Nachruf / Zum Tod von Paul Kuhn
R.I.P. Geb'n se dem Mann am Klavier
Noch en Bier, noch en Bier
Sagen sie ihm, s'wär von mir
S'wär von mir, s'wär von mir.
Spielen soll er mir dafür
Mir dafür, mir dafür
Das Lied von dem Mann am Klavier
Dann kriegt er von mir
Dafür noch en Bier.

Nachruf vom 26.09.2013


Wolfgang Giese
Paul 'Paulchen' Kuhn (12. März 1928 - 23. September 2013)

Paul Kuhn und damit ein Urgestein deutscher Musikgeschichte ist gestorben. Er lebte vom 12. März 1928 (Wiesbaden) bis zum 23. September 2013 (Bad Wildungen). War er nun vorrangig Sänger, Pianist oder Bandleader? Nun, das war unterschiedlich - nach seiner Ausbildung am Konservatorium und nachdem er in den vierziger Jahren den Jazz entdeckte, war er zunächst als Pianist aktiv. Später, in den Fünfzigern - mit dem Aufkommen des Deutschen Schlagers - wandelte er sich zum Sänger. Wer kennt sie nicht, die Songs "Der Mann am Klavier" oder "Es gibt kein Bier auf Hawaii"?
Ab 1968 wurde ihm die Leitung der Bigband des Sender Freies Berlin (SFB) übertragen und er arrangierte deren Stücke. Mit dieser Band war er oft zu Gast in vielen bekannten Fernsehsendungen, allerdings beschränkte sich die Musik eher auf Tanzmusik. Nach deren Auflösung blieb er mit weiteren Formationen dieser Musik treu, bis er sich Mitte der Neunziger erneut dem Jazz zuwandte und den Kreis damit schloss.
Unter anderem arbeitete er unter dem Begriff 'Swing Legenden' mit Max Greger, Hugo Strasser und der SWR-Bigband zusammen. Seinen großen Traum erfüllte er sich schließlich, als er im November 2011 in den Capitol Studios von Los Angeles mit den beiden Jazzmusikern John Clayton und Jeff Hamilton ein Trio-Album einspielen konnte. Hier bewies er auch mit seinen Eigenkompositionen, welches Können in ihm steckte. Sein Pianospiel wirkte locker, leicht und voller Leidenschaft. Ja, und wahrhaft swingen konnte er im Umkreis dieser Profis.
Vielleicht mögen ihm einige Jazzer Verrat vorgeworfen haben, doch wie bei vielen anderen Jazzmusikern ging es ganz einfach ums Überleben und mit Jazz war hierzulande eben kein geregeltes Einkommen zu erzielen. Hierzu ist es interessant, einmal einen Blick auf das Line-up einer Band zu werfen, die anlässlich des ersten deutschen Jazzfestivals, am 3. Mai 1953, in Frankfurt/Main auftrat. Hier versammelte sich eine deutsche All Star Band mit Hans (James) Last am Bass und Pianist Paul Kuhn, dazu Max Greger am Tenorsaxofon, ebenso wie Günther Fuhlisch (Zugposaune), Fred Bunge an der Trompete, Franz von Klenck am Altsaxophon, Gerd Hühns an der Gitarre und Teddy Paris am Schlagzeug.
Die Frage stellt sich nun, was wäre geworden, wenn sich die Jazzbegeisterten nach Amerika abgesetzt hätten? Wäre ihnen angesichts der dortigen Konkurrenz ein Erfolg beschieden gewesen? Ob man Paul Kuhn und/oder seine Musik nun mochte oder nicht, für mich bleibt der Mann mit der Zahnlücke und dem Dackelblick stets ein Bestandteil der deutschen Musikszene!