Der junge Brite wurde unlängst zum besten Nachwuchsgitarristen der Insel gewählt und selbst ein Walter Trout schwärmt von ihm in den höchsten Tönen.
Bereits im zarten Alter von 18 Jahren tourte Aynsley mit einer eigenen Band und hat schon mit solchen Bluesgrößen wie Buddy Guy, Bernard Allison, Robert Cray und natürlich auch Walter Trout, der ja bekannt dafür ist, junge Blueser zu fördern, gespielt.
Obwohl Blues und Bluesrock nun wirklich nicht gerade die Art von Musik ist, welche für Höhenflüge in den Charts prädestiniert ist oder im Mainstream-Pop-Superstars-Radio bzw. Musik-TV hoch und runter gespielt wird, gibt es doch immer noch eine recht rege Bluesszene mit jungen und begabten Talenten, wie z.B. Jonny Lang, Kenny Wayne Shepherd, Ian Parker und eben auch Aynsley Lister.
Nur erfährt die breite Öffentlichkeit darüber leider herzlich wenig.
Das Album "Live" wurde auf dem Crossroads-Festival des "WDR-Rockpalast" im März 2004 in der "Harmonie" in Bonn aufgenommen.
Es spiegelt die dort herrschende Atmosphäre wieder, man merkt geradezu, die Band fühlt sich wohl und kann ihrer Spontanität freien Lauf lassen.
Eröffnet wird mit zwei akustischen Songs: "Aeroplane Blues" und "As The Crow Flies". Danach stöpselt Aynsley die "Elektrische" ein und mit der 18jährigen Sarah Jones, die die Felle bearbeitet, als hätte sie noch nie in ihrem Leben etwas anderes getan, sowie dem Bassisten James Townend wird "Say Goodbye" auf die Anwesenden losgelassen, wie ein Hurrican. Ein echter Knaller.
Auch die nächsten Songs "Balls Of Steel" (ein astreiner Boogie übrigens), "Snake" oder auch "Everything I Need" stehen diesem mit ihren brachialen, stark nach vorn treibenden Riffs keinesfalls nach und lassen die Boxen beben.
Was dann folgt, ist das wunderschöne, über 7minütige "Angel 'O' Mine", eine Ballade mit Gänsehautfeeling. Dominierend auch hier die variable Stimme Aynsleys. Beendet wird das Stück mit einem fulminanten Gitarrensolo, bei welchem er sich richtig austoben kann, ohne sich dabei in reinen technischen Frickeleien zu verlieren.
Wenn man glaubt, nun wird einem eine Pause gegönnt, hat man sich gründlich getäuscht.
Schon wird uns der nächste Kracher um die Ohren gehauen, dass es raucht!
"Now You´re Gone" rumst gewaltig und lässt die Gitarren wieder mächtig glühen.
Als wohltuend empfinde ich, dass sich Mr. Lister nicht in ein enges Blues-Korsett pressen lässt, sondern seine Songs in ein modernes Soundgewand verpackt. So zum Beispiel auch bei "Take Me To The River", einem Al Green-Song, dem Lister seine eigene Note verpasste.
Nichts wirkt verkrampft, die Songs haben alle Ass-Kickin Qualität und werden mit einer beneidenswerten Fröhlichkeit und Lockerheit rübergebracht.
Man nimmt der jungen Band die ehrliche Spielfreude voll und ganz ab.
Der Mann gönnt sich und seinen Mitstreitern aber auch keine Pause, treibt sie ständig zu Höchstleistungen an.
"Runnin' Out On Me" wirkt mir dann leider etwas zu verspielt. Ein paar technische Schnörkeleien weniger hätten dem Song besser zu Gesicht gestanden. Aber auf einem "Live"-Album ist das verzeihlich.
Endlich kommt man bei "Sometimes It Gets To Me" wieder zum Luft holen, es wurde einen Gang zurückgeschaltet, man hat ganze 10 Minuten Zeit, um sich von Aynsleys Gitarren-Höllenritt auszuruhen und den Song auf sich wirken zu lassen.
Auch "Soundman" ist ein feines Stück, in welchem die variable Stimme des Gitarreros voll zum tragen kommt. Mit viel Inbrunst, ja regelrecht melancholisch bringt er das Stück seinen Zuhörern nahe. Im Mittelteil arbeitet er ein feines, sehr zurückhaltendes Gitarrensolo ein. "Soundman" hat einfach Ohrwurmqualität.
Noch einmal brachial verabschiedet sich Mr. Lister mit "Fallin' Down" von seinem Publikum. Beginnend mit einem astreinen Gitarrensolo erfährt das Stück immer mehr an Geschwindigkeit. Er lässt dabei die Finger über die Saiten flitzen und so manchen seiner Vorbilder dabei mächtig alt aussehen, im wahrsten Sinne des Wortes.
Aynsley Lister ist noch sehr jung und entwicklungsfähig. Es ist abzusehen, dass er bei diesem Potential seinen Weg gehen wird. Hoffen wir, das er sich kommerziell nicht verbiegen lässt - es wäre schade für die Bluesszene.
Fazit: Für alle Anhänger des Gitarrenrock ist "Live!" auf jeden Fall eine Kaufempfehlung
Anspieltipps: "Say Goodbye", "Angel 'O' Mine", Take Me To The River", "Soundman".
Unser Dank geht an Ruf Records für die Bemusterung mit dieser CD.
Spielzeit: 80:17, Medium: CD, Ruf Records, 2004
01:Aeroplane Blues 02:As The Crow Flies 03:Say Goodbye 04:Balls Of Steel 05:Snake 06:Everything I Need 07:Angel 'O' Mine 08:Now You´re Gone 09:Take Me To The River 10:Rnnnin´ Out On Me 11:Sometimes It Gets 2 Me 12:Soundman 13:Fallin´ Down
Ilka Czernohorsky, 09.12.2004
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