»Mit 18 rannte ich in Düsseldorf rum,
war Sänger in 'ner Rock'n'Roll Band,
meine Mutter nahm mir das schon immer krumm,
ich sollte was Seriöses werden.«
So lauteten die Zeilen des Openers zum Album "Mit Pfefferminz Bin Ich Dein Prinz", mit dem Marius Müller-Westernhagen 1978 zweifelsohne den Sprung vom Schauspielfach ins erfolgreiche Musik-Entertainment vollzogen hatte. Aber Düsseldorf und
Rock'n'Roll Band, passt das zusammen? Wohl kaum.
Ich verbinde noch heute mit der Stadt Schickimicki, Bussi Bussi, Altbier, Sektflöte (wer trinkt schon so ein Zeug?) und schlechten Fußball. Was bodenständige Rockmusik angeht, aus meiner Sicht immer noch tote Hose. Gut, in der Philipshalle gaben sich etliche bekannte Größen des Rockbusiness die Klinke in die Hand, aber wohl eher einem überregionalen Publikum. Und so erinnert sich der Mittlerweile-Hanseat auch im Bonusteil beigefügten Interview, wie man seinerzeit teilweise vor drei tanzenden Pärchen spielte. Von daher ist der Wandel vom aufmüpfigen Halbstarken mit Ruhrpottcharme (man denkt gerne an seine Filme "Aufforderung zum Tanz" und "Theo gegen den Rest der Welt" zurück) zum arrogant und unterkühlt wirkenden, inzwischen aber gesellschaftsfähigen Prominenten im Edelzwirn durchaus nachvollziehbar, man kann seine Herkunft eben nicht für immer verleugnen. Na ja, zumindest Mama wird es letztendlich gefreut haben...
Wie dem auch sei, die o. g. Scheibe war die erste deutschsprachige LP, die ich mir überhaupt zulegte (bis zum heutigen Tage komme ich immer noch nicht über zwei Hände voll hinweg, ich habe auch mit Pete Wyoming Bender überhaupt erst ein deutschsprachiges Konzert von Bedeutung erlebt), so dass zumindest ein klein wenig nostalgische Gefühle beim Namen Westernhagen aufkommen.
Kommen wir zum Corpus Delicti, seinem Live-Konzert aus der Sporthalle in Hamburg aus dem Jahre 1989, das es jetzt als DVD zu erwerben gibt, nachdem es zur damaligen Zeit zu einer der erfolgreichsten deutschen Platten- und Video-Produktionen avanciert war.
Westernhagen war einer der ersten Künstler, der amerikanische Rockmusik mit deutschen Texten geschickt kombiniert hatte. Die Strophen und Refrains sind leicht zu merken, haben oftmals einen dezent frechen Witz und sind in dem meisten Fällen gut mitsingbar. Starke Musiker (hier besonders der Multiinstrumentalist Christian Schneider und der Klasse-Gitarrist Jay Stapley) und der gekonnt abgestimmte Mix aus recht gut abrockenden Stücken ("Fertig", "Keine Zeit", "Pfefferminz", "Sexy", "Mit 18") und Wunderkerzen- und Feuerzeug-kompatiblen Balladen ("Weil ich Dich Liebe", "Ganz Und Gar", "Lass' Uns Leben"), besorgten den Rest für die garantierte Gänsehaut-Stimmung und Feierlaune. Also keine große Überraschung, warum Westernhagen die breite Masse letztendlich in seinen Bann zog.
Angenehm, dass man so gut wie ohne zusätzliche Effekthaschereien auskam. Mir persönlich gefallen "Geiler Is' Schon" und "Johnny W." am besten, die durch Einbindung der Akustikgitarre im weitesten Sinne mit etwas Country-Flair überzogen wurden. Und so vergehen die gut 100 Minuten mit all den integrierten Hits in einem äußerst unterhaltsamen Rahmen wie im Fluge. Einziger kleiner Kritikpunkt vielleicht höchstens, die etwas überstrapazierte Bläser-Präsenz.
In den beigefügten Interviews mit Marius und den Machern des Drehs, Rudi Dolezal und Hannes Rossacher, erhält man noch einen kleinen Einblick hinter die Kulissen sowie mit "Lieben Werd' Ich Dich Nie" (schöner Blues mit starkem Stratocaster-Solo-Part von Stapley) einen bisher unveröffentlichten Bonus-Track des Konzerts. Alles in allem ein wirklich gut gemachtes Stück deutscher Rockmusikgeschichte, dass selbst zum hiesigen Tage, fast 17 Jahre später, nicht altbacken wirkt, ob man Herrn Westernhagen heute noch mag oder nicht.
Tracklist |
01:Halleluja (Intro)
02:Fertig
03:Keine Zeit
04:Ladykiller
05:Weil Ich Dich Liebe
06:Halleluja
07:Nur Ein Traum
08:Mit Pfefferminz Bin Ich Dein Prinz
09:Nimm Mich Mit
10:Sexy
11:Ganz Und Gar
12:Dicke
13:Lieben Werd' Ich Dich Nie (Intro)
14:Geiler Is' Schon
15:Lass' Uns Leben
16:Johnny W.
17:Freiheit
18:Mit 18
19:Engel
Bonusmaterial:
01:Original Trailer
02:Interview (1990)
03:Das 'Making Of' der Produktion "Westernhagen Live"
04:"Fertig" Alternative Edit
05:"Freiheit" Alternative Edit
06:Bonus-Song "Lieben Werd' Ich Dich Nie"
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Externe Links:
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