Menomena / Moms
Moms Spielzeit: 50:05
Medium: CD
Label: Barsuk Records, 2012
Stil: Indie

Review vom 27.10.2012


Grit-Marina Müller
Erschreckend düster bis schaurig schön stürmen zwei Portlander auf den herbstlichen Indie-Markt. Menomena schicken, im nunmehr erschlankten Line-up von Justin Harris und Danny Seim, bereits ihre dritte Veröffentlichung "Moms" in die weltweite Runde verblüffter Interessenten.
Ihrer mütterlichen Obhut dürften die früheren Highschool-Freunde Harris und Seim seit geraumer Zeit entwachsen sein. Seit über zehn Jahren erfindet man Pop-überschreitende Grenzwertigkeiten und genießt laut sachkundigem Management schon lang den Ruf einer künstlerisch höchst eigenständigen, unverwechselbaren Ästhetik. Entfaltet sich "Moms" einmal in den Gehörgängen, wird deutlich, wie diplomatisch Menomenas smarte PR-Agenten die Stilistik ihrer extravaganten Klienten vermarkten.
Das Album sträubt sich verbissen konsequent gegen jede Eingängigkeit. Menomena entwickeln Stück für Stück ihres reichlich dunklen, kryptischen Klangkonzepts, um es sogleich, gern und oft in die Luft zu sprengen und die Bruchstücke bis zur Unkenntlichkeit zu zerfetzen. Die Exzentriker verfolgen mit gewissenloser Gewissenhaftigkeit ihren ungewöhnlich ehrgeizigen Anspruch disharmonischer Abstraktion, wie einst die besessenen Fanatiker um Syd Barrett im Londoner Underground von 1966.
Der gleichförmig seelenleer anmutende Gesang des Duos chiffriert lyrische Offenbarungen fast vollständig, fügt sich aber nahtlos in die synthetischen Rhythm- und Bass-gesteuerten Arrangements, infiltriert von äußerst raffinierten Bläsersätzen. Sie singen sogar von Sehnsucht... nach Liebe? So erinnert "Baton" an Ian Curtis' enigmatisch verstörende Joy Division, während "Tantalus" in der absoluten Gefühlsstarre noch tieferer Trance- und Ambient-Sphären verharrt. Einzig das immer wiederkehrende, warm verklärende Piano führt jeden Song an den Rand einer melodiösen Liaison, ehe Menomena die Kreissäge ansetzen und ihre Kunstwerke ins bizarre dissonante Verderben stürzen.
Auch das betörend schwermütige "Heavy Is As Heavy Does" muss dran glauben, wird aber in einer weiteren von vier sogenannten 'Clean-Versionen' fabelhaft 'aufgeräumt' und gerät zur hochformatigen Glanznummer der Outlaws aus Oregon.
"Don't Mess With Latexas" und "One Horse" outen die kühlen Soundsampler zu guter Letzt als seltsamst entrückte Spacecowboys und lassen den Hörer mit einer echten, spannenden Herausforderung zurück.
Hm... und die Mütter? Wer weiß, was es mit "Moms" eigentlich auf sich hat... Eine interessante Aufgabe.
Alle Achtung. Menomena haben sich ihren Platz genau dort geschaffen, wo schon längst alles besetzt scheint - in der aufregend riskanten Position zwischen den allseits bekannten Stühlen.
Line-up:
Justin Harris (vocals, guitar, sax)
Danny Seim (vocals, drums)
Tracklist
01:Plumage
02:Capsule
03:Pique
04:Baton
05:Heavy Is As Heavy Does
06:Giftshoppe
07:Skintercourse
08:Tantalus
09:Don't Mess With Latexas
10:One Horse
11:Pique (Clean Version)
12:Heavy Is As Heavy Does (Clean Version)
13:Giftshoppe (Clean Version)
14:Skintercourse (Clean Version)
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