Wow, was 'ne Scheibe, die mir da vor die Ohren kommt. Wenn Mrs. Moorer ins Gespräch kommt bin ich eh immer ganz Ohr, denn die beiden CDs, die ich bisher besprechen durfte, haben es in sich und finden immer mal wieder den Weg in meinen Player.
Und "The Duel" setzt noch einen drauf. Allison Moorer hat sich von ihrem bisherigen Major Label verabschiedet und bei dem neuen Indie Label kann nun auf die Nashville Connection gesch...en und endlich das Publikum bedient werden, welches sie eh schon immer im Visier hatte.
Der Opener "I Ain't Giving Up On You" legt mit einer astreinen Crazy Horse-Gitarre die Messlatte sehr sehr hoch. Absolut dreckige Desert-Riffs kommen verzerrt aus den Boxen und dann diese Wahnsinnsstimme...
Ich frage mich bei jedem Hördurchgang, wie man solche Stimmungen, Melodien, Refrains usw. "erfinden" kann. Denke ich, ich hab nun den besten Track der CD gefunden, lässt mich der folgende wieder zweifeln.
Ist es nun Country oder Rock? Schwer zu klassifizieren und ganz ehrlich: Das will ich auch nicht.
Wie schon bei den Vorgängeralben hat Allison einiges zu sagen. Diesmal sogar richtig hart. Es geht gegen Gott, gegen ihre Heimat, gegen einen Partner und schließlich auch gegen sich selbst. Das klingt zumindest traurig, ist es aber nicht. Wenn man das Album mehrmals gehört hat, dann macht es eher Mut, als dass es verzweifeln läßt. Trotzdem, Songs wie "Sing Me To Sleep" muss man erst verdauen. In diesem sehr ruhigen, von Vocals und akustischer Gitarre lebenden Song, geht es um eine sterbende Frau, deren letzter Wunsch ein Wiegenlied ist, welches sie auf dem bevorstehenden Weg begleiten soll. Das geht schon tief rein.
Noch mehr Gefühle gewünscht? Dann "The Duel", der Titeltrack. Da steht sie am Grab ihres Lovers und nimmt den lieben Gott in die Verantwortung. Auch ein ruhiger Song und die Blues Harp setzt dem Ganzen die stimmungsmäßige Krone auf.
"In this cemetery mist
Stands a newborn atheist
Even if you do exist
You're far from almighty."
"All Aboard" ist eine harte Anklage. Angeklagter ist der chauvinistische US-Patriotismus. Nationalstolz, den man im Walmart billig kaufen kann. Langsam verstehe ich, wieso sie Nashville den Rücken gekehrt hat, denn dieser Titel wäre mit Sicherheit auf dem Index gelandet:
"Sign up and get a flag
wear it proudly you can brag
to the fools who didn't volunteer
Some restrictions do apply
watch your mouth and close your eyes
and we allow no yellow foreign queers."
"The Duel" ist ein Album, welches man bewusst hören sollte, denn neben absolut geiler Musik gibt es "richtige Texte". Und wenn es jemand unbedingt als Countryalbum einstufen will, dann ist es eines der mutigsten Countryalben aller Zeiten.
Kaufen Leute - und zuhören und somit der Künstlerin zeigen, dass es der richtige Weg war, Nashville den Rücken zu zeigen.
Für mich ist es Countryrock vom Allerfeinsten. Desertgitarren - ganz, ganz schmutzig und rau und konträr dazu, diese durch Mark und Bein gehende Stimme - so tief und eindringlich und vor allem ehrlich. Ein Meisterwerk.
Anspieltipps:
"I Ain't Giving Up On You", "Baby Dreamer", "All Aboard", "The Duel", "Sing Me To Sleep"
Spielzeit: 43:11, Medium: CD, Sugar Hill Records, 2004
1:I Ain't Giving Up On You, 2:Baby Dreamer, 3:Melancholy Polly, 4:Believe You Me, 5:One On The House, 6: All Aboard, 7:The Duel, 8:When Will You Ever, Come Down, 9:Louise Is In The Blue Moon, 10:Once Upon A Time She Said, 11:Sing Me To Sleep
Ulli Heiser, 11.05.2004
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