Mondsüchtige, aufgepasst! Da sind sie wieder, unsere folkigen Kosmonauten mit den spacigen Pseudonymen. Bei aller Weltraumverliebtheit in Band- und Künstlernamen ist die Musik der Mondcombo aus Bayern nämlich vor allem eins: erdig. Science-Fiction-Soundtracks wird man hier ebensowenig entdecken wie sphärische Sternenklänge. Die Songs auf diesem Album sind im besten Sinne handgemacht. Das Instrumentarium ist in hohem Maße tauglich für Straßenmusik und Folkclubs gleichermaßen. Dies ist auch folgerichtig, denn mit beiden Auftrittsmöglichkeiten hat die Moonband ausgiebig Erfahrung gesammelt. Tatsächlich besitzt die Musik der Gruppe alles, was gute Livemusik ausmacht: Sie webt ein dichtes Netz aus Emotionen, reißt mit, bewegt, erzählt Geschichten aus dem Leben, weckt Fernweh und lädt zum Träumen ein.
Dabei ist die Umsetzung stilistisch keinesfalls einseitig: Kommt "Atlantis" als dylaneske Ballade herüber, erinnert "Coral Strand Lane" an die britischen Inseln. Der Opener "No Bargain" verlässt sich ganz und gar auf countryselige Vokalharmonien und besticht durch ausgefeilten A-cappella-Gesang. Weiterhin finden sich auch Anklänge an Acoustic Rock und mitreißende Nummern wie "Joe Stack" bringen gar das Blut der Tanzwütigen in Wallung.
Viele Bands mit ähnlichen Ambitionen haben das Problem, die live wirklich schmissigen Töne adäquat auf Tonträger zu bannen. The Moonband kriegt das wieder einmal spielend hin. Wie echte Sternenreisende wählten sie den besten Weg zwischen zwei Welten. Sie zogen sich in ein Bauernhaus im bayerischen Wald zurück und spielten in der ländlichen Abgeschiedenheit alle Tracks live ein, wenn auch ohne Publikum. Diese Rechnung geht, wie schon beim Vorgänger "The Significance Of Denavigation" zu hundert Prozent auf. Die Stücke haben den Kick der Liveperformance, erklingen aber transparent wie eine Studioproduktion.
Der astreine Klang lässt die ausgefeilten Kompositionen und Arrangements in gebührendem Glanz erstrahlen. Die Songs sind allesamt einfallsreich gestrickt und dümpeln nie dahin. Vielmehr setzen die Mannen (und Frauen) der Moonband die Stories aus den Lyrics einfühlsam um - wenn etwa der Freund beschrieben wird, der sich auf die Reise nach Atlantis macht, um Schätze zu finden, aber zu schlimmer Letzt doch immer wieder nur auf dem Grunde seiner Flasche ankommt. Die einsame Mundharmonika lässt diesen tragischen Helden plastisch vor dem Auge des Zuhörers erscheinen. Gitarre und Gesang nehmen den Faden auf und wie der versoffene Träumer steigert sich die ganze Band schließlich in die Phantasien vom verlorenen Kontinent mit hinein. Das ist großes Kino für das innere Auge.
Auch wenn die Gruppe stilistisch den Spielarten von Folk und Americana verhaftet ist, ist sie doch keine traditionelle Band dieser Genres. Ihre Songideen sind erfrischend eigenständig und verheddern sich nicht in ausgelutschten Klischees. Mit dem unbefangenen Zugang zu ihren musikalischen Wurzeln wirken sie zeitweise frischer und überzeugender als manche Altmeister aus Amerika oder England heutzutage. Ihr Englisch braucht sich keinesfalls zu verstecken und doch wäre vielleicht einmal ein Album in deutscher Sprache ein Schritt nach vorne. Schließlich sind den Troubadouren aus München die Inhalte ihrer Songs durchaus wichtig und der Schritt zur Muttersprache würde ihrem Selbstbewusstsein gut zu Gesichte stehen. Diesen Schritt haben Element Of Crime beispielsweise schon vor Jahren hinter sich gebracht, und das war nicht zu ihrem Nachteil.
Allerdings ist das natürlich nur Sternenguckerei und nicht mehr als eine Anregung. Ein Mangel ist die Verwendung der englischen Sprache nämlich keinesfalls - die Artikulation ist völlig in Ordnung und kommt überzeugend rüber.
Neben dem sicheren Zusammenspiel der Musiker ist vor allem die Emotionalität des Vortrags zu erwähnen. Zugegeben: Diese wundervollen Harmonien, die Feinfühligkeit der Kompositionen und Arrangements schaffen es im Handumdrehen, das Weichei im hartgesottenen Rezensenten zu wecken. Daher möchte ich dieses Review mit einem vollkommen unsachlichen, aber ehrlichen Statement beschließen: Diese Scheibe verbreitet in stärksten Momenten tränentreibende Anmut und ist zum Niederknien schön. Vorausgesetzt, man ist bereit, sich von ehrlichen und ursprünglichen Klängen mit auf die Reise nach "Atlantis" nehmen zu lassen.
Line-up:
Andy Armstrong (bass)
Chris Houston (vocals, guitar)
Eugen Mondbasis (vocals, guitar, bouzouki)
Katharina Kirkova (vocals, mandolin, banjo, glockenspiel)
Elena Rakete (drums)
Tracklist |
01:No Bargain
02:Set The Fire
03:Ivy In Your Garden
04:Fog Horn
05:Joe Stack
06:Marta Says
07:Oh Brother
08:Coral Strand Lane
09:Heaven And Hell
10:Sparrow's Wings
11:10000 Voices
12:Atlantis - The Ballad Of Profit
|
|
Externe Links:
|