Laut Covertext soll die unvergleichliche Maysa die Geschichte einer verliebten Frau im Gestern und im Heute mit brillanten zeitgenössischen Neuerfindungen der Klassiker von Billie Holiday, Ella Fitzgerald und Nina Simone sowie mit eigenen und einzigartigen Originalkompositionen neu spinnen (schreiben). 'Dedicated' ist die CD auch den hier gerade genannten, sowie anderen großartigen Sängerinnen des Jazz, zum Beispiel Sarah Vaughan, Dinah Washington oder Abbey Lincoln.
Na, da bin ich ja mal sehr gespannt!
Maysa Leak wurde in Maryland geboren und arbeitete in den Staaten zeitweise als Background-Sängerin für Stevie Wonder. 1992 folgte sie dem Ruf Jean-Paul Maunicks und wurde Sängerin dessen Band Incognito. 1995 erschien ihre erste eigene Platte, sechs weitere folgten und nun die neue, "A Woman In Love". Eher ungewöhnlich für den weiteren Verlauf des Albums ist das Eröffnungsstück im Bossa Nova-Stil.
Allerdings kommt dieser südamerikanische Fusion-Anstrich nicht so leicht, locker und luftig, wie ich es von Flora Purim aus den Siebzigern kenne. Hinzu kommt, dass mir der Titel auf gewisse Weise sehr 'künstlich' erscheint, viel Leben und Rhythmik steckt da nicht drin. 'Loungig' - ja, soweit sicher OK, aber nicht mehr.
Nun, ein Duett mit Will Downing, den ich einst kennenlernte durch die mich noch immer anmachende Vokalversion von John Coltranes
"A Love Supreme". Hier bewegen sich die beiden Protagonisten eher in seichtem Soulfahrwasser der 'programmierten Achtziger', mit quietschenden Synthieklängen. Auch das Feeling kommt nicht rüber, es wird lediglich oberflächlich angerissen. Gesang und Begleitung bilden keine 'geschmeidige Farce', ansonsten ist das sicher kein übler Titel.
Aber - Maysas Gesang bleibt sehr im Hintergrund, nach einer kraftvollen Sängerin mit viel Ausdruck klingt das nicht. Aber - das kommt noch!
Eine verdammt hohe Messlatte: "'Round Midnight" von Thelonius Monk - einigen vielleicht eher bekannt in dieser umwerfend starken Version von Miles Davis. Und hier nun mit Gesang! Erst einmal ist das Ganze ins Funklager verlagert worden, Anklänge an Marcus Miller. Gut gemacht, sich von der reinen 'Jazzvorgabe' zu lösen. Und hier kommt Maysas leicht rauchig-verruchte Altstimme gut zur Geltung. Sie steckt hier wirklich Feeling hinein, die coole Trompete malt den Titel nicht brillant, aber dezent aus. Auf jeden Fall eine andere Sicht dieses Klassikers! Ein wenig Scat-Gesang, der auf einzelnen Tracks mal mehr, mal weniger auftaucht, gibt es auch noch kurz zu hören. Weitere Highlights ziehe ich einmal vor.
Da ist zunächst das durch Barbra Streisand bekannt gewordene "What Are You Doing The Rest Of Your Life?", hier sehr einfühlsam interpretiert, die vielleicht jazzigste Nummer, mit hervorragendem 'Late Night Feeling'. Eine wunderschöne Version, eines der besten Stücke der Scheibe, aus meiner Sicht gesehen, versteht sich. Ein weiterer Song des 'Great American Songbook' und Bestandteil vieler Jazzer ist "Willow Weep For Me", hier sehr elastisch und mit Groove und Swing versehen, für mich auch eine starke Nummer mit einem coolen Trompetensolo.
Der R&B-Fan mag das wieder anders sehen und einen solch funkenden Titel wie "A Woman In Love" vorziehen. Das ist moderner Sound für die Charts, sehr elektronisch im Ausdruck. Maysa bringt das aber mit Ausdruck in der Stimme.
Ein Michael Jackson-Cover ist "The Lady In My Life". Hier gibt es eine sehr einfühlsame Version ... richtiger 'Schmusesoul'. Es schmust auch auf "Honeybee", in Richtung Sade vielleicht, aber mit ausdrucksvollerem Gesang und feinem Bläserarrangement. Doch, das gefällt mir auch. Ein kurzes Gitarrensolo à la George Benson, aber relativ 'unaufgeregt', rundet dem 'smoothen' Charakter dieses Songs ab.
Eine große Überraschung ist die so völlig andere Version eines Klassikers von Screamin' Jay Hawkins', "I Put A Spell On You, schon wieder einer meiner Lieblinge auf dieser insgesamt musikalisch etwas 'zerrissenen' CD. Maysa zeigt hier Ansätze eines Gesanges in der Art der großartigen Sarah Vaughan. Klasse, wie sie hier mit ihrer Stimme spielt und ihren Umfang auslotet, das kommt richtig mit 'Herzblut'. Und zum Schluß gibt es noch einen Klassiker, der bereits viele Interpretationen kennt, am meisten vielleicht durch Nat King Cole: "When I Fall In Love", nur mit Piano, string arrangement (schade, wie schön wäre das mit echten Streichern gewesen!) und Stimme ist das eine gute, aber sicher nicht bahnbrechende Version. Die künstlichen Streicher stören mich hier mehr, als dass sie erfreuen.
Fazit: Im Ansatz gelungen, in der Ausführung Licht und Schatten, jeweils aus der Sicht unterschiedlicher Betrachter. Mir wäre natürlich eine durchgehende Platte mit Musik meiner aufgeführten Favorites lieber gewesen, einen anderen Hörer stören vielleicht genau diese. Insofern - fast für jeden etwas, beileibe keine schlechte Produktion. Im Hinblick auf die versuchten Neuinterpretationen bekannter Klassiker halte ich das Klassenziel teilweise für erreicht, durchgefallen ist Maysa nicht, nur im nächsten Schuljahr wünschte ich mir bessere (musikalische) Noten.
Line-up:
Maysa Leak (lead & background vocals, arrangement - #7)
Chris 'Big Dog' Davis (all instruments - #2, 4, 6, 9, 11, keys - #1, 3, 5, 7, 8, 10, guitar -#1, arrangement - #3, 5, 10)
John Jones (vibes - #9)
Wayne Bruce (guitar - #3, 7)
Kim Waters (saxophone - #5, 10)
Mike Rodriguez (trumpet - # 3, 8)
Carl 'C Murder' Carter (bass - #1, 3, 5, 7, 8, 10)
Dexter 'Texter' Pettyway (drums - # 3, 5, 7, 8, 10)
Steve Williams (drums - #1)
Will Downing (lead & background vocals - #2)
Tracklist |
01:Am I Wrong (For Lovin' You?) (Chris Davis/Maysa Leak)
02:Love Theory (Chris Davis/Maysa Leak/Will Downing)
03:'Round Midnight (Hanighen/Monk/Williams)
04:Spend Some Time (Chris Davis/Maysa Leak)
05:What Are You Doing The Rest Of Your Life? (Bergman/Bergman/Legrand)
06:A Woman In Love (Chris Davis/Maysa Leak)
07:The Lady In My Life (Temperton)
08:Willow Weep For Me (Ronell)
09:Honey Bee (John Jones)
10:I Put A Spell On You (Hawkins)
11:When I Fall In Love (Heyman/Young)
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Externe Links:
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