Mag es auch so klingen, dass es sich hier um Musiker aus den USA handelt - dem ist nicht so, denn hier fand eine schweizerisch-österreichische Kooperation statt. Darüber hinaus treffen zwei Generationen aufeinander: Einerseits der 1956 geborene Harry Marte und andererseits Bandmitglieder, die zwischen 1972 und 1978 das Licht der Welt erblickten. Für mich war zunächst sehr interessant zu erfahren, dass die Begleiter - Big Pit genannt - allesamt ebenfalls im Bereich des Jazz' tätig waren. Gespannt war ich also darauf, ob dieser Umstand Auswirkungen auf den Sound haben könnte. Nun, die Presseinformation spricht unter dem Stichwort 'Genre' von »Americana, Folk, Blues, Country Rock.«
Ganz cool und lässig im Stile eines gemäßigten Southern Rocks geht's auch schon mit "Driftwood" ab - das wirkt professionell und groovt ungemein gut und federnd.
Marte erweist sich sofort als Sänger mit Profil, mit einer Stimme, die gegerbt von Höhen und Tiefen des Lebens geprägt zu sein scheint. Ganz besonders auffällig wird dies bei langsameren Songs, wie gleich dem zweite Titel "John Grady", deutlich. Hier fällt mir unvermittelt ein gesanglicher Hauch von
Bob Dylan auf, dazu eine Gitarrenbegleitung, die mit klarem Ton eine harmonische Stimmung schafft, die schon jetzt viel für den weiteren Verlauf der Platte verspricht. Etwas schwingt auch von einigen Titeln aus der Outlaw-Szene aus Texas mit. Die Aussage in der Presseinfo bestätigt sich also.
"Nasty Friend" ist ein toller Song, mit ganz cooler Ausprägung und Bluesfeeling. Hier klingt für mich ein wenig
John Hiatt an.
Emotional dargebotene Frische und Unverbrauchtheit zieht sich atmosphärisch durch die Spielzeit und immer wieder sind es die kleinen Überraschungen innerhalb der Arrangements einiger Stücke, die Lust auf Mehr machen. Zum Beispiel sei der kurze Country-Ausflug mittels des Banjos auf "Crack Jack" genannt. Mit bei einigen ruhigen Songs manchmal brüchiger Stimme zeigt sich, dass
Harry Marte technisch nicht einer der besten Sänger des Genres ist, dafür aber mit Emotion und Individualität punkten kann - somit klingt nichts falsch, alles ist genau so richtig wie es rüberkommt.
Generationenprobleme gibt es im Zusammenspiel ebenfalls nicht. Die Vier klingen wie verschmolzen und einwandfrei miteinander harmonierend. Die Palette der Spielarten ist dabei groß ausgelegt: Neben gängigen Mustern finden sich auch immer wieder außergewöhnlich anders ausgeprägte Stücke, wie zum Beispiel das sehr auffällige "The Long Way" mit seinem ungewöhnlichen Aufbau und der besonderen Atmosphäre.
Gar fröhlich und klar in Richtung Country marschiert "Let It Roll", das Assoziationen an
Johnny Cash weckt. "Naked Ride" ist eine leicht melancholische Ballade und mit dem satt wie trocken groovenden "Burn Your House Down" - mit einer an einigen Stellen an
Jimi Hendrix erinnernden Gitarre - verabschiedet uns
Harry Marte & Big Pit aus einer überraschenden Platte, mit Musik, wie ich sie aus diesen Gefilden so nicht erwartet hätte.
Ach ja, Jazz wird zwar nicht geboten, aber vielleicht ist dies der Tatsache, dass die Jungs diesen schon gespielt haben und auch sonst recht vielfältig musikalisch unterwegs waren/sind, zu verdanken - wohl deshalb beherrschen sie die verschiedenen Spielarten dieser Platte einwandfrei und professionell.