Led Zeppelin / Talking
Led Zeppelin
"Ich saß [wegen eines Knöchelbruchs] während
der Proben in einem großen, weichen Sessel und
schaukelte vor mich hin...ich saß in einem beschissenen
weichen Sessel der Band gegenüber! Wenn Du dir mal
so richtig bescheuert vorkommen willst, als hättest
Du so richtig einen an der Klatsche, dann sing bei
Led Zeppelin, während Du in einem plüschigen Sessel sitzt."
  → (Robert Plant)
Ich fall' gleich mal mit der Tür in's Haus: Was für eine interessante Lektüre! Dieses 1981 erstmals bei 'Omnibus Press' erschienene Buch ist seit knapp über einem Jahr in komplett deutscher Übersetzung greifbar und jeder Led Zeppelin-Freak wird seine helle Freude dran haben.
< An Büchern über Led Zeppelin herrscht beileibe kein Mangel, und auch ich hab' ein paar im Regal, wobei das leider nur in Englisch verfügbare "Hammer of the Gods" von Stephen Davis auf über 360 Seiten als Reißer mit teilweise schockierenden Details aufwartet, bei denen aber nicht so richtig klar ist, was der (Wunsch-)Gedankenwelt des unautorisierten Biographen entstammt. Die beiden Bücher von deutschen Autoren, die ich besitze, sind uninteressant, weil sie die Geschichten ihrer amerikanischen Kollegen nacherzählen und somit zu weit vom Zentrum des Geschehens entfernt sind.

Diese nun bei 'Schwarzkopf & Schwarzkopf' erschienene Ausgabe kann dagegen mit einem besonderen Pfund prahlen: Exklusiv zusammengestellt aus authentischen Zitaten der Bandmitglieder.
Die Themen, über die sich die Herren Page, Plant, Jones & Bonham auslassen, sind in folgende Kapitel unterteilt:
Die frühen Jahre  / The Yardbirds  / Wie Led Zeppelin entstand  / Die Alben  / Die Musik  / Lifestyle  / Ansichten  / Die Solo-Jahre  / Led Zeppelin Remastered  / Led Zeppelin Reunited  / Coda
Es gelingt durchaus, manchen bekannten Geschichten eine neue (andere) Sichtweise abzugewinnen, und das ist bemerkenswert: Auch weil so mancher mal 'ehrlich' sagt, was Sache war, obwohl die Tendenz zum Beschönigen natürlich (?) auch feststellbar ist, vor allem was den Manager Peter Grant angeht.
Aufschlussreich sind die Zitate über die Presseorgane, vornehmlich dem amerikanischen 'Rolling Stone' gegenüber, der diese Band ja von Anfang an in hämischer Weise runtergeputzt hatte. Dieser pseudo-philosophische Anspruch, mit dem sich die ach-so-gebildeten 'Journalisten' in Selbstbeweihräucherung darstellten, ist letztendlich gescheitert. Mit scheinbar intellektuellen Wörtern so garniert, dass es der Durchschnitts-Fan nicht verstehen konnte, gleichzeitig sprachlich zu armselig verglichen mit einem Truman Capote - es war ein Schuss in den Ofen und so gibt es doch eine Rock 'n' Roll-Gerechtigkeit: Kein Schwein erinnert sich mehr an die Schreiber, während Led Zeppelin immer noch in aller Munde (und auf den Platten- bzw. CD-Tellern in aller Welt) sind.
Auch versteckte Vorwürfe an (uns) alle, die über Rock 'n' Roll schreiben, sind nachvollziehbar. Jimmy Page: "...vor mir stand also ein angesehener Kritiker, der unsere Alben rezensiert hatte, und der nicht das winzigste bisschen über uns wußte, noch nicht mal, dass wir auf der Bühne Akustiknummern spielen...Fakt ist, dass diese Kritiker Autorität ausstrahlen. Wir wissen vielleicht, dass sie Trottel sind, aber der Leser glaubt ihnen wahrscheinlich wegen der eloquenten und sehr bestimmten Weise, in der sie schreiben. Es ist einfach, Musik zu kritisieren, aber wenn man bedenkt, wieviel Mühe und Gedanken und Zeit man da reingesteckt hat, warum können sie nicht wenigstens auch nach guten Aspekten Ausschau halten?". Da ist sicher was dran!
Ebenso interessant sind die Aussagen zu den Aufnahmestudios- und Bedingungen. Jeder kennt diese unsterblichen Platten und hat sich selbst nach den remasterten Neuauflagen gefragt, wieso der Klang immer noch so - na sagen wir mal - stark 'kompakt' rüberkommt. Die Antworten dazu finden sich in diesem für die Led Zep-Historie bedeutsamen Buch. Und das interessiert sicher nicht wenige!
Außerdem wirklich erfreulich: Diese Publikation ist vollgestopft mit hervorragenden Bildern aus jeder Karrierephase der Band. Die meisten im damals so angesagten s/w, ausser wenigen offiziellen Presseabbildungen gibt's eine stattliche Anzahl an bisher nicht gesehenen Schnappschüssen. Wer wie ich schon 1970 einen Riesenposter von Led Zep an der Wand hatte, fühlt sich durch die Bilder dieses Buches angenehm in seine Teenagerzeit zurückversetzt. Mit dem Bonus, dass einem plötzlich wieder Anekdoten einfallen, die Jahrzehnte verschollen schienen...
Eine klare Empfehlung an alle Fans! Aber auch Leute, die nur peripher an diesen einmaligen, an Einfluss fast übermächtigen Rock-Urgesteinen interessiert sind, kommen voll auf ihre Kosten. Der Preis von ca. 15 Euro geht für das Gebotene absolut in Ordnung und man wird über das Wissen, das man durch die Investition zurückerhält, nur zustimmend den Daumen heben. Das Stöbern in diesem Buch macht wirklich richtig Spass!
Nur wollte keiner der Jungs zugeben, das "Led Zeppelin III" ihr bestes Album ist - gerade wegen der akustischen Sachen. Aber es reicht ja, wenn ich das weiß...


Paul Kendall & Dave Lewis: Led Zeppelin - Talking
Verlag Schwarzkopf & Schwarzkopf, Berlin 2004
152 Seiten mit etwa 100 Abbildungen
Quality Paperback 16,5 x 23,5 cm, Kunstdruckpapier
ISBN: 3-89602-497-3, Preis: 14,90 EUR (D) / 26,80 sFr
Bilder mit freundlicher Genehmigung von Schwarzkopf & Schwarzkopf
Fotos: © Neal Preston / Corbis (1)+(3), LFI (2)
Manni Hüther, 01.03.2006