Wie fange ich an, ein Konzert zu beschreiben, dass man eigentlich sehen und fühlen muss? Ich werde es versuchen, obwohl es mir nicht gelingen wird, denn ein unbeschreibliches Konzert wie dieses muss man einfach nur live erleben.
Der Herkulessaal in München ist zwar sehr schön, feudal, elegant und eher für die rückenfreie Kleidung gedacht, lässt aber leider mit der Akustik sehr zu wünschen übrig.
Ich kann mich an ein Konzert von Al Di Meola und Udo Lindenberg (damals war er noch gut!) erinnern, da war es fürchterlich. Der Saal eignet sich überhaupt nicht für Konzerte, er hallt und ist sehr schlecht auszusteuern.
Enttäuschend war für mich dann auch, dass das Schlagzeug und die Perkussionsinstrumente viel zu laut und breiig klangen, schade, hatte ich mich doch so auf die genialen Lieder "Cologne Again", auf "Gigue" oder "Bouree" gefreut, die auf der DVD viel besser zu hören sind.
Das Publikum war teils elegant - teils leger gekleidet, sogar ein paar Jon-Doubles mit weißen Pferdeschwänzen liefen herum. Das Konzert war nicht ganz ausverkauft.
Nicht dabei waren Frieda von Abba (für mich jetzt nicht so ein großer Verlust, ich hätte sie zwar ganz gerne mal gesehen, denn sie hat wirklich eine gigantische Stimme, aber ich war nie ein Abba-Fan) und Sam Brown, auf die ich mich schon gefreut hätte.
Wenn Jon Lord die Bühne betritt, umgibt ihn eine Aura vor der man sich nur verneigen kann. Er sieht gut aus, ist loyal zu seinen Mitmusikern; locker, freundlich, charmant zum Publikum, dirigiert dezent vom Flügel aus und entlockt ihm wunderbare Töne, die einem pausenlos eine Gänsehaut verursachen. Es sind so unbeschreiblich kontrastreiche Stücke, die er komponiert hat. Da geht es um schwierigste Einsätze aber er hat alle Musiker absolut mit seiner Ausstrahlung im Griff.
Jon Lords Lieder widmen sich verstorbenen Freunden, wie z.B. George Harrison, oder Tony Ashton. Ganz zart ist das Lied für George Harrison; "A Smile When I Shake His Hand" oder "IŽll Send You A Postcard", das Tony Ashton gewidmet ist.
Jon beschreibt mit dem Werk "De Profundis" wie schwer es ihm gefallen ist, seine "Familie" Deep Purple zu verlassen. Wenn man genau hinhört, sind viele Harmonien von Deep Purple-Songs auch darin versteckt.
Wahre Knaller sind seine alten Kompositionen von dem Album "Sarabande".
Eröffnet wurde das Konzert mit Miller Anderson, der das fantastische "Pictured Within" sang. Miller war stimmlich sehr gut. Wie gesagt, man kann es nicht beschreiben, man kann es nur fühlen und in sich aufnehmen.
Es ist schwierig zu sagen, was hat mir nun am besten gefallen? In jedem Lied steckt etwas unbeschreiblich Schwermütiges, Sehnsüchtiges, Trauriges, Ergreifendes, Verträumtes. Vielleicht sollte ich ein Beispiel geben, wie ich sie empfinde?
Seine Werke sind mit dem einsetzenden Sonnenaufgang zu vergleichen. Seine Lieder lassen den Zuhörer in eine völlig andere Musikwelt abdriften. Man wird voll und ganz davon eingenommen so dass man die Umwelt um sich herum völlig vergisst.
Ich verneige mich vor allen Musikern, besonders vor der Backgroundsängerin, die Sam Browns Platz einnahm und das äußerst schwierige Stück "One From The Meadow" sang.
Jeder Akteur für sich war qualitätsmäßig hervorragend - jeder Einsatz kam punktgenau.
Ebenfalls verneige ich mich vor dem Meister selbst: Jon Lord, der mit seinen Werken meine Seele zum Schwingen bringt. Konzerte von solch hohem Niveau und dieser Musikrichtung, welche Klassik, Jazz, Rock und Blues vereinigt, gibt es kein zweites Mal. Die Erinnerung an diesen schönen Abend wird sich unauslöschlich in meinem Gedächtnis einbrennen. Ein einmaliges Erlebnis!
Jon Lord - München - Herkulessaal, 06.01.2005
Evi Ivan, 08.02.2005
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