Im Rahmen der Veröffentlichungen von Live-Konzerten des seit 1967 stattfindenden 'Montreux Jazz Festivals' wird sich nun einer Gruppe angenommen, die schon zu seligen Beatles-Zeiten existierte und diverse LPs veröffentlichte. Schon 1964 hatten die Moody Blues mit "Go Now" einen Tophit, der ganz oben in den Charts landete und ihnen eine USA Tournee im Vorprogramm der 'Fab Four' bescherte. Leider fehlte es der Band an geeignetem Songmaterial für einen Nachfolger für diesen großen Hit, und so verschwanden Moody Blues erst einmal wieder in der musikalischen Versenkung.
Nach einigen Umbesetzungen (das Line Up bestand jetzt aus Greame Egde (dr, perc), Justin Hayward (g, voc, p, mel), John Logde (b, g, voc, ce) und Ray Thomas (fl, harm, voc, sax) sowie Mike Pinder (key) und einer musikalischen Kursänderung, startete die Band dann aber im Jahr 1967 richtig durch. Die LP "Days Of Future Passed" (nebenbei bemerkt: das erste sinfonische Album der Popgeschichte) wurde in Zusammenarbeit mit dem London Festival Orchestra aufgenommen und enthält auch gleich mit "Nights In White Satin" den größten Hit der Moody Blues. Bis heute gilt er als einer der Klassiker, der auch nach mehrfacher Wiederveröffentlichung immer wieder in den Charts notiert wurde.
Nach dem Bau eines eigenen Tonstudios und der Gründung des Platten-Labels 'Treshhold' entstanden nun in schöner Regelmäßigkeit Konzeptalben, auf denen sich die Band orchestral reichlich auslassen konnte. Auf diese Weise entstanden die typischen kitschig schönen Melodien mit ausgeprägten Harmoniegesang, die schnell zum Markenzeichen von Moody Blues wurden.
Obwohl die Band bis heute über 30 Millionen Tonträger verkaufte, wurden Moody Blues in der Fachpresse immer nur am Rande erwähnt. Ein Schicksal, dass sie mit zahllosen anderen Bands teilen musste. Trotzdem besaß die Gruppe, besonders in den USA, eine riesige Anhängerschar und hatte keinerlei Probleme selbst große Hallen zu füllen.
Nach einer vierjährigen schöpferischen Pause (1974 - 78) wurde mit "Octave" ein Comebackalbum aufgenommen. An den Tasten das ehemalige Refugee- und Yes-Mitglied Patrick Moraz. Da dieses Werk durchweg gute Kritiken erntete, entschloss man sich zu weiteren Aufnahmen in größeren Zeitabständen. Dabei blieb der Kern der Band immer zusammen. Lediglich an den Keyboards herrschte ein reges Wechselspiel, da Moraz im Streit gefeuert wurde.
Gerade rechtzeitig zum Erscheinen des Albums "Keys Of The Kingdom" bekamen Moody Blues 1991 die Gelegenheit beim 'Montreux Jazz Festival' aufzutreten.
Mit großer Besetzung gingen sie es an. Neben Hayward, Lodge, Thomas und Edge standen mit Bias Boshell (ex- Kiki Dee Band, ex- Barclay James Harvest) und Paul Bliss (ex- Hollies, ex- Cliff Richard) gleich zwei Keyboarder auf der Bühne. Für einen noch dichteren Rhythmus sorgte als zweiter Drummer Gordon Marshall, und Sue Shattock und June Boyce verfeinerten das Ganze mit gekonnten Backroundvocals.
Neben fünf Songs aus dem aktuellem Album boten Moody Blues einen sorgfälltig ausgewählten Auszug aus ihrer Bandkarriere. In schönem Wechsel gab es die großen 60s Hits wie "Question", "Tuesday Afternoon" und "Your Wildest Dreams" und neue Songs, von denen mir persönlich "Bless The Wings" und "Say It With Love" am ehesten zusagten.
Die Stimmung bei diesem Gig pendelte zwischen einer sinfonischen Magie, wie ich sie bisher eigentlich nur bei Barclay James Harvest erlebt habe, bis hin zu fast rockigem Feeling ("I'm Just A Singer"). Keine Frage, dass hier alles hervorragende Musiker auf der Bühne standen, wobei Justin Hayward an der Gitarre natürlich am meisten hervorstach. Aber auch die Flötenarbeit von Ray Thomas ist durchaus hörenswert.
Wie nicht anders gewohnt, ist auch dieser "Live At Montreux" Mitschnitt wieder ein reines Konzerterlebnis. Die Kameras konzentrieren sich fast ausschließlich auf die Musiker. Selbst vom Publikum ist (fast) nichts zu sehen. Dafür gibt es sehr gute Nahaufnahmen und Großeinstellungen. Insgesamt liegt hier ein wunderbar stimmungsvoller Live Auftritt vor, der durch keinerlei Unterbrechungen gestört wird.
Spielzeit: 96,32 Minuten, Medium: DVD, Eagle Rock, 2005
1:Lovely To See You 2:Gemini Dream 3:Tuesday Afternoon 4:Bless The Wings 5:Lean On Me 6:Say It With Love 7:The Story In Your Eyes 8:Your Wildest Dreams 9:Isn't Life Strange 10:The Other Side Of Life 11:I'm Just A Singer 12:Nights In White Satin 13:Legend Of A Mind 14:Question 15:Ride Me See-Saw
Jürgen Bauerochse, 26.07.2005
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