Ted Russell Kamp / 16.05.2012
Schwarzer Bär, Wilhelmshaven
Ted Russell Kamp Ted Russell Kamp
Schwarzer Bär, Wilhelmshaven
16. Mai 2012
Konzertbericht
Stil: Americana


Review vom 29.05.2012


Wolfgang Giese
Ted Russell Kamp Hierzulande weniger bekannte Musiker aus den Vereinigten Staaten von Amerika haben es in Europa gar nicht immer so leicht, Auftrittsmöglichkeiten angeboten zu bekommen. Der Profimusiker Ted Russell Kamp aus Los Angeles, der schon mit namhaften Musikern der Independent Rock-Bewegung zusammenspielte, allen voran Shooter Jennings, dem Sohn von Waylon Jennings und Jessi Colter, unter anderem auch als Bassist für Tony Joe White arbeitete und zusammen mit den Jayhawks auftrat, hatte uns Wilhelmshavenern nun die Chance eröffnet, von seinem musikalischen Reichtum zu profitieren. Erneut war es der Besitzer der Musikkneipe 'Schwarzer Bär', Jens Gathemann, der sich diesem Angebot als Einziger in der Region nicht verschloss und sogar einen Termin kurzfristig umlegte. An dieser Stelle einen Dank an ihn, natürlich auch im Namen von Ted.
Dennoch zogen es die wahrscheinlich nicht an guter Musik interessierten Einwohner vor, lieber anlässlich eines gleichzeitigen stattfindenden Open Air-Konzerts einer regionalen Coverband zu lauschen - irgendwie stimmt mich so etwas sehr traurig. Doch sollte das dem musikalischen Großereignis keinen Abbruch tun. Auch Ted nahm es ganz locker, indem er auf eine Politik der kleinen Schritte hinwies. Die wenigen Zuschauer, die an dem Abend anwesend und zufrieden waren, würden diese Kunde hoffentlich positiv weiter verbreiten und bei seinem Ted Russell Kampnächsten Auftritt sei mit einem Zuschauerzuwachs zu rechnen. Bis er schließlich irgendwann einmal vor vollen Häusern spielen könne, so wie in Finnland, wo ein Radio-DJ des finnischen Rundfunks mit viel Werbung erfolgreich arbeitete und so eine gewisse Popularität des Künstlers erreichte. So möchte ich natürlich mit dieser Konzertbesprechung dazu beitragen, die Kunde von guter Musik weiter zu transportieren, zumal Ted sich etwa alle sechs bis acht Monate in Europa, darunter auch in Deutschland, aufhält. Vielleicht kann auf diese Weise das Interesse für kommende Konzerte geweckt werden. I'll do my very best, Mr. Kamp, to spread the news about your wonderful music!
Zwei lange Sets bot Ted Russell Kamp, bei einigen Songs wechselte er von der Akustikgitarre zum Fender Bass. Erstaunlich, wie rhythmisch man ein Lied nur durch Einsatz des Basses mit dem Gesang dazu gestalten kann. Ein Titel war sehr jazzig und brachte die Seele ins Swingen. Wenig verwunderlich, denn Ted startete seine musikalische Karriere als Jazzbassist und kann auf ein großes Maß an Erfahrung zurückblicken. Dieser Jazzeinfluss ist grundsätzlich bei ihm nicht von der Hand zu weisen, obwohl kein einziger typischer Jazztitel dabei war. Vielmehr ist es sein persönlicher Ausdruck der Americana-Bewegung, die seine spezielle Musik prägt. Wenn die hart angeschlagene Gitarre sehr perkussiv klingt, so erkennt man schnell die Fingerfertigkeit, mit der der Künstler seine Feinheiten in das rhythmische Geflecht einbaut. So entsteht durchaus das eine oder andere Mal der Eindruck, ein Begleitgitarrist würde mitspielen. Rhythmus, Melodie, Harmonie in einem straffen Arrangement zusammengefasst, bilden ein ideales Gerüst, auf dem sich die oft Ted Russell Kamppoetischen Texte entfalten können. Auf meine Frage nach möglichem autobiografischem Inhalt erklärte mir der Musiker kurz und knapp, seine Texte entstünden aus der Betrachtung von »If - Then« und würden auf diese Weise viel Philosophie beinhalten - kein Wunder, hat er dies doch einst studiert.
Wie dem auch sei, es war ein lebhaftes Konzert und noch einige Male packte Ted seinen Fender Bass aus und zeigte auf beeindruckende Weise, wie man - nur mit Bass und Stimme bewaffnet - einen packenden Song gestalten kann. Neben fast ausschließlich eigenen Songs aus seinen bisherigen Platten gab es unter anderem Cover-Versionen von Bob Dylan, "Simple Twist Of Fate", (in einer mich beeindruckenden Version) und von Elton John den Titel "Honky Cat". Sehr beeindrucken konnte mich auch der Song "Long Distance Man", den T.R. inspiriert durch den "Long Distance Call" von Muddy Waters geschrieben hatte. Und so schlich sich in diese abgespeckte Interpretation ein Hauch Blues ein, der mich tief im Innern berührte. Würde ich den kraftvollen Ausdruck vieler Beiträge kurz und knapp beschreiben wollen, fiele mir spontan der Begriff 'wilde und ungezügelte Leidenschaft' ein. Ja, das war es, was die Musik des Künstlers oft ausstrahlte.
Ted Russell Kamp Daneben schien ihm auch der Kontakt zum Publikum wichtig zu sein, denn er versuchte das eine oder andere Kurzgespräch aufzubauen, was unter anderem darin gipfelte, dass er uns die ganze Geschichte von Gram Parsons erzählte - bis hin zu den mysteriösen Umständen seines Todes. Anschließend präsentierte er uns dann den Titel "Sin City" auf ungewöhnliche Art mit Bassbegleitung. Insgesamt und rundum also eine reduzierte Version dessen, was man heute unter 'Americana' versteht, inklusive der Vorstellung verschiedener Quellen, zum Beispiel in Form der Musik eines Buck Owens im Bakersfield-Stil. Ted Russell Kamp ist ein ungewöhnlicher Künstler, der einen breiten Bogen vom Einst zum Jetzt spannen kann und dieses auch eindrucksvoll vorstellte.

An dieser Stelle daher noch einmal mein Dank an Jens Gathemann und an Karsten Hoeft vom lokalen Radiosender 'Radio Jade', der einen Abend später noch ein Special mit dem Künstler sendete, das vielleicht alle die sich ärgern ließ, die dieses Konzert nicht wahrgenommen hatten. Aber Ted will wiederkommen - sogar nach Wilhelmshaven!
Line-up:
Ted Russell Kamp (vocals, acoustic guitar, electric bass)
Externe Links: