Vier Jungs aus Sint-Niklaas in Flandern starten nach dem Red Bull Bedroom Jam aus dem Schlafzimmer über einer Kneipe voll durch auf die Bretter der großen Bühne des international renommierten Graspop-Festivals. So könnte man die knappe Überschrift eines Zeitungsartikels aus Het Laatste Nieuws
»Van slaapkamer naar Graspop« eindeutschen und interpretieren. Alles klar? Nee? Gut, dann gehen wir mal ein oder zwei Schritte zurück. Wie auch immer es neue, aufstrebende Bands schaffen, an eine Startposition im großen Wust der Rezensionsanfragen oder Promo-Scheiben zu kommen, ist nicht immer ganz eindeutig zu erklären. Fakt ist, irgendwo muss zumindest ein kleiner Funke überspringen, damit man aufmerksam wird. Nun denn, Fakt ist auch, dass es
Minority Print gelungen ist, ein offenes Ohr in der Redaktion zu finden.
Erst seit zwei Jahren am Start, hat das Musikerleben dem Quartett bereits einige sehr beachtliche Erfolge beschert. Der eingangs erwähnte Bedroom Jam, eine aus England stammende Form des musikalischen Wettbewerbs, bei dem die Nutzer des Internets über die finalen Kombattanten entscheiden, ist nur die Spitze des Eisbergs. Und Graspop ist ein Festival, wo sich sonst Größen wie
Black Sabbath und Konsorten die Ehre geben, wenn sie nicht gerade gesundheitlich beeinträchtigt sind. Bereits im vergangenen Jahr gab es die erste EP unter dem Namen "Beyond All Doubt" und die Reaktionen in der Öffentlichkeit haben die Truppe, die sich durch Bands wie
Foo Fighters, die belgischen Kollegen
Triggerfinger,
Danko Jones oder
Black Stone Cherry beeinflusst sieht, dazu bewogen, weiter nach vorne zu schreiten.
Mit der nun vorliegenden zweiten EP setzen sie erneut eine Duftmarke. Lediglich 14 Minuten währt die Freude über die drei Songs, wobei der Opener und gleichzeitig Titel Track ein Song ist, dessen Qualitäten sich erst bei mehrmaligem Durchlauf eröffnen, erscheint es doch zu Anfang ein wenig wild durcheinander. Dann aber kommen neben der etwas im Hintergrund laufenden, sehr feinen Bassarbeit die flotten und eingängigen Riffs gut rüber. Auch des Sängers Stimme hat einen wohl akzentuierten Klang, da wird nicht rumgebrüllt oder in unangebrachten Höhen herumprobiert, das hat alles Hand und Fuß. Wer so richtig auf Gitarre steht, der muss aber noch ein wenig warten, bis bei der zweiten Nummer "Refugee" dann erstmalig ausreichend Platz eingeräumt wird. Riffs und Soli sind prima, dazu pumpt die Rhythmusfraktion äußerst passend im härteren Bereich. Quasi ohne spürbaren Übergang werden wir dann in den letzten Track "Moonstruck" katapultiert und er gibt sich auch als geschickte Fortsetzung seines Vorgängers. Die Gitarren kommen von der Hookline etwas schwerer, aber für den subjektiven Geschmack auch gefälliger rüber. Und selbstverständlich darf hier das eine oder andere Solo nicht fehlen. Insgesamt möchte ich für mich den letztgenannten Song am besten bewerten, dicht gefolgt von der mittleren Nummer. Da steckt zudem noch viel Potenzial in den Jungs, die gerade mal Anfang Zwanzig sind, jedoch sind ihre Wege bereits geebnet und sie stechen mit ihren bisherigen Erfolgen hervor, aus dem großen Wust der unzähligen Hardcore- und Post Punk-Bands, die unsere Welt überschwemmen. Ich kann mir nicht vorstellen, dass sie noch lange suchen müssen, bis sie ein vernünftiges Label gefunden haben, das es ihnen ermöglicht, einen ordentlichen Longplayer zu fabrizieren.
Kleiner Tipp am Ende: Journalisten, und mögen sie ihre Arbeit auch noch so nebenberuflich, unterbezahlt, ehrenamtlich oder unter Androhung drakonischer Strafen verrichten, sind in der Regel überlastet und daher gern auch mal bequem (im Sinne von faul). Wer sich eine der eingangs erwähnten Startpositionen erkämpfen will, dem sei neben dem Beherrschen des musikalischen Handwerks empfohlen, dem Rezensenten nicht nur eine CD-R im Pappschuber an die Hand zu geben, sondern vielleicht auch so etwas, das man mit Band-Bio umschreibt und das gern auch auf Englisch sein darf. Info zu
AC/DC ist ubiquitär, aber für den im Netz zu findenden Hintergrund der gerade besprochenen Band
»moet je het Vlaams vlot spreken« - alles klar?!