Kann sich noch jemand an die englische Death Metal-Band Cancer erinnern? Wenn ja, dann sollte Liquid Graveyard denjenigen, die die Insel-Deather mochten, auch ganz gut reingehen. Okay, von Cancer ist nur noch John Walker übrig geblieben, und jener hat seine Insel in Richtung Iberischer Halbinsel verlassen. Also, keine richtige Insel - ergo kein richtiger Death Metal? Jein, 'puren' (obwohl ich diesen Terminus hasse, wie der Teufel das Weihwasser) 'Old School' Death wird man auf dieser Langrille nicht finden.
So, jetzt aber hurtig zur Scheibe selbst. Auch wenn der Titel des neuen Outputs vielleicht täuscht: "The Fifth Time I Died" ist erst das zweite Lebenszeichen der Band.
Der 'Flüssige Friedhof' verlangt dem Hörer einiges an Geduld und Aufgeschlossenheit ab. So viel schon mal vorneweg! Wer sein Glück und sein Musikheil in den immer wiederkehrenden, seit den Achtzigern wieder und wieder gleich langweiligen Song- bzw. Melodiebögen sucht, ist hier definitiv fehl am Platze.
Schon der Opener der gut fünfzig Minuten ist für mich eines der kleinen Highlights dieses noch jungen Jahres.
Treibend, unbändig vorwärts brechend ballert "I Colossus" im wahrsten Sinne wie ein Koloss über einen hinweg - angetrieben von Sängerin Raquels fiesem Gekläffe. Bösartig, niederträchtig und gemein faucht die Gute, als würde sie von sämtlichen Dämonen der Spanischen Inquisition höchstpersönlich verfolgt. Hier stimmt schon mal alles. Sei es die wirklich schöne, transparente und wuchtige, aber nicht zu moderne Produktion, die alle Instrumente toll zur Geltung kommen lässt, wie auch das Songwriting.
Aber schon Song Numero Due ist das krasse Gegenteil. Fast schon in Alternative-Regionen vorstoßend, besticht "Violent Skies" mit lieblichen Vocals statt 'Vokills'. Holla, was ist denn jetzt los??? Keine Bange, Raquel lässt nur ganz nebenbei die süße Zaubermaus raushängen. Zwischendurch faucht das Mädel (das, nur am Rande, so manchen männlichen Keifer das Fürchten lehrt) wieder wie eine Furie! Und ihre instrumentale Mannschaft bollert nach einigen Sekunden auch wieder feist, aber nicht unstrukturiert, los.
Wer jetzt denkt: 'Oh Mann, die werden wohl nicht komplett in die Kuschelrichtung abdriften' hat sich locker ins infektiöse Fleisch geschnitten. Auch die dritte Attacke ist wieder ganz anders, und dennoch irgendwie vertraut. Hier wechselt die Faucherin gekonnt zwischen Monster und kleinem unschuldigen Mädchen hin und her.
Ich könnte jetzt jeden einzelnen Song analysieren und auseinander nehmen und würde dabei gar nichts erreichen, außer, dass jedes und damit meine ich wirklich JEDES verdammte Lied sich vom vorherigen unterscheidet. Und dennoch gelingt es, "The Fifth Time I Died" wie aus einem Guss erklingen zu lassen. Langweilig geht definitiv anders, was vor allem auch der Instrumentalfraktion geschuldet ist. Denn hier verstecken sich wirklich Könner hinter Bass, Drums und Gitarre. Sie schaffen es, dass alle Songs irgendwie unaufdringlich, dennoch mitreißend, groovend und fließend sind.
Sollte ich wieder mal gezwungen werden (hoffentlich nicht von der Inquisition) einige Bands als Vergleich zu nennen, mir würden nur Fear Of God einfallen die mit neueren Killing Joke einige Drogentrips einwerfen. Zwar nicht ganz so psychopatisch wie die beiden Bands, aber verdammt nah dran.
Ich werde auf jeden Fall nicht nur ein fünftes Mal mit dem 'Flüssigen Friedhof' sterben gehen, sondern mich öfters auf deren wahnsinnige Reise einlassen. Ach ja, und ich werde mir umgehend ihre erste Scheibe besorgen. Das solltet ihr auch, und zwar beide!!! Ihr werdet es nicht bereuen - versprochen!
Line-up:
Raquel Walker (vocals)
Adrian de Buitléar (bass)
Acaymo D. (drums)
John Walker (guitars)
Tracklist |
01:I Colossus
02:Violent Skies
03:Attractor
04:Reflections
05:The Fifth Time I Died
06:Expendable
07:The Glorious Bitter Seeds
08:Beholder
09:Invisible Names
10:Interlude
11:Liquid Graveyard
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