Hinter dem Tellerrand geht es weiter
Nicht nur in der Musik, sondern allgemein im Leben ist es immer von Vorteil, auch mal über den normalen Tellerrand zu schauen. Jazz ist bei mir jenseits des Tellerrandes, obwohl ich allerhöchsten Respekt vor guten Jazzmusikern habe. Trotzdem habe ich immer noch diesen alten Witz im Hinterkopf 'Jazz ist, wenn drei alte Männer zusammen gleichzeitig drei verschiedene Melodien spielen'. Natürlich alles nur Klischee und deshalb nehme ich mir heute also mal die neue Mezzoforte-CD zur Brust.
Frank Elstner und die Gartenparty
Das erste Mal wurde ich vor 27 Jahren auf diese isländische Jazz- und Funk-Legende aufmerksam. Im zarten Alter von elf Jahren schaute ich mit meinen Eltern eine der ersten Sendungen von 'Wetten dass...' ( damals noch mit Frank Elstner). Bei einer Wette lief im Hintergrund dieses phantastische Instrumentalstück, und obwohl ich damals natürlich mit Jazz überhaupt nichts am Hut hatte, war ich völlig fasziniert und schrieb am nächsten Tag einen Brief an das ZDF mit der Frage, was das denn für eine Komposition war, die im Hintergrund lief. Bald hatte ich die Antwort und es handelte sich um "Gardenparty" von eben Mezzoforte. Die 1977 gegründete Band hatte damals mit dieser Nummer einen großen Hit und es blieb dann auch ihr einziger. Nichtsdestotrotz produzierte man fleißig weiter Alben, spielte viele Konzerte und schuf sich so eine große Fangemeinde. Nach einer etwas längeren Pause formierten sich die Urmitglieder Asmundsson, Gunnarsson, Briem und Karlsson mit einigen Gastmusikern wieder zu einer Tourband zusammen, und jetzt gibt es endlich in dieser Besetzung ein Album mit 12 neuen Liedern. "Volcanic" ist natürlich kein zufällig gewählter Albumtitel, denn keine 50 km vom Aufnahmestudio der Band liegt der Vulkan Eyjafjallajökull, der bekanntlich im Frühjahr diese Jahres teilweise den halben europäischen Flugverkehr lahm legte.
Retro aus Prinzip
Laut Info der Plattenfirma sollte das neue Album "Volcanic" sehr retro klingen und so legte ich mit großer Erwartung die silberne Scheibe in den CD-Player. Schon bei den ersten Klängen des Openers "It's A Funk Thing" fliegt dem Hörer wieder die unerhörte Leichtigkeit und der coole Groove der Band entgegen. Ja, definitiv retro, aber modern produziert. Hier passt der erwähnte Jazz-Witz ganz und gar nicht, denn die Kompositionen sind alle ausgefeilt und trotz aller Virtuosität und Verspieltheit mit tollen eingängigen Melodien gespickt. Das musikalische Spektrum erstreckt sich von "It's A Funk Thing" (der Name ist Programm) über "Stepping Out" (Fusion) bis zum ruhigen Abschlußtrack "Wandering Soul". Untypisch ist "Jump Town", das überhaupt nichts mit Jazz zu tun hat, sondern eher an Bruce Hornsby erinnert.
Mezzoforte ist ein tolles Album gelungen, was man allen Fans der Band uneingeschränkt empfehlen kann. Nichts Neues, sondern den alten Stil konsequent in 12 tolle neue Lieder umgesetzt, und spätestens wenn bei "Berlin Boogie" in der Mitte des Songs der typische Saxofonsound einsetzt, sind die Fans selig. Freunden von anspruchsvoller Pop-Musik wie beispielweise Toto oder Steely Dan kann ich die Scheibe ebenfalls sehr empfehlen. Beinharte Free-Jazzer dagegen werden bei der glatten Produktion ein kaltes Schaudern bekommen, aber allen aufgeschlossenen Musikfans kann man nur raten, hier einmal reinzuhören. Es lohnt sich und ich lege die CD schon mal für die nächste Gartenparty bereit.
Line-up:
Johann Asmundsson (bass)
Eythor Gunnarsson (keys)
Gulli Briem (drums)
Fridrik Karlsson (guitar)
Oskar Gudjonsson (sax)
Luis Conti (percussion)
Bruno Mueller (guitar )
Joo Kraus (trumpet)
Tracklist |
01:It's A Funk Thing
02:Berlin Boogie
03:High Life
04:Sleeping Volcano
05:Stepping Out
06:Jump Town
07:Sea Breeze
08:Bright And Early
09:Hutton
10:Down On Sunset
11:So What's Up
12:Wandering Soul
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