Zum zweiten Mal geht im Jahr 2006 unter dem Motto Blues Caravan ein Mini-Festival auf Deutschland- und Europa Tour. Ermuntert durch den Erfolg der Erstauflage, bei der ausschließlich Bluesladies am Start waren, konnte Initiator Thomas Ruf diesmal die beiden englischen Bluesrocker Ian Parker und Aynsley Lister für dieses Projekt gewinnen. Zusammen mit der finnischen Gitarristin / Sängerin Erja Lyytinen wollen sie sich einem breiteren Publikum von Musikliebhabern vorstellen.

Dabei sind Parker und Lister längst keine unbeschriebenen Blätter mehr. In den letzten Jahren waren sie mehrmals in Good Old Germany unterwegs, und Ian Parker nahm sogar sein neustes Live-Album in der 'Bluesgarage' auf. Beide Musiker sind also immer wieder gern gesehene Gäste in Isernhagen, und so bot sich ein neuerlicher Gig, diesmal im Doppelpack, geradezu an. Lediglich Erja Lyytinen ist hierzulande noch nicht so richtig bekannt, hat aber auf der extra für diese Tour in den USA aufgenommenen CD Pilgrimage (und gleich nochmal) einen starken Eindruck hinterlassen.

Also waren alle Voraussetzungen für einen interessanten Konzertabend gegeben. Einzeln hatte ich die Jungs von der Insel ja schon erlebt, aber wie würde ihr Zusammenspiel funktionieren, und wie passte die junge Gitarristin da hinein? Nach diesem Abend sollte ich schlauer sein! Die erste Überraschung erlebte ich schon gleich am Anfang, als bereits um 21.30 Uhr, wie üblich mit "Jessica" der Allman's, der Konzertbeginn angekündigt wurde. So zeitig schon? Das ließ auf einen längeren Gig schließen, denn zu so "früher" Stunde geht ansonsten noch gar nichts auf der Bühne.

Zu Beginn betraten nun erst mal die drei Hauptakteure die Bretter, die die Welt bedeuten und begannen mit einem Akustik-Set, bei dem es die ersten Songs der "Pilgrimage" CD zu hören gab. Das Zusammenspiel klappte hervorragend, und durch den wechselnden Lead-Gesang hatte jeder Titel sein ganz eigenes Gesicht. Eingekeilt zwischen ihren beiden Kollegen war Erja Lyytinen nicht nur der optische Mittelpunkt, sondern gab mit den Einlagen an der Slidegitarre gleich einen ersten Eindruck ihres Könnens an diesem Instrument ab.

Nach circa dreißig Minuten wurden die Töne dann etwas härter, denn nun hatte die Ian Parker Band ihren Auftritt. Wie nicht anders erwartet, absolvierte die Gruppe das Set in gewohnt souveräner Manier. Parker überzeugte mit seinem sehr gefühlvollen Gesang und wurde durch Wayne Proctor (drums), Steve Amadeo (bass) und Morg Morgan (keyboards) auch perfekt unterstützt. Lediglich die Gitarre klang diesmal für meine Begriffe etwas "hohl". Das tat dem Ganzen aber keinerlei Abbruch. Die Ian Parker Band wurde mit viel Applaus verabschiedet.

Ein Teil der Gruppe blieb dann gleich auf der Bühne, um Erja Lyytinen zu begleiten. Auch sie spielte einen gelungenen Part und brachte sehr intensive und ausgedehnte Soli sowohl an der Lead- als auch an der Slide-Gitarre. Doch auch hier ein kleines Soundproblem. Diesmal war es die Stimme, die etwas dünn rüber kam. Und das war richtig schade, verfügt sie doch über eine richtig geile Röhre. Aber auch das war kein Problem. Die Stimmung war weiterhin gut und ausgelassen. Als die junge Finnin ihren Auftritt mit "Dust My Broom" beendete, brodelte es dann an allen Ecken und Enden. Vielleicht hätte sie noch mehr Songs mit solcher Dynamik spielen sollen. Dann wäre der Funke schon früher ins Publikum übergesprungen. So aber waren einige Titel etwas zu verschachtelt und kompliziert. Trotzdem bleibt festzuhalten: Erja Lyytinen ist eine hervorragende Musikerin, die sicherlich ihren Weg in der Bluesrock-Szene machen wird.

Nach einer kurzen Pause eröffneten Ian Parker, Aynsley Lister und Erja Lyytinen dann das Set der Aynsley Lister Band mit einem a-cappella Song, den sie direkt aus dem Publikum vortrugen. Die Band stieg übergangslos ein und gab eine Art "Greatest Hits" Kollektion mit dem gewohnten Power Bluesrock zum Besten. Im Mittelpunkt stand dabei einmal mehr Schlagzeugerin Sarah Jones als Publikumsliebling. Es macht immer wieder Spaß, der zierlichen Drummerin bei der Arbeit zuzusehen. Premiere bei dieser Session feierte eine Wahnsinnsfassung des Prince Songs "Purple Rain", und natürlich nahm sich Aynsley Lister auch wieder die Zeit, die komplette 'Bluesgarage' im Boogierhytmus auszumessen. Diesmal wurde er tatkräftig von Erja Lyytinen unterstützt, die von der Bühne aus auf seine Gitarre antwortete.

Höhepunkt des Abends dann die gemeinsame Jamsession mit allen Musikern und den Stücken des Tour Albums. Die gesamte Rhythmus-Sektion kam dabei abwechselnd zum Einsatz und Parker, Lister und Lyytinen sorgten nun für richtige Klangorkane an den sechs Saiten. Die drei Musiker trieben sich dabei immer wieder gegenseitig zu Höchstleistungen an. Das war wirklich der krönende Abschluss eines wunderbaren Konzertabends. Zu jeder Zeit merkte man, mit welcher Spielfreude alle Beteiligten bei der Sache waren. Und dieser Einsatz wurde vom Publikum in der gut besuchten 'Bluesgarage' auch dementsprechend honoriert. Nach über drei (!!) Stunden und zwei Zugaben ging so ein richtig schönes Set voller Blues und Bluesrock zu Ende. Dieser Konzertbesuch hat sich echt gelohnt.