Auch ein alter Metaller wie ich gönnt sich mal etwas anderes. Bei mir war es am 02.04.11 der Fall: Katie Melua in der Mannheimer SAP Arena. Für mich ein Muss, nachdem ich sie schon auf ihrer letzten Tour 2008 in Saarbrücken bewundern konnte. Leider wurde die 2010-Tour auf 2011 verschoben. Angeblich wegen Burnout von Katie Melua. Anscheinend hatte sie sich zu viel zugemutet und musste etwas kürzer treten. Kein Wunder bei dem Programm, das die mittlerweile 27-jährige in den letzten acht Jahren absolvierte.
Doch kommen wir zum Konzert in der Mannheimer SAP Arena, die sehr gut gefüllt, aber nicht ganz ausverkauft war. Ein Grund war bestimmt die Verschiebung des Konzertes.
Bevor Katie Melua und ihre Band die Bühne betraten, zeigte Yoav Sadan seine One Man Show. Der gebürtige Israeli, in Südafrika aufgewachsen und nun wohnhaft in New York und London ist stark beeinflusst von der New Yorker Club- und Electronic-Szene. Ganz allein auf der Bühne, kreiert er mit seiner Loop Station vor jedem Lied live seinen Beat. Er nutzt die komplette akustische Gitarre als Instrument. Auf den Korpus der Gitarre klopfend und zärtlich die Bünde berührend, dauert es Minuten, bis der Grundrhytmus steht und die Loop Station programmiert ist. Dann spielt er die Gitarre und singt dazu. Für mich etwas völlig Neues, das ich ehrlich gesagt nicht so richtig einordnen konnte. Einerseits zeigt Yoav eine Kreativität, die wohl vor allem den Vollblutmusikern gefällt, andererseits waren zu viele Menschen anwesend, die mit dieser Art Musik zu machen, nichts anfangen konnten. Als nach dem zweiten Lied von den oberen Rängen »Aufhören« gerufen wurde, tat mir der Künstler fast leid. Aber auch ich wurde mit der Zeit immer unruhiger, da sich die Lieder nicht groß unterschieden. Kurz: Mir war langweilig. Und nicht nur mir. Die Unruhe in der Halle war kaum zu überhören und mehr als Höflichkeitsapplaus gab es nicht. Nach ca. 30 Minuten und fünf Songs war dann auch Schluss. Wenn man bedenkt, dass Yoav vor jedem Lied seinen Beat in die Loop Anlage spielte und dazu mehrere Minuten benötigte, konnten ja nicht mehr Nummern herauskommen. Für mich war das Ende eine Erlösung.
Ein etwas älterer Herr zwei Sitzplätze neben mir, war nicht mehr zu bremsen und so musste ich mir die komplette Umbauphase seine Flüche anhören, warum er so viel Geld für so einen Müll zahlt, usw. Auch nach meinem Gang zur Toilette tobte der Mann weiter, so dass ich ihn mit Nichtbeachtung strafte. Seine Frau musste sich das ganze Gezetere anhören und ich habe sie wirklich nicht beneidet.
Erlöst hat mich dann Katie Melua. Das Licht ging aus und "The Closest Thing To Crazy" ertönte aus der Dunkelheit. Und schon wieder höre ich den älteren Herren neben mir meckern: »Jetzt spielt die auch noch vom Band«. Nix da. Hinter dem Vorhang steht die gebürtige Georgierin Katie Melua allein mit ihrer Gitarre und singt. Und wie sie singt. Die SAP Arena liegt ihr gleich zu Beginn zu Füßen und der ältere Herr gibt keinen Mucks mehr von sich. Danke Katie!!!
In den folgenden zwei Stunden präsentierte sie eine schöne Mischung aus allen bisher veröffentlichten Platten sowie zwei Coversongs ("Just Like Heaven" von The Cure und "Going Up The Country" von Canned Heat). Jedes Stück wurde optisch unterlegt von tollen Spielereien auf der großen Leinwand hinter der Band. So flogen z.B. bei "Red Balloons" rote Ballons über den Himmel. Bei "God On The Drums, Devil On The Bass" konnte man sehen, wie toll das Zusammenspiel zwischen Optik und Akustik sein kann. Auf der Leinwand hinter der Band dachte man zuerst, dies seien die echten Schatten des Bassisten und des Schlagzeugers. Doch plötzlich wuchsen die Schatten. Der Schatten des Bassisten Tim Harris verwandelte sich zu einem Teufel mit roten Augen und stritt mit dem ebenfalls gewachsenen 'Gott' des Schlagzeuger-Schattens ( Henry Spinetti). Dieser optische Effekt in Zusammenhang mit dem düsteren Sound war gewaltig und beeindruckend.
Und natürlich die Stimme von Katie Melua. Kraftvoll, klar und ohne Fehler. Was diese kleine Person leistet, ist großartig. Mühelos wechselt sie die Musikrichtungen und setzt ihre Stimme passend zum Lied ein. Die Bandbreite reicht von gefühlvollen Balladen über Blues, Jazz, Pop und sogar Rock. Dabei wurde sie von einer hervorragenden Band unterstützt. Immer wieder hat sie auf ihre tollen Mitmusiker verwiesen, die auch genügend Spielraum zur Entfaltung erhielten. Das Solo von Luke Potashnick (Gitarre) und Jim Watson (Piano) war klasse und speziell Luke Potashnick konnte zeigen, wie gut er an der Gitarre ist. Er steigerte sich während seines Solos in einen wahren Geschwindigkeitsrausch. Toll gemacht!!!
Auch Schlagzeuger Henry Spinetti, ein großartiger Session-Musiker, der u.a. schon mit Eric Clapton, Tina Turner, Roger Daltrey und Bob Dylan zusammengearbeitet hat, lieferte grundsolide Arbeit ab. Routiniert, abgeklärt und super cool lieferte er den Background.
Auch der Sound in der SAP Arena war klasse. Kraftvoll und sehr gut an die Halle angepasst. Ein Soundereignis der Extraklasse. Es wurde eine Stimmung kreiert, die sowohl zum Träumen, als auch zum Mitklatschen anregte. Nie wurde es langweilig. Katie Melua benötigt keine große Show. Ihr reicht eine Leinwand, ein paar Scheinwerfer, ihre großen dunklen Augen und angestrahltes Trockeneis, um die jeweils passende Atmosphäre zu entwerfen.
Einzige Ausnahme: Gegen Ende des Konzertes regnete es mit Trockeneis gefüllte Luftballons, die wie riesige Schneeflocken langsam zu Boden schwebten. Sie schafft es immer, eine Atmosphäre zu erzeugen, in der sich das Publikum wohl fühlt, ohne die Sinne zu überreizen. Das muss man erst mal hinbekommen.
Mit Standing Ovations bedankte sich das zufriedene Publikum für eine grandiose Show. Sie bedankte sich mit drei Zugaben ("Nine Million Bicycles", "Kozmic Blues" und meinem Favoriten, "Spider's Web".
Katie Melua ist für mich eine der besten Sängerinnen, die ich kenne. Ein Konzert von ihr muss man einfach erlebt haben. Ich wurde nicht enttäuscht. Danke Katie!
Setlist:
The Closest Thing To Crazy
Just Like Heaven (The Cure-Cover)
If You Were A Sailboat
The Flood
Tiny Alien
I'd Love To Kill You
A Moment Of Madness
The One I Love Is Gone
Perfect Circle
Lilac Wine
Walk Lightly On The World
Going Up The Country (Canned Heat-Cover)
God On The Drums, Devil On The Bass
The House
Red Balloons
Plague Of Love
Call Off The Search
Twisted
A Happy Place
My Aphrodisiac Is You
Zugabe:
Nine Million Bicycles
Kozmic Blues
Spider's Web
Line-up:
Katie Melua (guitar, vocals)
Jim Watson (piano)
Henry Spinetti (drums)
Tim Harris (bass)
Luke Potashnick (guitar)
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