Lee Z / Shadowland
Shadowland
"Shadowland" ist ein Spätzünder! Beim ersten Durchlauf dachte ich nur so was wie "Naja, ganz nett!" Eine Tage und Umläufe später sah ich mir das Cover an und fragte mich immer noch: "Was war das gleich noch?" Aber es gibt ja die Repeat - Funktion....
Der neue Streich von Lee Z birgt zu erst einmal technisch versierten Progressive Rock in sich. Einige würden die Musik als Prog-Metal bezeichnen. Denn Härte ist in so machen Passagen wirklich enthalten. Die Musiker verstehen es, ihre Instrumente zu bedienen. Einen guten Job macht besonders Gitarrist Thomas Zink. Seine Rhythmusarbeit ist solide, abwechslungsreich und treffsicher im Sound. Seine Soli sind professionell. Auf "Shadowland" kann der Feinhörer einiges an feinen Läufen, schnellen Triolen und ausgefallenen Melodien entdecken.
Peter Pauliks leiht dem "Schattenland" seine Stimme. Singen kann "Double P". Timbres ähnlich dem Seinen, hört man öfters bei Melodic- oder auch Symphonic Metal Bands. Ganz, ganz ab und an, wenn PP zu verhaltenem, auf der Tonleiter höher liegendem Shouten ansetzt, erinnert er ein klein wenig an den jungen Ralf Scheepers zu seiner Zeit bei Tyran Pace oder Gamma Ray. Also bevor er damals vergeblich versucht hat, ein Priester Judas zu werden. Peter Pauliks singt "Shadowland" locker und souverän herunter.
Nach genug Umläufen offenbart "Shadowland" ein gelungenes Songwriting. Die Arrangements besitzen Finesse und die Refrains schon so etwas wie das gewisse "Etwas". Lee Z verlangen von ihren Hören, dass sie sich mit dem Album beschäftigen. Ist vielleicht auch nicht die schlechteste Strategie für eine Progressive Kapelle. Der schlachtentscheidende Kick fehlt aber irgendwie noch - dieses unbeschreibliche Gefühl beim Hören halt, diese Hingerissenheit, die einen ein Album zu allen Kumpels mitnehmen lässt - die einen dazu bringt, der Gesamtheit der sozialen Kontakte mit einer CD wochenlang auf den Sack zu gehen. Trotzdem ist die Scheibe voll niveauvoller Musik. Die Tempowechsel lassen das Tempo an den richtigen Stellen wechseln, ob herbeigesehnt oder völlig überraschend. Sie sorgen mit für die rechte Dramaturgie in den Songs.
Soundtechnisch werden die Erwartungen an eine moderne Progressive-Produktion erfüllt. Produzent Michael Voss lässt den Sänger klar klingen und die Gitarren mal rau, mal schrill, mal intensiv. Die dynamische Rhythmussektion besteht aus dem Trommler Dirk Brand und dem Tieftöner Matthias Rethmann. Insbesondere der Drumsound klingt satt.
Wer sagt was gegen das Coverartwork (siehe oben)? Also, mich berührt es. Das Bild ist phantasievoll und birgt Atmosphäre.
Schattige Anspieltipps:
Mit Trommelgezwirbel und breiten Gitarren startet "Enemy In Me" seinen Ausflug ins Schattenland. Ja, die Gitarren verleihen dem Stück seine Vitalität. Der plötzliche Tempowechsel nach ungefähr der halben Spielzeit sorgt für ein paar Sekunden gitarrenbetonte und wohldosierte Konfusion. Doch findet der Song wieder zu seiner alten Struktur zurück, eh man sich verhört.
Wie es sich gehört, lassen Lee Z einen Song namens "Save Me" mit einem Schrei beginnen. Der Rhythmus ist schön vertrackt, die Keyboards verweben sich im Hintergrund zu einem spacigen Klangnetz und der Schlagzeuger variiert seine Beats in Aufbau und Tempo. Besonders gefallen mir diese Art von kurzen, schnellen Dreischlägen. Sie werden gebildet von Bassdrum und Snare. Der Refrain macht das Stück zu einem Merkposten. Aber durch das flinke, wenn auch relativ kurze Gitarrensolo wird es zu einem Anspieltipp.
Eine harmonisch schöne Gitarrenmelodie insziniert die Abenddämmerung zu den "Nights In Dover". Das Lied hat ein fast schon balladeskes Ambiente, ohne auf einen dieser obskuren Kuschelrock-Sampler zu passen. Dafür hat es schon wieder zu viel Theatralik. Der semiakustische Mittelpart passt zu dem Stück wie Big Ben's Glockenspiel zu einer kühlen Nebelnacht an der Themse.
Die fünfte CD von Lee Z ist für Genrefanatiker ein Muss. Musikfans anderer Ausprägung dürften sich ruhig auch mal mit dem Album beschäftigen. Im Schattenland sind noch Plätze frei! Ein Kurzurlaub lohnt sich bestimmt.
Für "Shadowland" verleihen wir jedenfalls 7 runde, gar nicht verschlafene RockTimes-Uhren.


Spielzeit: 47:00, Medium: CD, Escapi Musik BV, 2005
1:Shadowland, 2:Enemy In Me, 3:Cold Days, 4:Save Me, 5:Alive, 6:Nights In Dover, 7:Troublemaker, 8:Sweet Surrender, 9:Fallen From Grace, 10:Peaceful Lake
Olli "Wahn" Wirtz, 16.05.2005