Die Zeiten erscheinen hart!
Bush junior spielt nunmehr seit Jahren und vermeintlich demokratisch legitimiert mit seiner versammelten Öllobby den christlichen Erlöser vom islamischen Terror,
das Europäische Parlament in Brüssel und Straßburg wird statt effizienter und transparenter zunehmend vernebelter, inklusive einer EU-Verfassung, deren Inhalt nur die Turboeingeweihten überblicken können und die vor Blendkerzen nur so strotzt und schließlich bekommt eine bundesdeutsche Regierungskoalition, die sich ohne große Spielräume im Kontext der Vorgaben der sogenannten Europäischen Kommission bewegen muss, es nun endgültig von allen Seiten über den rotgrünen Schädel gezogen, sogar als legendärer Dolchstoß aus den eigenen Reihen. Und wehe, es werden dann doch Spielräume gesucht!!!
Das ist schon bitter und daher: Die Zeiten erscheinen hart!
Vielleicht trügt der Schein, aber irgendwie werden die Klänge, die via (Musik) -TV und teilweise auch von den diversen Radiosendern transportiert werden, immer härter und aggressiver. Egal, wo die Mucke herkommt, Heulsusen wie Frau Houston und Frau Carey, oder beispielsweise diverse Trällerboygroups sind deutlich in den (verdienten!) Hintergrund getreten und selbst die deutschsprachige Musik, inklusive Beitrag zum Eurovision Song Contest, kommt inzwischen kaum mehr ohne eine auf harte Attitüde machende Gitarrenschrubberei aus, wobei die Ausnahmen nur die Regel bestätigen.
Da passt es doch ins Bild, dass fast alle der letzten Rezensionen im RockTimes-Magazin eher dem Hörgeräte fördernden Dezibelbereich zuzurechnen sind.
An dieser Stelle kommt jetzt ein Projekt ins Spiel, welches vor 2 Jahren konkrete Formen annahm und schließlich im Sommer 2003 innerhalb von 14 Tagen ein Album einspielte, was nunmehr seit ca. 4 Wochen auch in unseren Breiten problemlos zu erwerben ist: Living Loud!
5 gestandene Herren dachten sich offensichtlich, was solche Kasperkapellen wie Nickelbag, Creed, Three Doors Down, Matchbox 20, Maroon 5, Green Day, Good Charlotte usw. können, das können wir schon lange und langten in diesen 14 Tagen ohne Fesseln und Erfolgsdruck mal so richtig hin.
Ausgangsbasis war die Idee der Herren Kerslake (Uriah Heep) und Bob "ich habe schon überall den Bass gespielt" Daisley, diverse Songs der legendären Ozzy Osbourne Solo-Alben "Blizzard Of Ozz" und "Diary Of A Madman", an denen sie nicht unerheblich mitgeschrieben und -gespielt hatten, neu zu arrangieren und entsprechend einzuspielen.
Da Bob Daisley sein Basislager in Australien hat und dort zuletzt mit einer Formation namens "The Hoochie Coochie Men" musiziert hatte, die im Frühjahr 2003 zusammen mit Jon Lord und Jimmy Barnes ein Konzert gaben, das sowohl als Doppel-CD und als DVD veröffentlicht worden ist ("Jon Lord & The Hoochie Coochie Men"), war der Kontakt zu Australiens führenden Rockshouter, Jimmy Barnes, geknüpft und wohl auch in gewisser Weise zu Deep Purple, obwohl Lord dort ja bekanntlich schon seit längerem (leider!) ausgestiegen ist.
Somit war ganz fix auch Steve Morse als Axtschwinger im Boot und kurz darauf schließlich Don Airey, Lords Nachfolger bei Purple.
Diese Formation spielte insgesamt 6 Ozzy-Nummern und 5 Eigenwerke ein, wobei letztere quasi während der Aufnahmesessions entstanden sein sollen, wohl so locker und lässig aus der Hüfte heraus geschossen und bums, meiner Meinung nach sind gerade sie die wirklichen Highlights auf einer Platte, die fast nur aus solchen zu bestehen scheint.
Schon der Opener treibt mir das Grinsen ins Gesicht, denn genauso würden AC/DC klingen, wenn sie damals ihren Landsmann Jimmy Barnes statt Brian Johnson engagiert hätten. Das passt einfach wie die berühmte Faust aufs Auge, nur Jimmy hatte damals ja mit seiner eigenen Combo Cold Chisel Großes vor.
Überhaupt, auf diesem Album gibt es mehrfach herrlich 'klassisch' anmutendes Heavy- oder Hardrockriffing zu genießen, so sind gewisse AC/DC-Affinitäten auch bei der Ozzy-Nummer "Flying High Again" nicht zu leugnen. Ansonsten kracht es gerade bei diesen Ozzy-Werken ganz gewaltig, wobei mir lediglich der gute alte Lee Kerslake etwas überfordert erscheint. Jimmy macht durch sein 'Meckerorgan' diese Songs quasi zu seinen eigenen, Daisley spielt ein solides Fundament, Don Airey trägt einige schöne, altmodisch anmutende Orgelfills bei und Steve Morse erweist sich wieder einmal als Tausendsassa, er kann wohl wirklich alles spielen und, sofern er will, auch jeden Gitarristen seiner Wahl klonen. Trotzdem dominiert natürlich sein spezifisches, eher nach Fusionstönen klingendes Spiel, was in diesem Kontext das Ganze vor der Gefahr bewahrt, womöglich nur wie ein gutgemeinter Zweitaufguss zu klingen.
Einen direkten Vergleich mit den Originalen von `80/`81 kann ich nicht anstellen, da ich absolut kein Ozzy Osbourne oder Black Sabbath Experte bin.
Aber vielleicht kann ich gerade deshalb ohne Vorurteile an diese Scheibe herangehen, und sie pustet mir in einigen Momenten so richtig schön meine Ohrenschmalzverstopften und von der allgemeinen musikmedialen Plattitüde verseuchten Ohren frei, bietet mir mit dem Song "Every Moment A Lifetime" einen ersten Anwärter für den Song des Jahres und hält mit "In The Name Of God" ein Werk bereit, welches den Kreis dieser Rezension wieder schließt und zu dem Jimmy Barnes in einem Interview sagt: "Wir waren in den USA, als die Amerikaner Afghanistan bombardierten und über einen Einmarsch im Irak diskutiert wurde - it was post-9/11. Alle predigten Krieg im Namen Gottes, Muslime wie Amerikaner - davon ist mir fast schlecht geworden! Der Song war eine Reaktion darauf, was ich im amerikanischen Fernsehen sah."
Dem hat der Rezensent nichts hinzuzufügen außer vielleicht der Feststellung:
Ja, die Zeiten erscheinen nicht nur, nein, sie sind hart!
Achtung Wertminderung: Diese Scheibe ist mit dem 'copy-controlled'-Kopierschutz der EMI versehen, kann also nicht privat kopiert werden. Siehe dazu auch diesen Kommentar.
Spielzeit: 67:25, Medium: CD, EMI, 2004/2005
1. Last Chance 2. I Don't Know 3. Every Moment A Lifetime 4. Crazy Train 5. in The Name Of Good
6. Flying High Again 7. Pushed Me Too Hard 8. Mr. Crowley 9. Tonight 10. Walk Away
11. Over The Mountain 12. Crazy Train (Live) 13. Good Times (Live)
Olaf "Olli" Oetken, 22.3.2005
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