Eine 25-Jährige aus Emmendingen bei Freiburg, jetzt wohnhaft in Langenfeld bei Leverkusen, schickt sich an, die Metalszene zu erobern. Die Dame hört auf den Namen Layla Milou, ihr Werk heißt "Reborn". Soso, wiedergeboren also, aha. Dieser trächtige Titel verursacht eine erste Vermutung. Zur genaueren Beleuchtung bemühe ich die größte Internetsuchmaschine. Ein Klick, ein Blick, und schon wird meine Vermutung bestätigt: Layla Milou versuchte 2009 mit ihrem Debüt "The Pink Parade" die Charts zu stürmen - einer Pop-Rock-Scheibe à la Avril Lavigne vs. Kelly Clarkson vs. Pink mit deutschem Akzent. Vermutlich hatte jene Platte mäßigen Erfolg, lautet mein nächster Verdacht, denn ihr zweiter Wurf "Reborn" hat so gut wie gar nichts mehr mit dem Girlie-Pop von damals zu tun. Mit Authentizität und Originalität leider auch nicht besonders viel.
Milou wechselte für Anlauf Numero zwo nicht nur ihren Sound und ihr Label, sondern auch gleich ihr komplettes Image - eine ähnliche Metamorphose ist gegenwärtig auch bei Kate Nash zu beobachten. Die junge Dame Milou, die jetzt auf hart macht, sich düster kleidet, gleichermaßen dreinschaut (beim Album-Cover muss ich unwillkürlich an Angela Gossow von Arch Enemy denken) und die Kompromisslose mimt, erweckt in mir sofort den Eindruck, dass hier eine erfolgversprechendere Sparte bedient werden soll - böse Mädchen verkaufen sich halt immer noch gut. Und so erhärtet sich mein Verdacht beim Durchhören von "Reborn": Mit einer Mischung aus überwiegend schwermetallischen Klängen zwischen Melodic Rock, Pop Punk und Nu Metal, die in Mainstream-Songstrukturen gepresst wurden, und vermeintlich erwachsenen Texten will Layla Milou in den Charts landen. Dieses Album klingt vielerorts zu sehr nach zwanghafter Aufmerksamkeitshascherei und einer Zweitplatzierten aus einer der überflüssigen wie inhaltsleeren TV-Castingshows. Der Girlie-Welle schwamm sie 2009 vergeblich hinterher. Jetzt versucht sich Milou halt im massenkompatiblen Metalformat, das auch in jedem Galeria Kaufhof ertönen kann, ohne dass denen dadurch gleich die ganze Kundschaft schreiend davonläuft. Damit vermag man zu punkten bei pubertierenden Teenagern in schwarzen Kluften. Für anspruchsvolle Musikliebhaber ist dies allerdings zu wenig.
Songtitel wie "Porn", "Fuck You", "Murder In High Heels" und "Bloody Valentine" sollen wohl dem Hörer noch vor dem Einlegen der CD die neu gewonnene Härte und das Erwachsensein signalisieren. Von den beiden erstgenannten Stücken sind die Texte im Booklet nicht abgedruckt und lediglich mit 'censored' gekennzeichnet - wie anstößig!
Abgesehen davon muss man allerdings klar sagen, dass Melodic Rock Frau Milou besser zu Gesicht steht als überzuckerter Kaugummi-Pop. Besonders ihre raubeinig anmutende Stimme scheint geeigneter für das etwas härtere Musikgenre. Und so gibt es gesanglich auch den ein oder anderen Lichtblick auf dieser LP: Für die Ballade "Bloody Valentine" hat sich Milou den ehemaligen Sänger von Black Sabbath Tony Martin ins Studio geholt. Martin verleiht besagter Nummer nicht nur mit seinem Namen einen Hauch von Größe, beide Stimmen harmonieren zudem hervorragend miteinander. Warum hingegen Paul Di'Anno, immerhin von 1977 bis 1981 Sänger bei Iron Maiden, bei "Your Own Control" in den zweistimmigen Parts so weit in den Hintergrund gemischt wurde, ist mir ein Rätsel. Und selbst Clawfingers Jocke Skog, der bereits für Rammstein und In Extremo gearbeitet hat, mischt auf "Reborn" mit und bettet den Song "Access Denied" in einen diskotauglichen Remix ein. Im Großen und Ganzen klingt mir Milous Stimme aber einfach zu verkrampft erwachsen, zu gezwungen, wodurch die bezweckte Düsterkeit nicht wirklich zündet.
Instrumentell bietet "Reborn" leider ebenso wenig Aufhorchendes. Songs wie "Access Denied" oder "Porn" beinhalten noch die griffigsten Gitarrenriffs des insgesamt zwölf Titel umfassenden Albums. "Famous Star" höre ich bereits nach den ersten Noten die enge Verwandtschaft zu "The Look" von Roxette an. Bei "Disconnected", das mit seinen eingängigen Power-Akkorden und seinem Tom-Tom-Rumpelschlagzeug wie eine zweitklassige Green Day-Nummer daher poltert, ist die AOR-Affinität dieser Platte nicht mehr zu leugnen. "Circus Of The Dawn" versucht sich unbeholfen im Hochgeschwindigkeits-Rock - die hierbei eingestreute Zirkus-Runde im Dreivierteltakt verpufft harmlos.
Layla Milou möchte musikalisch durchaus erwachsen klingen, allerdings erweckt sie auf ihrem zweiten Werk von vorne bis hinten eher den Anschein, als suche sie noch immer ihren Sound, ihren Weg und sich selbst. Auch wenn sich dieser Umstand für den ein oder anderen Hörer reizvoll anfühlen mag - überzeugend ist anders. Möglicherweise benötigt Layla Milou für ihre Selbstfindung noch etwas Zeit, bevor sie ihre Nische entdeckt und zur vollen Reife kommt.
Anmerkung: Die hinten auf der CD-Hülle aufgedruckte und daher auch hier aufgeführte Trackliste stimmt mit der eigentlichen Reihenfolge nicht überein. Der Song "Access Denied (Clawfinger Remix)" wurde von der letzten Position an den Anfang der CD gesetzt.
Line-up:
Layla Milou (vocals)
T. White Jackson (drums)
Johnny Gee (basses)
Martin Behmerburg (guitar - all songs except #6)
Bjoern Donath (guitar - all songs except #6)
Oliver Schwung (guitar - #8,9)
Aaron Goldberg (guitar - #8)
Thomas Burghof (guitar - #6)
Tony Martin (vocals - #6)
Paul Di'Anno (vocals - #9)
Tracklist |
01:Porn
02:Access Denied
03:Murder In High Heels
04:Famous Star
05:Fuck You
06:Bloody Valentine
07:Sex Race
08:Disconnected
09:Your Own Control
10:Circus Of The Dawn
11:Black Roses
12:Access Denied (Clawfinger Remix)
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