The Morning After / Legacy
Legacy Spielzeit: 61:54
Medium: CD
Label: Rising Records, 2011
Stil: Metal

Review vom 02.12.2011


Jochen v. Arnim
Nicht zum ersten Mal überraschen die vier Briten mit einem Album, das wie etwas längst Vergessenes klingt, aber dennoch keine aufgewärmte achtziger Jahre-Suppe ist. Zu sehr kombinieren Shouter Sam Ryder und seine Mitstreiter andere Stile mit dem Eighties-Metal und scheuen sich nicht, auch modernste Elemente mit aufzunehmen. Bereits ihr Debüt "You Can't Hurt Steel" aus dem Jahre 2009 sorgte für ein gewisses Aufmerken in der Fachwelt. Schnell wurden Stimmen laut, die The Morning After eine gewisse Einzigartigkeit bezeugten, während andere Mutmaßungen anstellten, sie als die neuen Dragonforce zu bezeichnen. Derartige Parallelen zu ziehen, wollen wir aber dann doch dem jeweiligen Hörer selber überlassen. Unbestritten ist ihr zweifelsohne vorhandenes Händchen, klassischen britischen Metal mit dem Hair-Metal der US-Amerikaner und modernem Melodic Power Metal in einem Topf zu mixen und ein wohlklingendes Produkt zu kreieren. Händchen? Ach, was sage ich, eine ausgewachsene Pranke ist das.
In Kürze kommt nun ihr zweites Scheibchen auf den Markt - "Legacy" genannt - und man mag sich fragen, ob der Name denn Programm ist. Treten sie das Erbe der Bands Achtziger an und versuchen, dem AOR auch im nicht mehr so ganz frischen neuen Jahrtausend eine Daseinsberechtigung zu verschaffen? Let's have a listen:
Als erstes fällt einmal auf, dass uns das Intro zum Opener und Titelsong "Legacy" stilistisch ein wenig aufs Glatteis führt und mit choralem Gesang fast etwas poppig (achtziger Jahre stimmt aber) klingt. Schnell gesellen sich dann aber sechs Saiten und die Rhythmusfraktion dazu und bereiten dem Spiel ein Ende. Kleine Double Bass-Einlagen und harte Läufe sowie zeitweiliges 'modernes Gangshouting' lassen wenig Platz für Zweifel am Erscheinungsjahr der Scheibe. Trotzdem durchzieht das musikalische Anliegen der Band die vorliegende Scheibe wie ein roter Faden. Reminiszenzen an längst vergangene Zeiten drücken sich überdeutlich aus den Speakern. Da haben wir chorale Refrains wie z. B. bei "Limit", viel Platz für wunderbare Double Leads durch die Bank weg und hymnenhafte Hooklines wie bei dem großartigen "America".
"The Witch Is On My Back" kommt dann mit kernigem Riff als Kontrastprogramm wiederum zuerst wie harter Metal daher, bevor Ryders Stimme einsetzt und uns erneut um viele Jahre zurückversetzt. Dazwischen dann wieder kleine Einschübe aus dem Fundus des Power Metal - toll kombinierte Stile. Ähnliches passiert unmittelbar darauf bei "Over The Wire" und im Grunde genommen darf man nicht hergehen und nun einzelne Songs als besonders gut, besonders clever oder besonders mutig kombiniert hervorheben. Die Scheibe ist von vorne bis hinten mit Anspieltipps gespickt, kleine Abstriche, deren Begründung allerdings eher im subjektiv geprägten Hörverhalten liegen, möchte ich bewusst außen vor lassen. So fällt mit "Seasons" als langsame Ballade doch ein Track etwas aus dem Rahmen der schnellen Songs.
Wir haben hier trotzdem dreizehn Songs, die bei einer Gesamt-Spielzeit von etwas über einer Stunde alle deutlich über vier Minuten pro Track liegen, und das gibt schon richtig was für's Geld. Da erhebt sich dann sogar auch noch der fast epische Zehn-Minüter "Streams of Stars" aus dem Reigen des restlichen Dutzends. Hier darf jeder mal und leider gibt die etwas dürftige Promo-CD nicht viel an Information darüber preis, wer sich denn hier noch an den zusätzlichen Instrumenten verewigen durfte. Schade, aber es gefällt auch so sehr. In diesem Zusammenhang wäre es dem Käufer der regulären CD nur zu wünschen, ein ordentliches Booklet mit ausführlichen Texten zu bekommen, denn die Jungs haben mit den üblichen Klischees des Textens nicht viel an der Uhr. Keine Liebe und keine Lebensweisheiten, kein erhobener Zeigefinger und nichts von Saufen, Frauen und Moppeds. The Morning After lieben die totale Fiktion, am besten als Horror-Lyrik - alles andere ist schon tausendfach besungen.
Kaufen!
Line-up:
Sam Ryder (vocals, guitar)
Phil Maher (guitar, vocals)
Gary Stone (bass, vocals)
Jake Booth (drums)
Tracklist
01:Legacy
02:Into The Fire
03:Limit
04:America
05:The Witch Is On My Back
06:Over The Wire
07:Streams Of Stars
08:These Hills Have Eyes
09:Power Drive
10:Rest In Pieces
11:Nightmare Planet
12:Seasons
13:I Walk With Giants
Externe Links: