Fundament unterlegt... ganz wunderbar, wie Mark Turner spielt. Die Pianotupfer kommen wie aus dem Nichts und formieren den Titel nun vollends zu einem wundervollen Ganzen. Wie sich eine solche Ballade entwickeln kann, findet man nicht oft und ich kann zu dieser Einspielung nur gratulieren! Ansonsten geht es Richtung Up-tempo und leicht beschwingt mit "Warmer Herbst". Beim einzigen Fremdtitel, von Sonny Rollins, wird das Thema von Anna Webber mit der Flöte geleitet - es scheint mir etwas zurück genommen und passt sich insgesamt perfekt in das Gesamtbild ein.
Zusammenfassend betrachtet wird von Martin Krümmling und seinen Mitspielern kein Neuland betreten. Im Grunde genommen ist das sehr feiner Jazz mit guten Melodien, die von der Band als Kollektiv getragen werden und dezent-subtil von den jeweiligen Solisten weiter entwickelt werden.
"The Vision Behind" ist eine Platte, die angenehm und mit ausgeprägt hohem Niveau in die Ohren geht, dabei immer wieder mit einem leichten Ausblick auf die nicht gewöhnliche und gewohnte Gestaltung des Genres Jazz - also, wohl gemäß des Titels, "The Vision Behind"?
Line-up:
Anna Webber (sax, flute -#1, 5-7)
Mark Turner (sax -#2, 3, 6))
Can Olgun (piano)
Desmond White (bass)
Martin Krümmling (drums)
Tracklist |
01:Where Do We Go From Here
02:The Vision Behind
03:Maybe Next Time
04:Warmer Herbst
05:Pent Up House
06:…und es kam anders…
07:Wenn ich nur wüsste
(all compositions by Martin Krümmling, except #5 by Sonny Rollins)
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