Vibraphon, das geht bei mir grundsätzlich mit zwei Namen einher, mit Lionel Hampton und Gary Burton - irgendwie 'klebt' man an diesen beiden Namen.
'Erzählende Hände', so lautet der Titel dieser ersten Platte des in Berlin lebenden Musikers, in Kooperation mit der Kanadierin Anna Webber an Saxofon und Flöte, doch was erzählen diese uns? Lasse ich meinen Gedanken und Empfindungen während des Eröffnungstitels freien Lauf - und dazu animiert die Musik wirklich - sich fallen zu lassen, dann fallen mir folgende Ausdrücke auf das Papier: Frei und gelöst, unkonventionell zwischen Tradition, dem New Thing der Sechziger, akademisch korrekt klingend, aber auch mal zaghaft bis engagiert ausbrechend, den Rhythmus unterbrechend, sich keinen Konventionen verschrieben fühlend, sondern einfach frei und ungezwungen, frisch, innovativ, erzählend, rhythmisch, geschmackvolles Zusammenspiel als perfekt funktionierende Einheit aller beteiligten Musiker.
Als Solo- und Rhythmusmusiker vermag Simon Kanzler zu gefallen. Im Zusammenspiel mit der Rhythmusgruppe ebnet er seiner engagiert aufspielenden Kollegin den Weg für kreatives Spiel. Im Solospiel bricht er nicht sehr aus, sondern bewegt sich mit eher poetischer Gestaltung der Töne auf ruhigerem Terrain. Dabei spielt er ganz anders als die oben genannten berühmten Kollegen. Sein Sound ist perkussiver, seine Klanggestaltung lässt aufhorchen. Dabei fließen neben Jazzelementen auch Ansätze aus der E-Musik ein und verschmelzen zu diesem schönen Sound. Aber auch Bass und Schlagzeug bringen sich ein und lassen wissen, dass sie etwas zu sagen haben. Brillant agieren sie und machen sich unentbehrlich, bereits nach zwei Titeln ist das sicher. Da wird auch schon einmal an den Becken gestrichen, wie der Bass auch, da dienen beide Instrumente nicht allein der Rhythmusgestaltung, sondern unterstützen das Gesamtkonzept vorbildlich.
Hier ist Musik entstanden, die auf ihre Weise anders ist - diese Kombination ist prickelnd. Ständig wird diese Suppe am Kochen gehalten, ständig werden Spannungsbögen aufgebaut, um zu ergänzen, zu minimieren, zu variieren. Diese vier Musiker bilden eine nicht oft zu erlebende Einheit. Sehr angetan bin ich vom Spiel der Saxofonistin, die alle Spielarten von zart bis explosiv auf gefühlvolle und einfühlsame Weise beherrscht, dabei auch durchaus rau und schräg klingen kann. Überall stoße ich auf Präzision, auf unerwartete Zwischentöne, auf spontane Innovation. "Talking Hands" ist eine Vibraphonplatte der anderen Art, eine wichtige Ergänzung aller mit diesem Instrument eingespielten Platten. Der 'Joker' ist für mich jedoch klar Anna Webber, die diese ohnehin hervorragende Platte noch im Wert steigen lässt.
Dabei ist der Weg noch frei für mehr. Es gibt sicher noch Türen, die sich öffnen lassen, noch mehr Freiheit und Improvisation wären dann die nächsten Schritte, die vielleicht live diese Spielwiese dazu hätten - Platz und Spielwitz sind jedenfalls vorhanden.
Line-up:
Simon Kanzler (vibes, composition)
Anna Webber (tenor sax, flute)
Igor Spallati (bass)
Tilo Weber (drums)
Tracklist |
01:Catch The Fly (6:23)
02:Lost In Space (5:50)
03:Silence I (1:18)
04:Talk (5:54)
05:Shadows I (5:50)
06:Two Birds' Flirt (4:36)
07:In Motion (8:52)
08:Silence II (1:20)
09:Pitch-And-Toss (4:32)
10:Slow Piece (8:33)
11:Shadows II (2:47)
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Externe Links:
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