Was kann einen dazu bewegen, sich an einem nasskalten Winterabend in einen Bus zu schmeißen, um in drei Stunden von Berlin nach Hamburg zu fahren? Sicher, Hamburg hat an Kulturellem viel zu bieten, doch für Freunde des Blues Rocks hatte Uwe Mamminga, der Betreiber des Downtown Bluesclubs, ein Sahneschnittchen verpflichtet. Aynsley Lister war wieder mal angesagt! Den hatte ich schon im letzten Jahr in Hamburg genossen und bereits 2006 beim Blues Caravan zusammen mit Ian Parker und Erja Lyytinen bestaunen dürfen.
Die im Vorfeld als Geheim-Tipp gehandelte Jay Tamkin Band sollte als Support die Meute schon mal in allerbeste Stimmung versetzen. Doch leider kam es zu einer kurzfristigen Absage! Doch Mamminga wäre nicht Mamminga, wenn er nicht immer einen Joker im Ärmel hätte. Diesen tauschte er diesmal für Maks And The Minors ein, eine einheimische Band, über deren Stil ich im Laufe ihrer Präsentation nicht so richtig schlau wurde. Die Hamburger Fans kannten sich da besser aus und konnten zum Teil auch die Songs mitzwitschern. Mittig platziert wirbelte Frontmann Max Kretzenbacher über die Bühne, dass mir Angst und Bange wurde, doch zum Glück konnte er die Bretter wieder unfallfrei verlassen. Klasse aber, wie er bei zwei Stücken sein befähigtes Können an der Gibson SG demonstrierte. Das Gitarrenspiel gefiel mir jedenfalls besser, als seine Gesangseinlagen. Diese wurden größtenteils so heftig und lautstark vorgetragen, dass sogar mein Kumpel Andi auf Ohropax zurückgreifen musste, wovon er sonst eigentlich nie Gebrauch macht! Auch hier wäre weniger mehr gewesen.
Nun gut, nach einer Stunde des Vorglühens wollten die Anhänger des Blues endlich einen Gitarrenwirbel der englischen Art erleben und Mamminga ließ es sich nicht nehmen, Aynsley Lister persönlich vorzustellen. An dieser Stelle muss ich den Hamburger Blues-Pabst noch mal ausdrücklich lobend erwähnen, der seine Künstler generell immer persönlich ankündigt. Diese Wertschätzung wird von den Musikern wohlwollend aufgenommen, so dass sie immer wieder unheimlich gern bei ihm spielen. Was sollte es noch für Gründe geben, dass so viele großartige Bands fast jedes Jahr im Downtown ihre Visitenkarte abgeben und Berlin völlig außer Acht lassen?
Als in Windeseile die Bühne vom Equipment der Vorband bereinigt war, betrat ein äußerst lässiger Lister die Bühne, um seine Klampfen zu stimmen. Sofort fiel mir sein Shirt auf, das mit dem geilen Aufdruck »I Love Girls, That Love Girls« bedruckt war. Ob es da nicht so manchem weiblichen Fan warm ums Herz wurde? Irgendwie gar nicht so abwegig, beim Anblick des smarten Gitarren-Boys. Nach und nach folgten ihm mit Midu Guerreiro eine attraktive Bassistin, mit Simon Small ein sehr schlanker Drummer und mit… Moment, den kenn ich doch! Genau! Keyboarder Morg Morgan auf die Bühne! Auch den hatte ich schon 2006 beim Blues Caravan gesehen, damals allerdings noch an der Seite von Ian Parker.
Als der Soundcheck erledigt, die Getränke für die Bandmitglieder an den richtigen Stellen postiert und Mamminga seine übliche Ansage vollzogen hatte, eröffnete die Band das Konzert. Erfreut stellte ich fest, dass der Sound optimal ausgesteuert war, viel besser als im letzten Jahr, als Aynsleys Gesang unter seinem Gitarrenwirbel zum Teil fast unterging. Logischerweise wurden einige Tracks von seinem neuen Album "Equilibrium" ("Soul", "Time's Up", "What's It All About", "Hurricane") vorgetragen, die allesamt bei den Fans hervorragend ankamen! Neben seinem unvergleichlichen Gesang, der diesmal richtig anturnte, konnten sich die Anwesenden an der außergewöhnlichen Gitarrenarbeit ergötzen. Egal ob Slow-Blues oder reine Blues Rock-Nummer, Aynsley variierte nach Belieben. Auch als Slide-Gitarrist auf einer Halb-Akustik (vom Korpus her, würde ich auf eine alte Framus tippen), überzeugte er voll und ganz.
Aber auch Tracks aus vergangenen Tagen wurden nicht außer Acht gelassen und ebenfalls vom Publikum dankbar aufgesogen. Plötzlich und kaum vernehmbar, meinte er im perfekten Hochdeutsch »Wir machen Folgendes« und warf den Prince-Klassiker von 1984 "Purple Rain" in die Menge. Diesen Song zelebrierte er so gut, dass wohl auch Prince selbst seine helle Freude daran gehabt hätte. Dementsprechend zollten die Fans den gebührenden Applaus und die Stimmung wurde immer besser. Leider gab es aber auch zwei, drei Störenfriede, die der Meinung waren, immer irgendeinen sinnlosen Kommentar in Richtung Bühne feuern zu müssen. Wirklich unpassend und störend. Aber insgesamt ließen sich weder die Band noch die restlichen Zuhörer die gute Laune vermiesen.
Ein weiterer Höhepunkt wurde mit "Hush" ( Deep Purple 1968) geboten. Dieser Rock-Oldie ist natürlich Ideal, um die Meute zum Mitsingen des Refrains zu animieren. Die Fans taten der Band den Gefallen und sangen kräftig, rhythmisch klatschend, mit. Lister verstand es, bei den gecoverten Songs immer seine persönliche Note mit einzubringen, damit hörten sich diese Songs immer sehr interessant an. Obwohl Aynsley natürlich im Mittelpunkt des Geschehens stand, gefiel mir Midu Guerreiro nicht nur optisch an den dicken Saiten. Während der Show wechselte sie mehrfach zwischen einem vier- und einem fünfseitigen Bass hin und her. Morg Morgan kam mit einem recht bescheidenen Keyboard aus und versuchte, ab und zu die Tonvorlagen seines Chefs nachzuspielen, was ein schwieriges Unterfangen war. Der 23-jährige Simon Small beackerte fehlerfrei seine Felle und schloss damit den Kreis einer sehr harmonischen Rhythmus-Fraktion! Nachdem die Messe gelesen war, gönnten wir uns erstmal ein schöne 'Pilsette' und ließen den Gig geistig noch einmal Revue passieren. Mit allerbester Hochstimmung wurde noch gefachsimpelt und alle waren sich einig, dass Aynsley Lister auch zukünftig immer fett auf unseren Tourplan unterstrichen wird.
Unseren herzlichsten Dank möchte ich an dieser Stelle an Uwe Mamminga für die problemlose Akkreditierung aussprechen und auch unsere Gastgeber, Andi und Katrin, besonders erwähnen, die uns nicht nur ein Bett zur Verfügung stellten, sondern am folgenden Morgen noch für ein üppiges Schlemmer-Frühstück sorgten!
Line-up:
Aynsley Lister (guitar, vocals)
Midu Guerreiro (bass, backing vocals)
Morg Morgan (keyboard)
Simon Small (drums)
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