Milk +…, ja, was denn nun dazu, Zucker, Kekse, Kakao,…? Nein, so einfach stellt sich die Frage auch hier nicht. Da steckt auch im Bandnamen eine Geschichte, die ganz mit der Musik und mit deren doch etwas mystischen Geschichten, Erklärungen usw. zusammenhängt. Kurz gesagt, die Erklärung ist so schräg wie alle diese Endzeitfilme, die mit ihren Verschwörungstheorien eine wenig verständliche Wahrheit vermitteln, denen ich in ihrer Logik nicht immer folgen kann, die meist erschreckend enden und dann mit der Frage: wie geht es weiter? Früher habe ich dazu gesagt - Filme ohne Ende. Heute heißt das "Akte-X" oder "12 Monkeys". Auch Stanley Kubricks "Clockwork Orange" und David Lynch komplett sollen hier Erwähnung finden - schräg, abgefahren und erschreckend zugleich; skurril, surrealistisch, fremdartig und befremdlich. Und dazu noch ein ebensolches Video im Netz! Und selbst das CD-Cover, das mich beim ersten Hinsehen sehr an Accepts "Metal Heart"-Cover erinnerte, sieht endzeitlich, industriell aus und auch irgendwie den Konstruktivisten der 20er Jahre nachempfunden.
Über den Bandnamen lassen sich Milk+ erklärend im Interview auf chilli.cc aus, ebenso über das "Buch der Steine", über den Theoretiker Lokk Lammond, die Story, dessen Mysterium, die involvierten Personen, inklusive Mr. Feldman. Lest selbst und versucht zu verstehen und zu begreifen!
Die Österreicher gibt es schon ein paar Jahre, in denen sie jede Menge experimentierten, 2006 ihr erstes Album "Zeropolis" veröffentlichten - und nun "Who was Mr Feldman?", in dem ich die Experimentierfreude spüre; spüre, wie sie versuchen, sich nirgendwo einbinden zu lassen. Da ist nichts mit 'Schublade', was mir das Hören ein wenig verkompliziert. Ziel erfüllt: Ich muss schon mehr zuhören.
Und das hab ich auch getan. Also: In den 76 Minuten passiert sehr viel an Musik, an Stilen - und das macht eine definitive Einordnung schwierig. Milk+ spielen zwischen Pop (oder was ich dafür halte) und progressiver Musik hin und her, wobei die zweite Einordnung glücklicherweise die Überhand behält, gewinnt… wie auch immer.
Musikalisch ist das Trio topfit. Da stimmt alles; überall gibt es neben dem perfekten Zusammenspiel kleine, feine Einzeldarbietungen (Soli). Ob mit akustischer Gitarre ("Seksy Surprise") oder dem sechssaitigen Bass (fast in jedem Stück); hier spielt zusammen, was zusammen gehört. Großes Lob an die Musiker!
Dazu will ich aber auch gleich anführen, dass David Furrers Stimme gewöhnungsbedürftig ist; nicht, dass er schlecht singt… aber aufgrund der Tonlagen (!) einfach nur gewöhnungsbedürftig. Das gibt den Songs manchmal einen poppigen Anstrich. Über manche gehe ich schnell hinweg - meist jene, die im Mainstream-Bereich liegen, also Radiolänge haben. Und damit zum nächsten Lob: In den langen Stücken drehen Milk+ auf; da beweisen sie, dass Qualität und Quantität zusammengehören und das ist deutlich hörbar.
So gibt es denn Mitte des zweiten Stückes ein erstes Hinhören. Ein ruhiges, instrumentales Zwischenstück erlangt meine ungeteilte Aufmerksamkeit. Im dritten Track ist es der instrumentale Teil, der mit sehr gut gefällt. Hier glänzen sie mit perfektem Zusammenspiel in langen Melodiefolgen, sehr schön anzuhören. Herzschlagend geht dieser in "Seksy Surprise" über - mit neun Minuten ein 'richtiger' Titel, der vor Prog-Elementen strotzt, sich in verschiedene Teile gliedert, schnell, ruhig (mit besagter Akustik-Gitarre), mit verzerrter '20.000 Light Years From Home-Gitarre', flirrend, flimmernd. Anschließend wieder ein schneller Teil mit sehr flexibler Gitarrenarbeit, den ihr laut hören müsst (!) und erneut ein ruhiger, die Nummer beschließender Teil mit feinem Basssolo und 30-sekündigem Rausch-Dauertonausklang. "Stephaed" ist ein stiller, basslastiger Song, dem für die Bassarbeit Lob gezollt werden muss, was wieder die Großartigkeit der Musiker unterstreicht.
Mit einem Schlagzeugübergang ( Christopher Czerny) spielen sich Milk+ in den sechsten Track sozusagen ansatzlos hinüber. Die Stimme ist gewöhnungsbedürftig, dafür hat auch "Drencrom" ein schönes ruhiges Mittelstück, in den ich auch nur auf die Instrumente höre und die sind gut eingesetzt und gespielt.
"Ephemerol" ist ein recht ordentliches Prog-Stück - klasse Gitarrenspiel von David Furrer, sehr abwechslungsreich, auch die Wechsel in Tempi und Rhythmus, ebenso im Zusammenspiel mit dem Bassmann Navid Djawadi. Er endet wieder mit langen Gitarren-Bass-Läufen, mit denen auch Nummer acht beginnt. Eine gewisse Kontinuität stellt sich ein, die der Musik jedoch nicht abträglich ist. Zu den Läufen gesellt sich Gesang, der Rhythmus wird ein wenig interessanter/schräger. Die Titel werden länger und werden besser, erscheinen ausgereifter und wirken bei mir länger nach. Und nun gibt es noch fetzige, jazzige Elemente, sie spielen mit Stimmeffekten - ein gelungener Song; "Ephemerol" - das für mich beste Stück bisher.
Erfreulich ist, dass Milk+ im vorletzten Track, dem Titelsong, an den eben gehörten Track anschließen, sei es mit den reichhaltigen Stilwechseln, sei es mit dem Spielen mit Jazz-Elementen, sei es mit Trompeteneinsatz. Sie experimentieren fröhlich drauflos und wissen, was sie tun. Ich weiß zwar letztendlich nicht, wer 'Mr Feldman' war aber es war gut.
Ein letztes 9-Minuten-Stück, zunächst sehr verhalten beginnend, steigert sich so langsam in Lautstärke und Tempo, bleibt aber doch dem Anfang treu und verhallt harmonisch.
Was gibt es dazu also zu sagen? Auf jeden Fall ausbaufähig, lang ist (hier) gut, kurz ist … pfffff (nichts für mich) und deshalb gebe ich 6,5 bis 7,5 von 10 RockTimes-Uhren, enger lässt es sich nicht fassen.
Line-up:
David Furrer (vocals, guitar)
Navid Djawadi (bass)
Christopher Czerny (drums)
Anders Nyquist (trumpet - #9)
Tracklist |
01:Celadoár (6:35)
02:Zensmark (3:50)
03:Paragon Negative (4:59)
04:Seksy Surprise (4:23)
05:Stephead (6:33)
06:Drencrom (6:28)
07:Ephemerol (6:04)
08:Synthemesc (6:05)
09:Who was Mr Feldman (4:23)
10:409:Ichikawa Story (5:28)
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