Lucifer's Friend / Awakening
Awakening Spielzeit: 64:38
Medium: CD + Bonus-EP
Label: Lucifer's Records, 2015
Stil: Rock

Review vom 08.09.2015


Jochen v. Arnim
Es ist noch gar nicht so lange her, da stand John Lawton direkt vor mir auf einer Bühne in den Niederlanden und sang Lieder für Mick Box, Davey Rimmer, Phil Lanzon und Russell Gilbrook, gemeinhin auch unter dem Namen Uriah Heep bekannt. Jener Band also, bei der er 1976 das Erbe des gefeuerten David Byron antrat. Für einige wenige Shows hatte er sich wieder mit den Kollegen von früher (na ja, ehrlich gesagt, nur Mick Box ist aus der Zeit von damals übrig) zusammengetan, um sie gesanglich zu unterstützen, weil der Stammsänger eine Stimmband-OP auskurieren musste. Für diese Jungs, bzw. diese Songs hatte er seinerzeit 'seiner' Band Lucifer's Friend für einige Jahre den Rücken zugekehrt. Eine Band, 1970 in Deutschland gegründet, der irgendwie nie der richtig große Erfolg beschert war.
Trotz dieses Mangels gab es wiederum etliche andere Bands, die ihrerseits Songs der Hamburger Truppe um den englischen Sänger gecovert haben - viele Bands, viele Songs. Es schien und scheint also durchaus Interesse am Material Lucifer's Friends vorhanden zu sein. Da könnte man dann doch logisch folgern, dass eine Wiederveröffentlichung mit den beliebtesten Titeln der Band ihre Berechtigung hat? Eine Frage, die sich auch die Freunde Lucifers gestellt und selbst beantwortet haben. Da jedoch eine schlichte Zusammenstellung mit dem noch schlichteren Albumtitel "Best Of" dann doch zu platt war, gibt es neben dem alten Material auch eine nette Bonus-Scheibe mit vier brandneuen Stücken. Und wenn man schon mal dabei ist, Altes zu revitalisieren und die Band (in Teilen) auch wieder zusammenkommen lässt, dann kann man das gute Produkt guten Gewissens "Awakening" (Erweckung) nennen.
Erweckt wurden unlängst also zehn Tracks aus fünf ihrer acht Alben bis 1981, die laut eigenen Angaben mit zu den stärksten Titeln gehören, darunter alleine vier vom Debütalbum. Und die Sache mit den starken Titeln ist mitnichten eine der üblichen Übertreibungen von PR-Textern, denn grundsätzlich ist diese Werkschau schon eine eindeutige Best-Of-Veröffentlichung. Nahezu alle Tracks haben ein gewisses Etwas, das sich besonders vor dem Hintergrund der Zeit erschließt, zu der sie entstanden sind.
Da ist Led Zeppelin enthalten (direkt beim Opener, "Ride The Sky") und wir können
Black Sabbath entdecken. Da sind Jazz, Fusion, Prog und noch einige andere interessante Komponenten zu finden, die eindeutige Rückschlüsse auf die Vielseitigkeit der Musiker zulassen. Es gibt zudem Querverweise auf, natürlich, Uriah Heep, speziell durch Gesang und Hammond-Parts.
Qualitativ spielte die Band, die in all den Jahren nur wenige Konzerte gab, auf hohem und höchstem Niveau. Einzelne Mitglieder waren (und sind) auch bei den Les Humphries Singers oder dem James Last Orchester im Line-up und beide Ensembles ja nicht gerade dafür bekannt, den Bodensatz auszuwählen, eher das Gegenteil. So ist es auch fast schon müßig, hier eine Aufzählung der einzelnen, komplett remasterten Stücke vorzunehmen - das ist alles äußerst hörenswert und handwerklich einwandfrei. Lawton konnte natürlich fantastisch singen und, dass er nichts davon verlernt hat, durfte ich bei der eingangs erwähnten Show erleben.
Der Hörer kann sich davon zudem mittels der vier Bonustracks überzeugen, die allesamt neueren Datums sind und von Hesslein, Horns und Lawton Ende des letzten Jahres geschaffen wurden. Anknüpfend an die ganz alten Lucifer's Friend merkt man dem Material zwar an, dass es sich um Stücke aus der Neuzeit oder zumindest einer jüngeren Ära handelt. Man wird sich aber eben nicht mit vierzig Jahren musikalischer Entwicklung kämpfen sehen, denn die Herren haben irgendwie ganz geschickt dort weitergemacht, wo sie vor langer Zeit aufgehört haben.
Diese Ausgabe von "Awakening" ist bestens geeignet, dem geneigten Hörer einen feinen Überblick über das Schaffen und die musikalische Vielfältigkeit der Teufelsfreunde zu bieten. Das ist kein Einheitsbrei psychedelisch angehauchter Krautrocker, sondern Musizieren auf einer hohen Sprosse der Leiter. Auch die neuen Stücke - und jetzt möchte ich mit "Pray" dann doch mal eines hervorheben - lassen hoffen, dass Lawton & Co. nicht wieder in der Versenkung verschwinden. Vielleicht haben wir ja bald mal wieder die Chance, eine der Bands live zu sehen, die aus der (deutschen) Musikgeschichte nicht wegzudenken sind. Ich für meinen Teil würde mich freuen und empfehle ein Antesten!
Line-up:
John Lawton (vocals)
Peter Hesslein (guitar)
Dieter Horns (bass)
Peter Hecht (keyboards)
'Addi' Rietenbach (drums - #1-5)
Curt Cress (drums - #6,7)
Herbert Bornholdt (drums - #8-10)
Tracklist
01:Ride The Sky
02:In The Time Of Job
03:Keep Going
04:Toxic Shadows
05:Burning Ships
06:Fugitive
07:Moonshine Rider
08:Dirty Old Town
09:Fire And Rain
10:Hey Driver

Bonus-EP:
01:Pray
02:Riding High
03:Did You Ever
04:This Road
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