Die dem Rezensenten vorliegende CD ist die zweite Veröffentlichung von Left Hand Smoke und der vierte Longplayer ist auch bald zu haben. Aber schnell zurück zu diesem Album, denn es startet furios: Eine verzerrte, aber überhaupt nicht heavy Gitarre beginnt, das Piano setzt ein und dann kommt eine dreckige Stimme: Es entsteht der Eindruck, als erlebe man mit dem ersten Song die Geburt des Rock 'n' Roll irgendwann in den fünfziger Jahren des vorigen Jahrhunderts noch ein zweites Mal, so ursprünglich ist der Sound dieser jungen Band aus Seattle.
Doch dieser erste Höreindruck vom Opener "Paradise Blues" ist nur bedingt repräsentativ, da dieses Album viel mehr als nur simplen "Roots-Rock" bietet. Wir dürfen auf 13 Tracks das songwriterische Können der Gebrüder Mish ( Ben fungiert als Sänger und Keyboardist, Will brilliert an der Leadgitarre) und des zweiten Axtschwingers Ronan O' Mahony bestaunen. Man variiert die Instrumentierung, setzt hin und wieder eine akustische Gitarre oder die Percussion ein, zudem scheinen bei den ruhigeren Stücken leichte Pop-Einflüsse durch, so auch bei "Annie" oder "Play It For Me", die dennoch nicht störend sind. "Another Gypsy Rose" hingegen wirkt wie eine Mischung aus Rolling Stones (zu seligen "Sticky Fingers"-Zeiten) und Lynyrd Skynyrd, denn der Riff am Anfang erinnert stark an den Southern Rock-Klassiker "Gimme Three Steps".
Die Freunde des "Jam-Rock" werden auch gefallen an dieser Scheibe finden, denn auf manchen Stücken finden sich die genretypischen funky Rhythmusgitarren und ausgedehnten Improvisationen, so z. B. auf "Temporary Lovin", "Keep On Calling Me", "Step Outside" oder "Blood Runs Hot". Keine Frage, dass sich diese Burschen auch mit der Musik von Grateful Dead, Dave Matthews Band, Widespread Panic u. a. auseinandergesetzt haben.
Einen Hauch von Blues verbreitet die Band durch den Einsatz der Slide und der Mundharmonika, letztere leider nur auf "Keep On Calling" zu hören. Ben Mish, der alle Stücke mitgeschrieben hat, kann sowohl an der Orgel als auch am Piano glänzen, er beherrscht er neben dem klassischen auch den Honky-Tonk-Stil. Auf dem gleichen Niveau verrichtet sein Bruder Will die Arbeit an der Gitarre. An dieser Stelle muss auch die sehr transparente Produktion in den höchsten Tönen gelobt werden, so sollte es heutzutage sein.
Es ist schwer, eins aus den allesamt überdurchschnittlichen Stücken als persönlichen Favoriten herauszupicken, denn die Stärke dieses Albums ist der Abwechslungsreichtum, alle Songs bieten feine musikalischen Details. So fällt auch einem eine Definition des Stils dieser in Europa weitgehend unbekannten Band mehr als nur schwer. Eins kann man aber festhalten: Diese CD ist ihr Geld mehr als nur wert!
Spielzeit: 60:17, Medium: CD
1:Paradise Blues, 2:Annie, 3:Another Gypsy Rose , 4:Play It For Me, 5:Temporary Lovin, 6:Keep On Calling, 7:Noise Like Tambourines, 8:Step Outside, 9:Wake Me Up, 10:Blood Runs Hot, 11:Hey Mama, 12:Roll Away, 13:Let The Wind Ride
Janos Wolfart, 21.05.2005
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