Scheint nun ein aus der Zeit gefallen wirkender Progrock-Süsskram auch in die Jahre gekommen zu sein, so packt dessen ungeachtet musikalischen Wiederholungstätern zuweilen der erlesenen Geschmäckern gereichende Ehrgeiz, jenem neueres Leben einzuhauchen.
Nordrhein-Westfälische NeoProg-Streiter wie die Mitte der Neunziger begründeten Martigan beglückten schließlich damals schon eine nicht unwesentlich konsumfreudige Anhängerschaft von geschmeidigem Synthie-Sirup mit im Wohlklang vertäuten Gitarren-Glissandi und machten von Marillion und Saga inspirierten German-Prog hierzulande salonfähig.
Wie Phönix aus der Asche unternehmen nun die, mittlerweile umformierten Entdecker der Langsamkeit den Versuch, den zuletzt 2009 mit soliden Genre-Blätter-Referenzen benetzten Vogel wieder flugtauglich zu machen.
Substantiell vermochten die germanischen Nachlassverwalter von synthesizerwogenden, gern in Moll versunkenen Rock-Eskapismus dabei bisher auf ihre, sowohl hinter einen lyrischen Baldachin emotions-montierter Sangeseinheiten als auch mit wohlkalkulierten Feingefühl applizierten Instrumentalausbrüche zu vertrauen.
Nun mal abgesehen von Spiritus Rector Kai Marckwordts gewöhnungsbedürftigem und teils in der Dunkelwelt umtriebigen Stimmen-Vibrato, vermochten die Protagonisten glücklicherweise bei ihrem vierten 'Monster'-Machwerk wiederum auf ein Höchstmaß melodik-entwachsener Spannungsbögen sowie solistischer Prachtentfaltungen zurückzugreifen.
Alex Bischs versierte, zwischen Tastenflächen belegten Wohlfühl-Prog und spannungsgeladenen Bombast gestreute Gitarrensoli bereiten selbst Marckwordts fürs Genrepublikum domestizierten Klage-Tenor die notwendige Absolution und jedem Neo-Proggie sein Hochgefühl.
Wird dessen Stimmakrobatik von einigen mitunter auch diplomatisch als charismatisches Sondermerkmal betrachtet, wissen seine lyrisch blutenden Strophen über einst unbesiegbar erscheinende Lebens-Monstren unserer Kindheitstage und ihre Hinterlassenschaften dagegen abermals bestmöglichst zu versöhnen.
Auch so weihevolle Langstrecken-Kompositionen wie "The Lake" oder "Fire On The Pier" erfüllen hierbei alle ewiggestrigen Kriterien nach elegischen, achtzigerjahre-restaurierten Griffbrett- und Tastatur-Duellen und repräsentieren in punkto Abwechslung das erwünschte, jedem Genrefanatiker passende Retro-Maß.
Ein gesunder Anteil akustischer Lichtungen, exakt verstolperter Rhythmus-Gymnastiken, überdies für immerwährende Prog-Zündmischungen unerlässliches aus Floydschen Klampf-Unterschwelligkeiten und mit "Take Me Or Leave Me" streichzarten Final-Schmelz garantieren obendrein den kompositorischen Streifzug durchs Warenlager proggistischer Versatzstücke, etwas Frische fürs Tasten-verbutterte sowie kaloriensatte Studio-Soufflé.
Obgleich in Anbetracht einiger Längen, Marckwordts stimmlich zeitweilig fehlkalibrierten Weltumarmungen und einem hart an Marillions Kitschgrenzen lavierendern Mittelteil, kleckern dem krittelnden Tastatur-Vollstrecker gleichwohl anerkennende Chapeaus für soviel spielerisches Engagement von den Fingern. Und dass für eine, erklärtermaßen als abgetakelte sowie überfahrtsunfähig gescholtene Brit Prog-Fregatte namens NeoProg, die dank musikalisch unbeirrbarer Verfechter, wie unsere einheimischen Rheinländer, nichts an Fahrt verliert.
Line-up:
Kai Marckwordt (lead vocals, backing vocals, guitar)
Oliver Rebhan (keyboards, backing vocals)
Björn Bisch (guitars, e-bow)
Alex Bisch (drums, percussion, backing vocals)
Mario Koch (bass, clarinet)
Tracklist |
01:Theodor's Walls
02:Lion
03:Simplicius
04:Complicius
05:The Lake
06:On Tiptoe
07:Fire On The Pier
08:Take Me Or Leave Me
|
|
Externe Links:
|