Wird der Opener "The Heart Of The Ocean" noch in Englisch vorgetragen, offenbart sich folgendes Teil, "Abschied - Despedida", aus einer Kombination von deutschen und spanischen Textpassagen. Allein schon wegen Gabrielles zuckersüßen Stimmbändern, die sich zum Ende hin von Larssons gezielten Gitarrenläufen ins Ziel begleiten lassen, avanciert das Teil zu einem Anspieltipp. Damit hat Henning Larsson gleich zu Beginn von "Polyglott" seine Zielsetzung stark untermauert, nämlich dem Konsumenten eine abwechslungsreiche Platte zu servieren.
Aber hallo! Mit "Lovesong" (
The Cure - 1989) und "Temptation" (
Heaven 17 - 1983) hat sich der Deutsche mit skandinavisch klingendem Künstlernamen bei zwei Songs fremden Geistesgutes bedient. Endlich, endlich mal ein Musiker, der sich was traut, was die meisten Musiker vor ihm nicht wagten, die sich meist nur an Welthits wie
Smoke On The Water,
Hey Joe oder an sonst noch vergleichbare Klassiker heranwagten. Meine Recherchen ergaben, dass zumindest "Temptation" noch von keiner weiteren Combo zum zweiten Mal zum Leben erweckt wurde.
Während die
Cure-Nummer von glänzenden Streicherelementen bestens in Szene gesetzt wird und allein schon deshalb bei mir positive Eindrücke hinterlässt, ist es vor allem
Heaven 17's wohl erfolgreichster Hit ihrer Karriere, den ich ganz fett unterstreiche.
Doch es ist nicht nur
Larrsons Mut, sich solch außergewöhnlicher Songs zu bedienen, sondern sein eigener Qualitätsanspruch, diesem durch seine Handschrift das gewisse Etwas zu verleihen und eindrucksvoll zu präsentieren.
Apropos Handschrift: Die weiteren neun Songs der CD stammen allesamt aus
Larssons Feder, dessen Grundlage ausnahmslos aus autobiografischen Begebenheiten entsprangen. Identifikationsfaktor: 100 %.
Fazit: "Polyglott" ist ein Album, das man nicht nur im Vorbeigehen hören sollte. Es gibt viele kleine, versteckte musikalische Finessen zu entdecken. Sei es, das mit glänzendem Pianospiel unterlegte "River Of Love" oder das Bläser-begleitende "200 Miles Feat. Gabrielle". Hennings Vocals wirken nicht wie die einer wahren Rockröhre, spiegeln sich eher auf ruhigem, soften Niveau wider. Richtig stark finde ich sein Gitarrenspiel, so wie z. B. bei "No One Ever Loves You", welches er nie überzieht, eher punktgenau serviert und letztlich dafür sorgt, dass sich seine Songs sehr angenehm in meinen Ohrmuscheln verfangen. Sein Stil besteht aus einer Mischung aus Blues, Blues Rock und ein paar Spritzern Pop. Die vier im Line-up aufgeführten Damen steuern mit ihren Gesängen die Würze bei, die dem Silberling sehr gut bekommen. Mich hat Henning Larsson nicht nur angenehm überrascht sondern soweit neugierig gemacht, dass ich seinen künftigen Weg genauestens verfolgen werde.