
Mein Kollege und Mister Zuverlässigkeit in Person,
Holger Ott, stand mal wieder mit seinem Gefährt überpünktlich vor meiner Haustür und so fuhren wir gemeinsam ins Quasimodo, um uns mit Blues in Form von
Lyytinen und
Meena verwöhnen zu lassen.
Erja Lyytinen hatte ich in den vergangenen Jahren mehrmals bei
Thomas Rufs alljährlichem Blues-Caravan live erleben dürfen. Schon 2006, an der Seite von
Aynsley Lister und
Ian Parker, beeindruckte mich die Slide-Gitarristin, und zwar mehr an der Klampfe als mit ihren Gesangsvorträgen.
Nun, fünf Jahre später hat sich die Finnin enorm weiter entwickelt. Neben den gereiften Vorträgen ihrer Textpassagen stand natürlich das Bottleneck im Mittelpunkt ihrer musikalischen Präsentation, eine Fähigkeit, die ihr vor langem den Ruf einer ausgezeichneten Slide-Gitarristin einbrachte.
Meena, die ebenfalls mit dem Caravan (2010) durch Europa tourte, hatte ich bisher noch nicht live beschnuppert. Schließlich war es ihr vorbehalten, die Veranstaltung zu eröffnen. Die östreichische Lady konzentrierte sich im wesentlichen auf ihren Gesang und der war wahrlich nicht von schlechten Eltern! Richtig schön soulig, erinnert sie ein ums andere Mal an die glorreiche
Janis Joplin. Und dass sie sich, bis auf zwei Ausnahmen, als sie sich selbst mit einer Akustikgitarre begleitete, voll auf die Textpassagen konzentrierte, lag sicherlich auch daran, dass sie mit
Chris Fillmore einen hervorragenden Leadgitarristen an ihrer Seite hatte. Dieser wusste nämlich mit astreiner Qualität an seiner Strat zu glänzen! Er setzte für mich die spektakulärsten Gitarrenläufe des Abends! Zwischendurch stellte
Meena verwundert fest, dass auf den Werbeplakaten mitgeteilt wurde, die Combo spiele auch Folk. Folk? Nein, vom Folk war die Band so weit entfernt, wie wir von sechs Richtigen im Lotto. Stattdessen wurden wir mit Blues Rock verwöhnt, zu dessen positivem Gelingen auch Basser
Roger Inniss beitrug, der an seinem sechssaitigen (!) Tieftöner auch das ein oder andere Solo hinterließ, so wie im letzten Jahr, als er noch
Oli Brown begleitete.
Einzig
Miri Miettinen spielte zwar ein grundsolides Schlagzeug, riss dabei aber keine Bäume aus und fand bei uns kaum Notiz.

Nach einer kurzen Pause, hieß es: Bühne frei für
Erja Lyytinen! Ui, die Finnin sorgte wegen ihres Minikleids, neuer Frisur und des bezaubernden Lächelns für einige offene Münder, speziell bei dem männlichen Anhang. Wie nicht anders zu erwarten, bestach sie vordergründig als Slide-Spezialistin. Diesmal hatte sich
Erja mit einem Gitarrensender ausgestattet, gab es ihr nicht nur die Möglichkeit, die gesamte Bühnenbreite zu nutzen, sondern mit einem längeren Spaziergang durch die Fangemeinde für ein weiteres Highlight des Abends zu sorgen! Tolle Aktion
Erja! Mir fiel ins Auge, dass sie nach einem Akkord sofort ihre linke Hand ausschüttelte, kein Wunder, wenn man bedenkt, dass sie sich meist ein Slideröhrchen über den kleinen Finger stülpte, der die Aufgabe hatte, fast unentwegt den Klampfenarm auf und ab zu schreddern. Aber z. T. zelebrierte sie ihre Songs auch ohne Bottleneck und bearbeite auch dabei gekonnt die Saiten ihrer metallicfarbenen Klampfen. Wir fragten uns, wie es wäre, wenn sich
Erja nur als reine Slide-'Fee',
Meena, wegen ihrer souligen Stimme, allein für den Gesang,
Fillmore als Leadklampfer,
Inniss für den Bass
Floreno als Rhythmusgitarrist und
Miettinen fürs Schlagzeug zuständig gewesen wären? Kaum zu Ende gedacht, wurden unsere Gedanken erhört und alle sechs Musikanten musizierten fortan zusammen. Uns gefiel diese Konstellation am besten und es verwunderte nicht, dass die Fans mit tosendem Beifall und Getrampel die Truppe nicht ohne Zugaben von der Bühne ließen!

Nach gut zwei Stunden reiner Spielzeit war die Messe gelesen und ich registrierte bei den Hauptprotagonisten des Abends sowie den Fans nur zufriedene Gesichter. Zu guter Letzt wurden noch ein paar CDs erworben, etwas Smalltalk gehalten und als ich für
Meena bzgl. ihrer Stimme ein paar lobende Worte fand, erwiderte sie:
»So eine Fähigkeit ist angeboren«. Da machte es ihr sicherlich auch nichts aus, als ich ihr gestand, dass mir ihr Gitarrist
Fillmore am Besten gefiel.