Gregor Meyle / Meile für Meyle
Meile für Meyle Spielzeit: 40:13
Medium: CD
Label: Meylemusic, 2012
Stil: Pop, Rock, Liedermacher

Review vom 19.06.2012


Günther Klößinger
Da schaffte es doch glatt mal jemand, eine der vielen unsäglichen Casting-Shows zu erstürmen, indem er tatsächlich etwas machte, vor dem seinen Mitbewerbern offenkundig graut: sein wirklich eigenes Ding. Üblicherweise trällern die Stars und Sternchen in spe ja Songs, die bereits eine Erfolgsgeschichte hinter sich haben. Nicht so Gregor Meyle, der vor einigen Jahren in Stefan Raabs Talentschuppen mit ausschließlich selbst verfassten und sehr persönlichen Songs antrat. Das ist schon verwunderlich genug - noch mehr überrascht es, dass es ihm glückte, damit bis ins Finale zu gelangen. Schließlich schaffte Meyle es dann doch nur auf Platz zwei, aber dieser Erfolg öffnete ihm Tür und Tor.
In der Folge wurde ein Erstlingsalbum produziert, das von Kritik und Publikum wohlwollend aufgenommen wurde. Nur Herrn Meyle passte was nicht: Wie bereits erwähnt, er möchte 'sein eigenes Ding' machen und so gründete er für die zweite Scheibe "Meylenweit" sein eigenes Label, um größere künstlerische Unabhängigkeit garantiert zu haben. Und auch das nun vorliegende Werk, "Meile für Meyle", hat der stille Star nach seinen Vorstellungen gestaltet.
Dabei ist sein größtes Potenzial die Authentizität, mit der er seine Ideen umsetzt. Denn er wandert auf einem sehr dünnen Pfad zwischen Sentimentalität und Kitsch, wobei es ihm aber immer gelingt, zielsicher an purem Schlagerpathos und Belanglosigkeit vorbeizuschrammen. Und dies gilt für Musik und Texte gleichermaßen. Man nimmt Meyle einfach ab, dass er so ist, wie er sich gibt. Bei nahezu jedem anderen würden die Zeilen des jungen Songwriters zu peinlicher Schlagersülze erstarren, doch auf "Meile für Meyle" klingen die Lebensweisheiten und persönlichen Eindrücke einfach nur echt.
Die Kompositionen und Arrangements sind unaufdringlich und nur beim ersten Hinhören schlicht. Spitzt man seine Ohren mal so richtig, wird man viel Liebe zum Detail und Feinfühligkeit in Melodik und Begleitung entdecken. Von akustischen Popnummern mit einer Prise Country Folk ("Solang ich dran glaube") bis zu lockerem Bigband-Swing ("Wunder") reichen die Zutaten aus der Notenküche, mit denen der Hobbykoch sein musikalisches Menü kredenzt. Hin und wieder noch ein wenig Musettewalzer oder ein Hauch Softrock und die Köstlichkeit ist fertig.
Trotz dieser vielen Einflüsse klingt das Album wie aus einem Guss, hat einen homogenen, charakteristischen Sound und überzeugt durch eine schlüssige Gesamtdramaturgie. Die große Klammer, die all die Zutaten zusammenhält, ist Gregor Meyles Stimme. Die zarte Schnoddrigkeit vermittelt menschliche Wärme. Und so geht es in Meyles Texten oft um Mut - Mut, etwas durchzustehen, oder bei Rückschlägen doch weiterzumachen ("Steh' wieder auf").
Dass diese Lebensweisheiten eben nicht aus Binsen gestrickt sind, sondern in ihrer schlichten Deutlichkeit jedem und jeder was zu sagen haben, ist eine weitere Stärke in Meyles Songwriting: Wer sich auf seine Lieder einlässt, wird sich höchstwahrscheinlich in vielem wiederfinden.
Sicher ist der Songpoet auch ein deutscher Liedermacher im klassischen Sinne: ein gewitzter Beobachter des täglichen Lebens. Wer dabei die politische Message vermisst, hat nicht genau hingehört - kann man heute etwas Politischeres singen als "Keine Macht den Pessimisten"? Zudem ist ein humorvolles Augenzwinkern allgegenwärtig in Meyles Texten. Egal, ob er nun ein Popsänger oder ein Chansonnier ist - solche Schubladen taugen eh nur rudimentär: Gregor Meyle ist einfach nur er selbst und es bleibt zu hoffen, dass er auch weiterhin sein eigenes Ding durchziehen kann.
Line-up:
Christian Lohr, Dominik Krämer (Bass)
Gregor Meyle (Gesang)
Gregor Meyle, Markus Segschneider, Jake Roeder (Gitarre)
Christian Lohr (Tasten)
Christian Lohr, Massimo Buonanno (Schlagzeug)
Christian Herzberger (Geige & Viola)
SWR Bigband (- #8)
Tracklist
01:Solang ich dran glaube (3:11)
02:Das Schlimmste ist vorbei (3:57)
03:Steh' wieder auf (4:00)
04:Du bist das Licht (3:56)
05:Keine Macht den Pessimisten (2:59)
06:Dann bin ich zuhaus' (3:58)
07:Hätt' nix dagegen (3:05)
08:Wunder (4:09)
09:Dann find' ich dich (3:37)
10:Nichts ohne Grund (3:17)
11:Keine ist wie du (3:56)
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