Mitte der 90iger Jahre wurde Jim McCarty, Schlagzeuger der Yardbirds spontan zu Aufnahmen mit einigen in Memphis lebenden Bluesmusikern eingeladen. Der Drummer war anlässlich der Aufnahme in die 'Rock & Roll Hall Of Fame' nach Amerika gereist und sagte sofort begeistert zu, hatten die Yardbirds doch knapp dreißig Jahre früher in den 'Sun Studios' einige Songs eingespielt und waren schon damals von der einmaligen Atmosphäre begeistert gewesen.
Für die Produktion des Albums wurde Richard Hite ausgewählt, der natürlich auch die Parts am Tieftöner übernahm. Hite, Bruder des 1981 verstorbenen Canned Heat-Leaders Bob Hite, war selbst von 1973 bis 1977 Mitglied dieser wohl besten weißen Blues- und Boogie Kapelle der damaligen Zeit.
So kam es an nur einem einzigen Wochenende zu diesen Aufnahmesessions. Mit dabei waren noch Danny Lancaster (guitar, vocals), Robert Tooms (piano), Billy Gibson (harmonica), Blind Mississippi Morris (harmonica, vocals), Sandy Caroll (vocals) und Brad Webb (guitar). Das alle Beteiligten riesigen Spaß an diesen Jams hatten, hört man positiv in dieser Mischung aus Blues, Rock und Boogie. Das ganze Album strotzt nur so vor Energie und Dynamik.
Mit welchem Enthusiasmus Hite und McCarty an die Sache herangingen belegt die Tatsache, dass mit "Going To The Country", "Zulu Stomp" und "Somebody Loses Somebody Wins" gleich drei Titel dabei sind, die die beiden Vollblutmusiker speziell für diese CD komponiert hatten. Der Rest besteht aus Coverversionen von Sonny Boy Williamson (Keep It To Yourself), Otis Rush (So Many Roads So Many Trains) und anderen Bluesern. Auch der Yardbirds-Titel "Over, Under, Sidesway, Down", den McCarty zusammen mit Keith Relf und Jeff Beck geschrieben hatte, wird hier in einer alternativen aber nicht uninteressanten Fassung zum Besten gegeben.
So geht diese CD vom ersten Ton an ab wie Schmidts Katze. Richard Hite und Jim McCarty bilden eine perfekt aufeinander eingespielte und grundsolide Rhytmussection, auf deren Fundament sich die übrigen Musiker so richtig entfalten können. Schon der Opener "Shakin' On Down" groovt in bester Blues Tradition vor sich hin, wobei die fliegenden Pianopassagen das Highlight bilden.
"Keep It To Yourself" besticht durch die wechselnden Leadvocals von Sandy Caroll und Richard Hite und die wunderbar gefühlvolle Harmonica Arbeit. Bei diesem Song bekomme ich als eingefleischter Canned Heat Anhänger immer wieder eine Gänsehaut, so sehr gleichen sich die Stimmen von Richard und Bob Hite. "The Bear is back".
"Going To The Country" ist ein wunderschöner Slow Blues. Hier beweist Jim McCarty, dass er über eine sehr gute Stimme verfügt, und Richard Hite bedient die Akustikgitarre perfekt. Ein Wahnsinnssong voller Bluesfeeling.
Etwas härter, aber weiterhin sehr slow gespielt kommt "So Many Roads So Many Trains" daher. Klasse Leadgitarre von Brad Webb und wieder dieses einfühlsame Pianospiel. Und das mehr als sechs Minuten im Wechsel. Den Song würde ich gern mal ‚live on stage' erleben.
"Somebody Loses Somebody Wins" rundet das Album ab. Ein sehr schöner Shuffle, bei dem das Barrel House Piano den Ton angibt. Das Highlight dann am Schluss. Knapp zehn Minuten lang verausgabt sich Blind Mississippi Morris an Harp und Vocals in bester John Lee Hooker Manier und verbreitet auch genau dieses hypnotische Flair des Altmeisters. Ein wahrer Meister seines Fachs.
Dieses Album macht jedem Bluesliebhaber richtig Spaß und verliert auch nach mehrmaligem Anhören nichts von seinem Schwung und Elan. Es gibt fast keine Schwächen, wenn man mal davon absieht, dass bei zwei Songs, für mich persönlich etwas unverständlich, eine Trompete zum Einsatz kommt. Das passt irgendwie nicht ganz ins Konzept. Genau wie der Song "Zulu Stomp", der mit seinem Jazz Touch musikalisch völlig aus der Rolle fällt.
Das tut dem guten Gesamteindruck jedoch keinerlei Abbruch. Auf "A Yardbird In Memphis" waren hervorragende Musiker am Werk, die ihre Liebe zu dieser Musik auch perfekt rüberbringen. Leider verstarb Richard Hite am 17. September 2001, sodass es definitiv keine Wiederholung dieses Projektes geben kann. Und gerade deshalb ist die Scheibe ein ideales Vermächtnis für einen großen Bluesmann unserer Zeit. Nachdem das Album schon vor mehreren Jahren in den USA unter dem Titel "Weekend In Memphis" auf den Markt kam, ist es nun endlich auch in Deutschland erhältlich. Gott sei Dank!
Spielzeit: 47,15 Minuten, Medium: CD, Inside Sounds, 2005
1:Shakin' On Down (2,57) 2:Keep It To Yourself (3,09) 3:Lonesome (3,23) 4:Memphis Town (2,30))
5:Going To The Country (4,58) 6:Over, Under, Sidesway; Down (3,15) 7:So Many Roads So Many Trains (6,00) 8:Zulu Stomp (3,44) 9:My Home Ain't Here (4,04)10:Somebody Loses Somebody Wins (3,06) 11:Second Hand Store (9,25)
Jürgen Bauerochse, 22.12.2005
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