Richie Kotzen
The Return Of Mother Head's Family Reunion
The Return Of Mother Head's Family Reunion Spielzeit: 53:00
Medium: CD
Label: Frontiers Records, 2007
Stil: Rock

Review vom 17.10.2007


Jürgen B. Volkmar
Über Richie Kotzen noch Worte zu verlieren, ist eigentlich wie Perlen vor die Säue werfen. Im zarten Alter von Sieben, mit der Klampfe in der Hand aufgewachsen, wurde er alsbald zum Gitarren-Shooting-Star gewählt. Stationen bei Mr.Big und Poison, sowie einige Solo-Alben krönten seinen Weg als einer der besten Gitarristen dieses Planeten.
Auf dieser Neuerscheinung frönt er mit aller Deutlichkeit seinem Faible für Rock mit Bluescharakter und leichten Funkuntertönen. Eines seiner Markenzeichen ist, dass alles so klingt als ob es keine besondere Kunst ist, die Akkorde in dieser Form aufzureihen. Weit gefehlt, denn was so lässig aus den Boxen dröhnt, ist die höhere Kunst des Saitengreifens. "Go Faster", der Opener, zeigt, in welche Richtung sich die Spirale dreht.
Energetischer und druckvoller Rock mit zartem Funkbesatz, leicht kurvig und mit souliger Stimme, die manchmal an frühe Motown-Produktionen erinnert und das alles mit einer derartigen Lockerheit und Coolness serviert, dass es einfach Spaß macht. Über die Stilrichtung mag man streiten, ist es nun Rock oder nicht. In "You Know That" werden melodische Refrains von Wah Wah-Attacken unterbrochen und rhythmisch zu einer absoluten Soulnummer verbraten, bei der man sich an Rare Earth erinnert fühlt. Im besten Midtempo-Stil wird "Fooled Again" als Dance Pop präsentiert, treibende Chorgesänge, die der Gitarrengenius in brillante Refrains einbettet. Emotional und derart fragil besticht "Faith" mit einem Dancefloorfeeling, dass man sich fragt, ist R. Kotzen die große, weisse Soulhoffnung? Vielleicht liegt hier auch die Problematik dieses Allroundkünstlers: Man weiß einfach nie, wo er hinsteuert. Was er macht, macht er perfekt und darin liegt vielleicht die Tragik dieses Ausnahmekünstlers, er tanzt auf zu vielen Hochzeiten. Die Puristen unter den vielen Musikstilanhängern verzeihen es nicht, wenn sich ihre Idole nicht zuordnen lassen, daher immer noch der Geheimtipp-Status in unseren Breiten.
Wäre Herr Kotzen nicht Gitarrist geworden, als Sänger hätte er auf jeden Fall ein Auskommen gehabt. Es gibt wirklich Wenige, die gleichzeitig noch eine derart ausdrucksvolle Stimme besitzen. Auf "Bad Things" weiss man nicht, was man mehr bewundern soll, die formidable Gitarrenarbeit oder die stimmlichen Qualitäten. Eine Hookline auf der Bluestastatur, bei der die grandiosen Licks sprudeln wie die Bergbäche. Ein Highlight, das mit kompositorischer Intensität punktet. Auch auf "Dust" bekommt die Bluesseele zusätzlich Vollwertkost. Street Blues, der sich mit markanten Soli, wie siedend heißes Öl auf der Herdplatte verteilt. Die Luft vibriert von der Hitze dieses Nackenhaaraufstellers. Wie die Girlanden winden sich die Licks auf dem trockenen Asphalt der Blues Alley und fräsen sich in die Gehörgänge.
Herzschmerzballaden wie "Chase It" sorgen mit ihrer sparsamen, stromlosen Artikulierung für die stimmungsvolle Abrundung auf diesem emotionalem Album. Dass er auch die Partyrock-Knaller im Gepäck hat, stellt er mit "Do it Yourself" in modernster Weise unter Beweis. Tempo und eingängiger Rhythmus, gepaart mit charismatischer Sangeskunst, kennzeichnen diesen Track. Mangel an Abwechslung kann man dem Interpreten wirklich nicht vorwerfen.
"You're Crazy", in Klänge gebrachte Melancholie, überzeugt mit dezenten Pianoparts und entwickelt sich zum Überohrwurm. Ideenreichtum und Taktmuster, die sofort das Immunsystem des Zuhörers anfallen, wie im abschließenden "Can You Feel it", das mit anfänglichen Boogie-Klängen, ZZ Top-Verwandtschaft bekundet und dann zu einem Stromgitarrenkontest ausartet, dominieren das neue Werk des Telecaster-Slingers. Wer komplexe Songs mit tollen Grooves liebt, ist bei diesem toparrangierten und -produzierten Album, an der richtigen Stelle. Ein Intermezzo moderner Kompositionskunst auf dem Boden virtuoser Instrumentalarbeit und das alles mit viel Hingabe lupenrein auf den richtigen Nenner gebracht.
Tracklist
01:Go Faster
02:You Know That
03:Fooled Again
04:Faith
05:Bad Things
06:Dust
07:Chase It
08:Do It To Yourself
09:Your Crazy
10:Feed My Head
11:Can You Feel It
12:Drift (Demo Version Euro Bonus Track)
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