Was verbindet man mit Lake Placid? Nun, mit Sicherheit folgende Stichpunkte: USA, Winter, Olympia, 1980 - die meisten Leser wissen, was ich meine, denn auch meine Gedanken gingen sofort in diese Richtung.
Aber was hat Lake Placid eigentlich mit Dänemark zu tun? Olympische Wintersportler?
Mitnichten - es geht um Musik und um eine 8-köpfige Band, die sich ganz offensichtlich Spaß und Lebensfreude auf die Fahnen geschrieben hat. Etwas, was bei den meisten skandinavischen Bands abhanden gekommen ist, da eher die Düsternis überwiegt.
Schon, wenn man die CD in den Händen hält und sich in aller Ruhe das Cover betrachtet - ein wunderschönes kleines Meisterwerk wurde da erschaffen, an dem sich das Auge erfreut: abstrakte, graffitiähnliche, in rot-weiß gehaltene Gebilde, in welche die ganze bunte Truppe eingebunden wurden.
Und wenn man im Beipack liest, wer da alles mitmischt: "ein Landschaftsgestalter, ein Filmstudent, ein DJ, ein Kindergärtner, ein Fahrradkurier, zwei arbeitslose Architekten und eine dänische New Yorkerin - und jeder von ihnen kann mehrere Instrumente spielen". Ein ziemlich bunt zusammengewürfelter Haufen also, deren Musik gute Laune verbreitet und Lust auf Party macht.
Ihre Live-Auftritte sollen "ein brodelnder Kessel überschäumender Lebensfreude sein, der niemanden unberührt lässt - wovon man einfach angesteckt wird".
Sie scheuen sich auch nicht, mal so ganz auf die Schnelle in Hamburg ein kleines Konzert auf der Straße zu geben, zu tanzen und sich des Lebens zu erfreuen. Dabei stelle ich mir gerade die Reaktion der kühlen Nordlichter vor....
Ich glaube, einen Haufen Flöhe zu hüten sollte für die hübsche Frontfrau Tania Kristin Ballentine leichter sein, als diese verrückte Bande im Zaum zu halten.
Ihre Musik beschreibt der Waschzettel als poppig, mit einem Schuss Artschool versehen; eine Mischung aus New Yorker No-Nonsense Rock und coolem skandinavischem Elektropop. Dazu fällt immer wieder der Vergleich mit Blondie. Nun, davon werde ich mich ja jetzt selbst überzeugen können.
Nach einer auf eigenem Label erschienenen EP konnten sie endlich einen Deal bei "Universal Music" ergattern und ihr erstes Album "Make More Friends" veröffentlichen.
Neugierig geworden, höre ich mir die Scheibe an und meine erste Feststellung: alle Songs haben, ohne Ausnahme, feine Melodien die ins Ohr gehen, deren Refrains oft genug zum mitsingen einladen.
Also dann, lasst uns feiern, denn schon mit dem Opener "Me Had My Friends" wird Partystimmung verbreitet, der Song geht richtig voll ab und wird mit einer regelrecht ansteckenden Lockerheit und Spielfrische zelebriert, so dass sich die gute Laune ganz von selbst einstellt. Man spürt sofort: die Leute haben Spaß am musizieren.
Auch das folgende "Is This Love" steht dem keinesfalls nach. Nur gut, dass man den Ausdruck "Powerpop" erfunden hat, denn das trifft hier voll und ganz zu.
Live sind das garantiert absolute Mitsing-Granaten.
Ganz besonders gefällt mir die wunderschöne Ballade "This Air". Zart schwebende, an ein altertümliches Spinett erinnernde Klänge eröffnen das Stück und dann setzt die feine Stimme von Tania Kristin ein, bis die übrigen Instrumente folgen. Untermalt wird alles mit einem tollen Backgesang und gewürzt wird mit Trompeten-Klängen. Die Ballade trieft nicht einfach vor sich hin, sondern baut sich langsam auf, bis sie zu explodieren scheint, um wieder in eine Art Leichtfüßigkeit zurückzufallen.
Ab und an erinnert die Stimme von Tania Kristin tatsächlich an Debbie Harry, so zum Beispiel bei dem Powerstück "Are You With Me". Da wippt der Fuß gleich wieder mit und es steppt der Bär, wenn die ersten Trompeten-Töne erklingen. Toller Backgesang unterstützt wiederum Tania Kristin, deren Stimme über allem thront.
Stutzig wurde ich bei "My Machine", welches mit einem etwas ungewöhnlichen Rhythmus aufwartet. Natürlich - da fällt mir doch glattweg wieder meine vor vielen Jahren absolvierte Tanzstunde ein: ein Rumba! Tanzen im 4/4-Takt.
Lake Placid beweisen, dass man über Pop nicht unbedingt die Nase rümpfen und der Gedanke sofort in Richtung Dieter Bohlen und Küblböck gehen muss.
Immer wieder erstaunen mich die Details, mit denen jeder Track auf der Platte gespickt ist. Es lohnt sich wirklich, da mal etwas aufmerksamer hinzuhören.
Und was da alles zu hören ist: neben den gängigen Instrumenten gibt es mehrstimmige Trompetensoli, Backgesang, Keyboards, aus welchen die verschiedensten Töne gezaubert werden, Glöckchen, Rasseln, usw.. Hier wird uns die ganze Palette unterschiedlichster Instrumente und Zubehör geboten.
Langeweile kommt bei dem Album bestimmt nicht auf und ich denke, es werden sich, getreu ihrem Albumtitel, noch mehr Zuhörer mit ihrer Musik anfreunden können.
Empfehlenswert auf jeden Fall für alle, die Freude am Leben und an der Musik haben!
Ein Manko hat es allerdings: es ist mit einer Spielzeit von gerade mal 33 Minuten leider viel zu knapp bemessen.
Spielzeit: 32:51, Medium: CD, Universal Music, 2005
1:Me And My Friends 2:Is This Love 3:Get Up 4:Chimes 5:This Air 6:Are You With Me 7:W Are The Lakes 8:My Machine 9:To Enjoy Life 10:We All Bleed
Ilka Czernohorsky, 06.01.2005
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