Volker Kriegel lebte von 1943 bis 2003 und gilt als einer der besten Jazzgitarristen Deutschlands. Im Alter von sechzehn Jahren soll er sich das Gitarrespielen selbst beigebracht haben und seit etwa 1964 war er mit eigener Formation oder anderen Bands unterwegs. Einige Stationen in Verbindung mit bekannten Namen der deutschen Jazzszene waren
Albert und
Emil Mangelsdorff sowie
Klaus Doldinger. Mir selbst fiel er erstmal auf, als er Mitglied der
Dave Pike Set war, zwischen 1968 und 1973.
Während dieser Zeit lernte er bereits, sich von starren Schemen des Jazz zu lösen und sich anderen Richtungen zu öffnen.
Die auf der vorliegenden CD versammelten Aufnahmen stammen allesamt aus dem Jahr 1968. Davon umfassen die ersten sieben Titel die seinerzeit veröffentlichte Langspielplatte "With A Little Help From My Friends". Die Bonustracks sind alles Liveaufnahmen, entweder vom 11. Deutschen Jazz Festival Frankfurt oder aus dem Jazzhouse Hamburg (die Titel 13 und 14).
Auffällig ist, dass zwei Songs der
Beatles vertreten sind. Vielleicht ist das dem Umstand geschuldet, dass seinerzeit einige populäre Jazzer auf Drängen ihrer Produzenten eine Annäherung an den Popmarkt vollzogen. Bestes Beispiel war damals hierfür der Gitarrist
Wes Montgomery, dessen Musik sich dadurch fast vollständig veränderte. Wie steht es hier mit den Coverversionen? Nun, im Gegensatz zu den oft zugekleisterten Versionen anderer Jazzer steht hier eindeutig der Jazzcharakter im Vordergrund. "With A Little Help From My Friends" swingt in bester Jazzmanier und "Norwegian Wood" erhält ein dezentes Latin-Flair und klingt überhaupt nicht nach kommerzieller Anbiederung.
Kriegel mit seinem klaren Gitarrenton hört sich bei diesem Titel ein wenig wie eine Mischung von
Jim Hall und
Gabor Szabo an. Ansonsten zeigt er uns mit seinem typischen Ton auf, wie diszipliniert er spielen konnte. Es klingt rund, sehr flüssig und fließend, dazu mit einer gewissen Wärme im Ausdruck ausgestattet. Er intonierte zupackend, energisch und die Mitspieler antreibend. Am besten kommt dies in den ersten vier Titeln zum Tragen, die als Trio eingespielt wurden.
Die nachfolgenden drei Quartettaufnahmen strahlen eine ganz andere Atmosphäre aus. Zunächst durch das sehr ruhige "Morandi", das einen leichten Hang zur spanischen Musik aufweist und zudem die Anreicherung durch einen Vibraphonisten und obendrein den etwas anderen Gitarrenklang von Kriegel. Ganz mitreißend wird es mit "Na Na Imboro", bei dem er besonders von Baumeister am Schlagzeug energisch begleitet wird. Aber auch "Interpunctuation" ist ein sehr lebendiger und frisch wirkender Titel, der voller Energie strotzt und im Nachhinein zeigt, welch großartige Musik seinerzeit bereits hierzulande produziert wurde. Insofern ist es sehr zu begrüßen, diesen Schatz gehoben zu haben!
Kommen wir nun zu den Liveaufnahmen, die nach der kurzen und kräftig swingenden Einleitung zunächst in ruhiges Fahrwasser mit "Vian-De" gelangen.
Claudio Szenkar prägt diesen Song mit seinem Vibraphon sehr stark und verleiht ihm eine fast schon verträumte Atmosphäre. Beim traditionellen "Na Na Imboro" hören wir noch zusätzlich Gustl Mayer am Saxofon, elegant treibt das Stück voran. Der Saxer bekommt beim nachfolgenden Track noch Unterstützung durch Tony Scott an der Klarinette. Genau, dieser hier noch energisch spielende Bläser, der später eher durch seine Meditationsplatten von sich reden machen sollte. Das waren dann also die Aufnahmen aus Frankfurt und zum Schluss noch zwei Titel, die in Hamburg aufgezeichnet wurden, die klanglich leider ein wenig zu den anderen Livetiteln abfallen, weil sie ein wenig dünn im Sound sind. Dafür bescheren sie uns eine über vierzehn Minuten lange Version des bereits auf der Studioplatte längsten Stücks. Hier wächst Mayer ein wenig über die ansonsten gepflegte Spielweise hinaus und bricht auch einmal aus.
Kriegel selbst ist auf der ganzen Platte durchgehend souverän und festigt seinen ganz eigenen Stil - ein Stil, der ihn von anderen Gitarristen unterschied. Der Wiedererkennungswert war ein hoher und sollte sich in seinen nachfolgenden Produktionen noch steigern. Das ist heutzutage leider nicht mehr unbedingt der Fall.
Fazit: Eine hervorragende und begrüßenswerte Wiederveröffentlichung, bei der auch die Bonustracks große Freude bereiten.