Ca. 10.000 Menschen pilgerten in die Arena nach Leipzig, um das texanische Trio ZZ Top zu erleben. Darunter waren aber auch, wie sich später rausstellte, jede Menge Gary Moore-Fans.
Eingelassen wurden wir zwar überpünktlich, dafür aber gründlich durchgefilzt.
Pünktlich um 20.00 Uhr beginnt Gary Moore, begeistert empfangen von seinen treuen Fans.
Gary eilte bisher der wenig schmeichelhafte Ruf voraus, der "Erfinder des Hausfrauenblues" zu sein, aalglatte Versionen des Bluesrock zu spielen.
Bereits nach dem Erscheinen seines neuen Albums "Scars" im September diesen Jahres, welches er uns nun auch live vorstellte, musste so mancher seine Meinung revidieren und wer seinen Auftritt in Leipzig gesehen hat, wird mir uneingeschränkt zustimmen.
Ich war schlicht und ergreifend begeistert. Es hat wirklich Spaß gemacht, seiner Musik zu lauschen. Ob die neuen Musiker an seiner Seite "schuld" daran sind, dass Gary rockt wie die Hölle? Dazu sein mehr als dreckiger Gesang - das haute mich doch tatsächlich um.
Denn Bass zupft Cass Lewis, ehemals Skunk Anansie und an den Drums sitzt Darrin Mooney, der früher bei Primal Scream, der wohl letzten Drogen-Band in der Tradition der alten Mods, auf die Felle drosch.
Lediglich mit einer einzigen Bluesballade, "Still got the Blues", die mit Sicherheit alle erwartet hatten, schaltete er einen ganzen Gang zurück, um uns verschnaufen zu lassen. Aber danach ging es sofort wieder in die Vollen.
Nach gut einer Stunde sollte Schluss sein, aber die Fans ließen es nicht zu, dass er ohne Zugabe so einfach von der Bühne verschwindet und Gary ließ sich, sichtlich erfreut über die Resonanzen, natürlich auch nicht lange bitten.
Nach diesem Gig sah ich rundherum zufriedene Gesichter.
Der europäische Teil der XXX-Worldtour war ja bereits für den Sommer 2000 angesetzt, jedoch musste die Tour abgesagt werden, da bei Dusty Hill Hepatitis C diagnostiziert wurde.
Angekündigt wurde damals dafür eine ausgefallene Bühnendekoration, die zwar jetzt lt. Aussage von Dusty, "nicht mehr ganz so extravagant wie in früheren Tagen ausfallen, dafür aber mit jeder Menge Überraschungen aufwarten wird".
Nun - wir waren natürlich gespannt.
Der Umbau begann pünktlich nachdem Gary Moore die Bühne verlassen hatte. Natürlich harrten alle der angekündigten Überraschungen, die da kommen sollten:
Wow - eine Mini-Deko mit zwei Kakteen aus Pappmachee, ein silbriger Vorhang, nette Beleuchtung und fertig war damit also die Super-Bühnen-Ausstattung. Wo blieb nun die angekündigte Überraschung? Naja...
Mit etwas Verspätung betraten dann die beiden Rauschebärte, einschließlich ihres Ersatzdrummers, die Bühne. Drummer Frank Beard ist in Paris am Blinddarm operiert worden. Die Band wollte dennoch ihre Europa-Tournee fortsetzen und somit sprang John Douglas als Ersatzmann für ihn ein. Er meisterte seine Sache hervorragend.
Irgendwie hatte ich das Gefühl, dass nach der schweren Krankheit des Bassgitarristen Dusty Hill und einer zweijährigen Tour-Pause in Europa die Luft raus war und die beiden Routiniers nur sehr langsam in Fahrt kamen.
Unangenehm war außerdem, dass man von einer überlauten Bassdrum regelrecht überrollt wurde, die einem fast die Luft wegnahm. Einige der Zuschauer, die sich ebenfalls weit vorn platziert hatten, verschwanden fluchtartig. Sitzen die Knöpfchendreher denn wirklich auf ihren Ohren?
Den rund 10.000 Fans konnte ZZ Top in der ersten Stunde lediglich ein kollektives, rhythmisches Kopfnicken entlocken und irgendwie gaben sich die Texaner auch sehr wortkarg.
Das Duo Hill/Gibbons machte eine Zeitreise durch ihre jahrelange Karriere ("Thank You", "Waiting For The Bus", "Jesus Just Left Chicago" stand schon auf der Setlist beim Debütauftritt im Rockpalast 1980).
Hey Ihr zwei Rauschebärte, hattet ihr uns denn nicht Überraschungen versprochen?
Aber auf die großen Hits ließen sie ihre Fans sehr lange warten.
Und so schallt der Wald, in den die drei Käuze ihre ewige Botschaft - Suff, Speed und Weiber - hineinrufen, nur mäßig säuselnd zurück.
Erst während der letzten 45 Minuten einschließlich Zugaben konnten ihre Anhänger endlich die Luftgitarren auspacken. Hits wie "Sharp Dressed Man", "Cheap Sunglasses" oder "Gimme All Your Lovin'" und endlich auch "Legs" machten in der letzten Dreiviertelstunde richtig Dampf in den Kessel.
Nun gut, ich will nicht zu viel meckern: ihr kräftiger Blues-, Rock- und Boogie-Mix sowie die meisterhafte Beherrschung der Gitarren: stark - und wie immer verblüffte ihr Minimalismus: Ein Schlagzeug und zehn Gitarrensaiten reichen ZZ Top, um ihre Hits mit sattem Sound zum Besten zu geben. Aber von einer Show, auch wenn sie nur in abgespeckter Form aufgefahren werden sollte, konnte keine Rede sein.
Alles in allem ist mein Bedarf an ZZ Top wirklich gedeckt.
Bilder vom Konzert
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