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Lestat Vermon / Hillside
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Es ist durchaus bemerkenswert, wie hierzulande die Singer/Songwriter-Szene wächst und gedeiht, gerade unter jungen Musikern. Es scheint in diesen hoch technisierten Zeiten mit überproduzierter Plastikmusik an allen Ecken und Enden ein tiefes Bedürfnis nach Reduktion zu geben - nach einfachen, ehrlichen Klängen, handgemacht, gefühlsecht, mit Tiefgang statt größenwahnsinniger Hochseilakrobatik. Und genau dieser Ansatz findet eine interessierte Zuhörerschaft, auch und gerade unter jüngeren Menschen...
Lestat Vermon ist das Soloprojekt von Philipp Makolies, der vor allem als Gitarrist der Popband Polarkreis 18 von sich reden machte, und dieser schlägt hier komplett andere Wege als mit seiner Ex-Band ein. "Clouds", das vor eineinhalb Jahren erschienene Debüt, war in seiner enorm reduzierten Art ein klarer Kontrapunkt zu dem Synthipop der damals gerade aufgelösten, erfolgreichen Truppe. Felix Bauer, wie Makolies Gitarrist und Keyboarder bei Polarkreis 18, schien es ganz ähnlich zu gehen, jedenfalls ist er auch bei Lestat Vermon dessen musikalischer Partner. Gemeinsam haben sie im vergangenen Herbst und Winter die Aufnahmen zu "Hillside" in ihrer Heimatstadt Dresden eingespielt.
Wie der Vorgänger ist auch die neue Scheibe sehr auf das Wesentliche reduziert: den Song an sich. Akustische Gitarren (mit guten alten Nylonsaiten) und Makolies' angenehm weiche Stimme stellen dabei das Fundament dar. Allerdings sind die Stücke etwas offener gehalten, was etwas mehr Atmosphäre schafft - sei es durch Streicher, Klavier oder sehr dezente Keyboards und (besonders schön!) Bauers Trompete. Diese aparten Kombinationen lassen unweigerlich Assoziationen zu Simon And Garfunkel aufkeimen. Gelegentlich, wenn es wie in "Figurines" etwas kerniger wird, können sich sogar Erinnerungen an stillere Songs von The Band einstellen. Und immer wieder geistern die fast vergessenen Perlen des britischen Barden Nick Drake durch das musikalische Langzeitgedächtnis...
Dabei wird offenbar nichts dem Zufall überlassen. Philipp Makolies frönt hier - wie er es nennt - seiner Leidenschaft für den perfekten Song. "Hillside" scheint wie Atempause von der hektischen Großstadt. Tiefes Luftholen für die Seele in der abgeschiedenen Schönheit der Natur - Ruhetanken in unendlichen Weiten, den Geist fokussieren, neue Kräfte tanken. Zu "White Water", "Waiting For The Moon" oder "Bones And Ghosts" kann man vortrefflich die Seele baumeln lassen. Hört man "When The Molecules Are Stopped" oder "Little Cute Bunny Shirt" in ihrer bezaubernd einfachen Schönheit, versteht man schlagartig, was Makolies mit dem »perfekten Song« meint... Diese beiden Titel haben sich - neben dem durch ein knurriges Wurlitzer veredelten "Figurines" - eindeutig als meine Favoriten herauskristallisiert.
Eher selten und dann auch nur wohldosiert zieht Lestat Vermon das Tempo an, aber sofort spitzen sich hier die Hörnerven. Das dezent rootsrockende "The New Year" oder das sanft swingende "My Hand In Yours" böten sich als Singles an, denn hier handelt sich um die beiden einzigen Stücke mit Airplay-Potenzial - wenn auch wohl eher in den öffentlich-rechtlichen Kulturprogrammen, aber bereits das stellt mittlerweile bekanntlich einen wichtigen Gradmesser für die Qualität einer Musik dar.
Käuferschichten auf der Suche nach dem schnellen musikalischen Quickie, die berieslungstaugliche Hintergrundmusik für Zwischendurch, sollten (gefälligst) die Finger von "Hillside" lassen. Das wären nichts anderes als die berüchtigten Perlen fürs Borstenvieh!! Lestat Vermon laden dagegen zum Zuhören, zum Sich-Zeit-stehlen ein. Folk- und Americana-Freunde dürfen sich dazu gerne eingeladen fühlen...
Line-up:
Philipp Makolies, Ludwig Bauer (vocals and all instruments) Philine Jobst, Benjamin Arnold (strings) Susi Schier, Marie-Sophie Kanske (choir)
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