"Gettin' Kinda Rough" ist eine neue Veröffentlichung auf dem historischen Label Delmark, das bereits 1953 gegründet wurde. Stets wurde versucht, Neuerungen einzubringen, sei es im Jazz- oder Blues-Bereich. Hier liegt nun Graná Louise' erste Veröffentlichung bei dieser Firma vor. Die Platte teilt sich in einen Studio- und einen Live-Part. Die ersten sieben Stücke entstanden am 16.12.2009 in Delmarks Riverside Studio und der Rest der Aufnahmen wurde am 18.11.2008 im 'Blue Chicago' in Chicago live eingespielt.
Eigentlich habe ich in den verschiedenen Musikrichtungen meine 'Lieblinge', oder nennen wir es einfach 'Referenzen', und sicher ist man geneigt, daran alles andere zu messen. So geht es mir auch im Blues und bei den Damen dieses Genres gibt es für mich klare 'Vorgaben'. Da sind die ganz alten, wie Bessie Smith, Ma Rainey oder auch Memphis Minnie, Big Mama Thornton, Koko Taylor und Etta James. Aber auch bei den ganz modern ausgerichteten Künstlerinnen des Blues gab es im Laufe der letzten Jahre einige Damen, die mich angenehm aufhorchen ließen, allen voran die großartige Shemekia Copeland oder Sharrie Williams und einige mehr. Nun hatte ich etwas über Graná Louise gelesen und dies, wie auch die Optik, vermittelten mir sogleich den Eindruck eines neuen Stimmwunders, eines neuen Superstars des Blues.
Doch bereits nach dem Einstieg mit dem Klassiker "Stagger Lee" lässt mich dieser irgendwie im Regen stehen. Ja, ich bin leicht enttäuscht. Diverse Vorschusslorbeeren kann ich nicht in vollem Umfang nachvollziehen. Die Musik ist manchmal etwas bieder, verbleibt im Rahmen von starren Formen und versucht gar nicht erst, auszubrechen. So ist sie teilweise vorhersehbar und wenngleich mich der Gitarrist anspricht, bewegt auch er sich innerhalb von Vorgaben, die der Musik die Spannung nehmen. 'Business as usual', so scheint es irgendwie...
Damit will ich nicht abwertend sagen, dass das Gebotene nun richtig schlecht sei - nein, handwerklich wie auch teilweise vom Feeling her ist das soweit in Ordnung. Jedoch scheint noch der letzte Schliff zu fehlen, jener berühmte Augenblick, der mich als Hörer packt und auf einen Flug der Gefühle mitnimmt - etwas, das mir Gänsehaut bereitet. Genau das fehlt mir hier, es wirkt teilweise nicht unbedingt mitreißend... Nun ist es aber auch so, dass Blues ein gewisses Feeling ausstrahlt und nicht immer ist man offen dafür. So habe ich der CD mehrere Hördurchgänge spendiert.
Was jedoch stets bleibt, ist der mich nicht vollends überzeugende Gesang. Graná scheint, so empfinde ich es, noch auf der Suche nach einem eigenen Ausdruck zu sein. Der manchmal gepresst wirkende Vortrag und das Vibrato, das gelegentlich nachschwingt, sind zwar in Ordnung, aber nicht unbedingt immer zur Musik passend. Und dieses rotzige Element kann ich der Lady nicht abnehmen, es klingt künstlich und überzeugt mich nicht. Vortrefflich sind dagegen jene Momente, wo sie in höhere Stimmlagen aufbricht. Hier scheinen ihre Stärken im Ausdruck zu liegen. Die Band ist, ich schrieb es bereits, gut, und sie vermag den Blues zu gestalten und darzustellen. Doch sollte sie die Bremsen etwas lösen und sich frei machen. Damit kommen wir dann zu den Live-Aufnahmen...
...und die fegen mich dann doch noch etwas weg. Hier stimmt das Feeling, hier ist es lockerer und auch Graná Louise zeigt viel mehr Gestaltung in ihrer Art und Weise zu singen. So gleich bei "Wet Match", wo sie ganz cool intoniert, etwas frech und mit Leichtigkeit, dazu spielt die angezerrte Gitarre flüssig und ideenreicher. Das scheint dann wohl eher das Element der Lady, obwohl mir nicht alle Titel gleichermaßen zusagen. Bei "Queen Bee" empfinde ich gesangliche Lücken, die sie beim langen Slow Blues "Back Door Blues" durch viel Feeling und Publikumskontakt schnell wieder wettmacht. Untypisch kommt dann "I Can't Stand The Rain" daher, doch diesen Soul-Titel meistert Graná Louise meines Erachtens auch sehr gut, ebenso wie die persönlich geprägte Version des Klassikers "Hey Joe". Hier zeigt sie dann, dass sie gerade auch in den tiefen und ruhigen Lagen zu punkten weiß. Und genau das meinte ich damit, dass ich den Eindruck hätte, die Dame sei scheinbar noch auf der Suche nach einem persönlichen Ausdruck. Dabei hat sie ihn eigentlich schon gefunden - bei allen Live-Titeln, bis auf die eine Ausnahme, sehe ich das im Wesentlichen als gelungen an. Schade eigentlich, dass der letzte Titel ausgeblendet wird, möglicherweise wollte man hier noch einmal richtig loslegen...
Übrigens gebe ich die Warnung auf dem Cover vorsichtshalber weiter, falls Jugendliche wider Erwarten der Versuchung erliegen sollten, diese Platte zu kaufen: »Warning: Contains Sexually Explicit Lyrics«
Line-up:
Graná Louise (vocals)
Tom Holland (guitar)
Bill Hargrave (bass)
Clarence 'Curfew' Scott (drums)
Carlos Showers (guitar - #8-12)
Billy Syniar (all instruments - #7)
Tracklist |
01:Stagger Lee [Traditional] (3:51)
02:Lead Foot Mama [Louise] (4:25)
03:Where You Been? [Katz/Davenport] (2:49)
04:Learning How To Cheat On You [Denise LaSalle] (4:58)
05:Big Dick, M'isipi [Louise] (4:27)
06:Bang Bang Ba-Bang Bang Bang Bang [Louise] (3:31)
07:Gonna Get 'cha [Louise/Syniar] (2:29)
08:Wet Match [Anderson/Davis/Jackson] (4:06)
09:Queen Bee [James H. Moore 'Slim Harpo'] (5:28)
10:Back Door Blues [Eddie 'Cleanhead' Vinson] (7:56)
11:I Can't Stand The Rain [Bryant/Miller/Peebles] (4:54)
12:Hey Joe [Roberts] (6:57)
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Externe Links:
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